Johannes vom Kreuz

Aus FJM-Ritter
Version vom 28. Oktober 2011, 21:12 Uhr von Hannelore1981 (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Der heilige Johannes vom Kreuz, erster unbeschuhter Karmelit. Jahr 1591

Johannes vom Kreuz.jpg

Das Leben des Hl. Johannes vom Kreuz

In zwei Briefen erteilt die heilige Theresia, diese einsichtsvolle Kennerin menschlicher Herzen, dem heiligen Johannes vom Kreuz das schönste Lob. Unter anderem sagt sie von ihm: „Er ist zwar klein von Person, aber groß vor den Augen Gottes. Es gibt keinen aus den Brüdern, der nichts Gutes von ihm redet, weil er ein sehr strenges, bußfertiges Leben geführt hat. Nie habe ich eine Unvollkommenheit an ihm bemerkt.“ Dieses Lob des heiligen Johannes vom Kreuz wirst du bestätigt finden, wenn du sein heiliges Leben betrachtest.

Fontibere, ein Städtchen Spaniens, nicht weit von Avila, war der Ort, wo Johannes im Jahr 1542 das Licht der Welt erblickte. Sein Vater, ein armer Leinweber, starb, als Johannes noch sehr jung war. Seine Mutter zog nun nach Medina-del-Campo, um sich und ihre drei Waisen durch ihrer Hände Arbeit dort ehrlich zu nähren. Johannes, das jüngste Kind, ließ schon frühzeitig besondere Neigung zur Frömmigkeit blicken, und stand auch sichtbar unter des Himmels Schutz. Seine kindliche Andacht zur heiligen Gottesmutter Maria wurde wunderbar belohnt. Erstmals spielte er mit mehreren Knaben neben einer Wassergrube und fiel hinein. Die Knaben liefen davon, ihm aber erschien Maria, die heilige Jungfrau, und reichte ihm die Hand, um ihn herauszuziehen. Da er aber seine Hände von Kot beschmutzt sah, scheute er sich, der schönen Jungferau die Hand zu reichen. Nun sah er aber neben sich einen unbekannten Mann, wahrscheinlich seinen Schutzengel, der ihm eine Stange reichte, an der sich nun Johannes hielt und glücklich aus dem Wasser kam. Ein anderes Mal fiel er in einen Brunnen. Man glaubte, er sei sicher ertrunken, er aber saß ganz ruhig auf dem Wasser; die Mutter Gottes hatte ihm ihren Mantel untergebreitet, so dass er nicht untersank. Seine arme aber fromme Mutter schickte ihn fleißig in die Schule, wo er durch seinen Fleiß große Fortschritte machte. Durch sein kindlich frommes, sittsames Betragen machte er ihr große Freude. Schon im Alter von acht Jahren verübte er gegen seinen Leib allerlei strenge Bußen; oft fand ihn seine Mutter des Nachts statt im Bett auf dem Boden knien und beten. Da es ihr an Vermögen fehlte, musste sie ihn, so schwer es ihr auch fiel, aus der Schule nehmen und ein handwerk erlernen lassen. Allein Johannes zeigte sich hierin sehr ungeschickt, weil Gott ihn da nicht haben wollte. Mittlerweile lernte ihn ein Edelmann kennen, der aus christlicher Liebe die Aufsicht über ein Spital führte. Dieser gewann ihn lieb und verwendete ihn zum Dienst der Armen und Kranken. Da sich hier Johannes sehr geschickt und treu zeigte, und dabei ein gar gottseliges Leben führte, so ließ ihn der Edelmann bei den Vätern Jesuiten in Medina studieren, um ihn später als Kaplan im Spital anzustellen. Er studierte ungemein fleißig, und nicht minder diente er Gott dem Herrn mit dem größten Eifer, bis in sein 18. Lebensjahr, wo er dann in den Karmelitenorden trat und nicht ohne göttliche Fügung den Namen „Johannes vom Kreuz“ erhielt. Im Kloster verlegte er sich auf das Gebet als sein Hauptgeschäft. War er nicht in der Kirche, so lag er in einem Winkelchen seiner Zelle auf den Knien. Sein frommer Wandel machte solchen Eindruck auf seine Mitbrüder, dass schon sein bloßer Anblick und seine Gegenwart sie zur Andacht und Tugend bewegte. – Nachdem er seine Prüfungszeit vollendet und die feierlichen Ordensgelübde abgelegt hatte, wurde er in das Kloster Salamanca geschickt, um seine Studien fortzusetzen. Dort lebte er sehr streng gegen sich. Er bewahrte ein fast beständiges Stillschweigen. Sein Kämmerchen war sehr klein und so finster, dass er sich an der Decke eine Öffnung machen musste, um durch diese das nötige Licht zu erhalten, weswegen keiner der übrigen Brüder dieses Kämmerlein haben wollte; ihm aber war es recht nach seinem Sinne. Er liebte diese Zelle sehr und verließ sie nie ohne Not. Die seligsten Stunden brachte er da einsam im Gebet zu und lernte, erleuchtet vom höheren Licht, sich ganz von der Welt loszuschälen.

Im Jahr 1567 empfing Johannes die Priesterweihe. Als er sein erstes heiliges Messopfer mit glühender Andacht verrichtete, bat er Gott mit heißer Inbrunst, er wolle ihn durch seine Gnade so stärken und beschützen, dass er nie in eine schwere Sünde fallen möge. Nach der Wandlung vernahm er in seinem Inneren die Stimme: „Ich bewillige, was du begehrst.“ – Die Worte gingen auch an ihm in Erfüllung. – Schon seit längerer Zeit fühlte er sich angeregt, in einen strengeren Orden zu treten; schon war er daran, Kartäuser zu werden, als er mit der heiligen Theresia bekannt wurde, die ihm den Rat gab, im Karmelitenorden zu bleiben und in diesem Orden die alte strenge Regel wieder herzustellen. – Die heilige Theresia war nämlich von Gott ausersehen, die alte Zucht in den weiblichen Klöstern des Karmeliterordens einzuführen und wollte dasselbe auch bei den Männerklöstern desselben Ordens in Ausführung bringen. Zu diesem Zweck führte ihr die göttliche Vorsehung den heiligen Johannes vom Kreuz zu und noch einen anderen frommen Ordensbruder, Antonius von Heredia mit Namen. Johannes beriet sich mit Gott und seinem Beichtvater und willigte in den Plan der heiligen Theresia ein. Ein Edelmann, Don Raphael von Avila, hatte von der Absicht der heiligen Theresia Kenntnis bekommen und bot ihr in einem armen Dörfchen, Durvelle mit Namen, ein ebenso ärmliches Bauernhaus aus, um daselbst das erste Männerkloster nach der strengen Regel zu errichten. Das Haus war fast dem Einsturz nahe; dennoch zog Johannes im Vertrauen auf Gottes Güte und Hilfe dahin. Die heilige Theresia gab ihm ein Kleid von grobem Tuch, das sie selbst verfertigt hatte, und einige Briefe an gute Freunde mit. – Das erste, was Johannes mit dem Bruder Antonius im neuen Kloster tat, war, dass er in demselben eine kleine Kirche einrichtete. Der Getreideboden war der Chor; wollte man hineingehen oder Messe hören, so musste man sich bücken. In zwei Winkeln desselben hatten sie zwei kleine Zellen, wo man nicht stehen konnte, sondern nur liegen oder sitzen musste. Die ganze Einrichtung bestand aus zwei Steinen als Kopfpolster, einem Kruzifixbild und einem Totenkopf. Von den kleinen Fenstern sah man auf den Altar. Sie lebten von Almosen, das ihnen gutherzige Seelen aus der Umgegend reichten. – Von diesem armen Kloster aus, das die heilige Theresia mit dem Stall von Bethlehem vergleicht, gingen Johannes und Antonius mit bloßen Füßen, auch im Winter, in die nahe gelegenen Dörfer und Weiler und predigten den guten leuten das Wort Gottes. Besonders waren es die Predigten des Dieners Gottes Johannes, welche auf das Volk den tiefsten Eindruck machten. Gewöhnlich nahm er auf dem Weg ein Stück trockenes Brot mit, das er mit Bruder Antonius, wenn sie ihr geistliches Tagwerk vollbracht hatten, an irgendeiner Quelle verzehrte. Die Kraft seiner Predigten, sein heiliger Wandel machten seinen Namen bald weit und breit berühmt. – Er aber floh jegliche Ehre, die man ihm erwies, und um sich recht tief zu erniedrigen, nahm er auf seinen Reisen seinen leiblichen Bruder Franz mit sich, der zar fromm, aber blutarm war, und wo er hinkam, sagte er zu jedermann: „Dies ist mein leiblicher Bruder“; nur damit ihn die Leute wegen seiner geringen Herkunft weniger achten möchen.

Sieben Monate waren seit der Stiftung des ersten Klösterleins zu Durvelle verflossen und schon hatte Johannes die Freude, ein zweites, von der strengen Regel, durch die heilige Theresia in Pastrane, gestiftet zu sehen. Er wurde dahin gesandt, um die Leitung der Brüder dort zu übernehmen und ging allen mit solch schönem Beispiel voran, dass die lieblichsten Tugenden unter ihnen erblühten. – Eine besondere Weisheit bewies er in Prüfung und Leitung der Seelen und unaufhörlich bekämpfte er die verderbliche Eigenliebe in sich und in anderen. Einem gelehrten Mann, der bei seinem Eintritt in das Kloster tadelte, dass so wenig Bücher vorhanden seien, ließ er alle seine mitgebrachten Bücher wegnehmen und gab ihm bloß den kleinen Kinderkatechismus mit dem Bedeuten, daraus solle er die christliche Lehre lernen; denn, sagte er, alle Gelehrsamkeit nütze nichts, die himlische Weisheit zu erreichen, wenn er nicht zuvor ein schuldloses unmündiges Kind werde; nur durch einen solchen Weg könne man in das Himmelreich eingehen. Bereits hatte Johannes mehrere Klöster zur alten Zucht und Strenge nach dem Geist der heiligen Theresia zurückgeführt. Zu Avila half er der heiligen Ordensstifterin treulich mit, das dortige große Kloster in einen besseren Zustand zu bringen. – Er fand mächtigen Widerstand, brachte aber dennoch mit Gottes Hilfe das gute Werk zustande. Seine feurigen Worte drangen in die Herzen und sein gutes Beispiel riss alle hin. Gott hatte ihm hohe Gnaden mitgeteilt, die er nicht verbergen konnte, und seinen Worten den größten Nachdruck gaben. Häufig wurde er im Geist entzückt; man konnte manchmal mit ihm nicht von Gott reden, ohne dass er außer sich kam. Sein Blick durchdrang die Herzen; er wusste oft besser, was in einer Seele, die sich ihm anvertraut hatte, vorging, als sie selbst. Selbst den Seelenzustand abwesender Personen kannte er. Eine Klosterschwester wurde von mancherlei Zweifeln geplagt. Sie glaubte, nur Johannes könne ihr helfe und wollte deshalb an ihn schreiben; aber kaum war sie im Begriff, dies zu tun als sie einen Brief von der Hand des heiligen Dieners Gottes erhielt, in welchem auf alle ihre Zweifel die besten Ratschläge standen. Die mancherlei Tröstungen, mit denen Gottes Güte ihn überhäufte, waren oft so groß, dass seine schwache Natur sie nicht zu ertragen vermochte. Oft bat er Gott, er möge ihm entweder sein Herz erweitern und seine Kräfte vermehren oder ihn sterben lassen. Aber diese hohen Gnadengaben und Tröstungen waren von Seite Gottes nichts anderes als Vorboten der großen Leiden, welche ihn treffen sollten, auf dass sein Name „Johannes vom Kreuz“ eine Wahrheit würde. Er und die heilige Theresia hatten bisher kein Kloster nach der ersten Regel gestiftet oder verbessert ohne Bewilligung der rechtmäßigen Oberen. Dessenungeachtet brach eine heftige Verfolgung von Seite jener aus, denen die alte Zucht nicht behagte. Theresia wurde in ein Kloster gesperrt und ihr das weitere Klosterstiften verboten. Johannes wurde mitten in der Nacht aus seiner Zelle gerissen und unter starker Bedeckung wie ein Verbrecher nach Toledo geführt und dort in ein enges, finsteres und stinkendes Gefängnis geworfen, in welches nur durch eine kleine Ritze etwas Licht fiel. Wasser und Brot, oder was übrig geblieben war, erhielt er zur Nahrung und zwar so wenig, dass er meinte, man wolle ihn langsam verhungern lassen. Dabei wurde er oft mit Geißelstreichen unbarmherzig geschlagen. Da sein Gefängnis unter dem Dache war, so musste er im Sommer fast vor Hitze verschmachten. Das Schrecklichste aber, was er zu leiden hatte, war, dass Gott ihm allen Trost und alles Licht nahm, und furchtbare Versuchungen, Traurigkeit und Zweifel ihn Tag und Nacht quälten. – Neun Monate war er bereits im Gefängnis; keiner seiner Freunde wusste, wo er wäre und ob er noch lebe; da fühlte er in sich den Drang zu entfliehen. Die heiligste Jungfrau Maria erschien ihm und sprach: „Habe Geduld, mein Sohn, denn deine Mühseligkeiten werden bald ein Ende nehmen.“ Bei finsterer Nacht setzte er wirklich die Flucht ins Werk. Er knüpfte ein paar Decken und ein altes Hemd zusammen, und ließ sich so aus dem Fenster in die Tiefe hinunter. Glücklich kam er hinab. Ein hellglänzendes, von einem Wölkchen umgebenes Licht erschien ihm und einer Stimme folgend, welche rief: „Folge mir!“ gelangte er unverletzt auf die Straße. In frühester Morgenzeit gelangte er in das Kloster der Barfüßernonnen, die ihn kaum mehr erkannten, weil er wegen der großen Leiden wie ein aus dem Grab Erstandener aussah. Nach einiger Zeit gelangte er wohlbehalten zu seinen Ordensbrüdern im Kloster von Amodavar, die ihn jubelnd aufnahmen. Merkwürdig ist, dass er nachher wie mit Bitterkeit von denen redete, die ihm so großes Unrecht und Übel zufügten. – Eben in seinem Gefängnis hatte er durch die Gnade Gottes jene große Liebe zum Leiden erlangt, die er sein ganzes Leben lang im Herzen trug. Als er einst im nächtlichen Gebet die Stimme hörte: „Johannes! Welche Vergeltung verlangst du für alle deine Arbeit, welche du für mich übernommen hast?“ Drei Mal ertönte die Stimme, ehe Johannes Antwort gab; endlich da er sich überzeugte, die Stimme komme von Gott, gab er zur Antwort: „Herr, ich verlange keine andere Vergeltung als nur wegen Deiner zu leiden und verachtet zu werden.“ Du wirst sehen, wie der Herr sein Verlangen erfüllte. Zuvor will ich dir aber zu deiner Belehrung und Erbauung von seinen schönen Tugenden erzählen.

Unerschütterlich und kindlich war sein Glaube und sein Vertrauen auf Gott. Nach seiner Befreiung aus dem Gefängnis wurde er zum Vorsteher eines ganz einsamen Klosters, „die Wüste von Kalvaria“ genannt, erwählt. Da fehlte es nun öfters am nötigen Unterhalt. Einst kam er mit den Brüdern zum Mittagessen; es war aber nichts zu essen da. Johannes fragte, ob nicht noch ein Stücklein Brot vorhanden wäre? Man brachte ein solches. Johannes segnete es und hielt dann eine so kräftige Trostrede von der Kostbarkeit der Leiden und der Armut in der genauen Nachfolge Jesu, der unseretwegen arm geworden war, dass die Brüder, sämmtlich gesättigt, in ihre Zellen zurückkehrten. Eine kurze Zeit danach wurde stark an der Türe geläutet und ein Brief an den Vorsteher übergeben. Der Pförtner überlieferte denselben und fand Johannes eben kniend im Gebet. Als dieser den Brief las, fing er bitterlich zu weinen an. Der Pförtner fragte mit Verwunderung, warum er weine? Er sage doch gewöhnlich selbst, man solle über nichts als über die Beleidigung Gottes weinen! Johannes antwortete: „Ich weine, mein Bruder, weil uns der Herr für so schwach hält, dass wir den Mangel nicht ertragen können; er traut uns dies nicht einen ganzen Tag zu, da er uns schon zu Essen schickt!“ Im Brief stand nämlich, es werde ihnen frisch gebrackenes Brot und etwas Mehl zugesandt. Denselben Abend kam noch aus der Stadt Ubeda ungesucht ein größerer Vorrat. – Ein Augenzeuge erzählt, dass die Brüder nichts zu essen fanden. Johannes aber war wohlgemut und sprach zu ihnen: „Ein jeder kann nun wieder in seine Zelle gehen, denn wir haben nichts zu essen. Es ist ein Beweis, dass wir heute nicht so, wie wir sollten, gewesen sind, weil uns der Herr kein Mittagessen gesandt hat.“ Die Brüder gingen; es währte aber nicht lange, so kamen Leute, die ihnen genug beischafften. Öfters mahnte der Diener Gottes die Brüder, sie sollten der Armut fröhlich ins Gesicht sehen und mit Freude Mangel haben und den Mangel erdulden, das heißt arm sein. Auch pflegte er zu sagen: „Im Winkelchen der Zelle müsse man durch Gebet und Vertrauen Almosen aus der Hand Gottes und aus dem Schoß der Gläubigen nehmen.“ Und von der Hoffnung sagte er: „O himmlische Hoffnung, die du so viel erlangst, als du hoffst!“ Von seiner tiefen Demut nur einige Beispiele: Ein Gelehrter, der sich auf seinen Adel und seine Wissenschaft viel einbildete und die große Bescheidenheit des Heiligen nicht begreifen konnte, sagte in einer Gesellschaft zu ihm, es scheine ihm, er sei ein Bauerssohn, weil er die Einsamkeit so liebe! – Mit liebenswürdiger Freundlichkeit erwiderte Johannes: „Um Vergebung“ Mein Vater war ein Leinenweber!“ Einmal malte ein Künstler, als er gerade in einer Entzückung war, sein Porträt. Als er davon erfuhr, nahm er dies so übel auf, dass man lange zu tun hatte, um ihn zu beruhigen. Einst reiste er an einen Ort, um einen Besessenen zu befreien. Auf dem Weg sagte sein Begleiter zu ihm, dass der Teufel durch den Besessenen gesprochen habe: Ich kann den kleinen Bruder, der mich schon seit vielen Jahren hier und anderswo verfolgt, nicht überwinden. Johannes sagte sogleich mit hohem Ernst: „Schweigt! Ihr dürft dem Vater der Lüge nicht glauben!“ Seine Liebe zur Armut zeigte er bei jeder Gelegenheit. Immer hatte er die schlechteste und kleinste Zelle. Die heilige Schrift und sein Brevier waren sein ganzer Hausrat. Mit ein wenig Brot und Wasser war er zufrieden. Er pflegte öfters zu sagen: „Nachdem ich mich auf das Nichts gesetzt habe, fehlt mir nichts; nachdem ich alles verlassen habe, habe ich an allem Überfluss.“ Seine Keuschheit war so ganz mit seinem Wesen verbunden, dass schon seine bloße Gegenwart, sein Anblick, ja das Andenken an ihn Liebe zur Reinheit erweckte; nichts destoweniger war er im Umgang mit Personen des anderen Geschlechts sehr vorsichtig. Man hatte einst zwei boshafte Weibspersonen gedungen, um ihn auf die Probe zu stellen. Er aber trug einen vollständigen Sieg davon. Indessen pflegte er doch zu sagen: „Ich will lieber in der Gesellschaft vieler Teufel als eines unzüchtigen Weibes sein!“ Seine Liebe zu Gott und den Nächsten betätigte er durch unermüdliche Arbeit am Heil der Seelen. Er ließ sich zwar nicht viel außer dem Kloster sehen, aber durch sein Gebet, durch seine Bußwerke und durch die feurigen Worte, die er an jene richtete, mit denen er in Berührung kam, rettete er eine große Anzahl unsterblicher Seelen. Einst wollte er auf einer Reise mit seinem Begleiter in einer Herberge einkehren. Vor der Tür stand eine schöne, aber leichtsinnige Frau, welche die beiden Reisenden sogleich mit ungeziemenden Worten anredete. Der Diener Gottes Johannes, von Schmerz hierüber ergriffen, redete der Dirne mit so nachdrücklichem Ernst zu, dass sie ganz bestürzt wurde, kein Wort mehr sagen konnte und in Ohnmacht fiel. Nachdem sie wieder zu sich gekommen war, begehrte sie einen Beichtvater und zeigte das innigste Verlangen, ihr Leben zu ändern. Der Heilige gab ihr die nötige Anweisung; sie bekehrte sich vollständig und führte nachher einen erbaulichen Lebenswandel. Besonders trug der heilige sehr viel zur Heiligung der Seelen bei durch seine Schriften, die er auf Bitten frommer Seelen verfasste und aus denen eine wunderbare himmlische Weisheit hervorleuchtet. Sie zeigen, wie gründlich Johannes im inneren, verborgenen Leben bewandert war, wie tief er in die Geheimnisse des geistlichen Lebens eingedrungen war. Der Geist des Herrn, der in ihm waltete, redet aus jeder Zeile, und man fühlt es, dass Johannes selbst durchlebt hat, was er niederschrieb. Sein ganzes Streben ging dahin, sich selbst und seine Mitmenschen zu heiligen. Dahin zielten all seine Worte, seine Schriften, seine Arbeiten. Bereits hatte er mit Hilfe der heiligen Theresia eine Menge Klöster gestiftet, in welchen die alte Zucht wieder aufblühte und eine große Zahl von Seelen, welche Gott in Wahrheit dienen wollten, eine sichere Freistätte fanden. Nachdem aber die neugestifteten Klöster sich immer mehr vermehrten, wollten die heilsamen Verordnungen, die der Diener Gottes gemacht hat, nicht mehr zusagen. Manche der Ordensbrüder waren mit der strengen Einsamkeit nicht zufrieden, sie wollten mit den Menschen unter dem Vorwand der Erbauung mehr Umgang pflegen. Mit ganzer Kraft seiner Seele widersetzte sich der heilige Diener Gottes diesem gefährlichen Vorhaben. Dafür erntete er aber Missfallen und Verfolgung von Seiten vieler Mitbrüder. Sie wählten ihn nicht mehr zum Ordensvorsteher und entzogen ihm so ihre bisherige Achtung. Johannes freute sich über diese Zurücksetzung und zog sich in das sehr einsame Kloster Penuela, genannt „zum kleinen Felsen“ zurück, wo er mit Liebe aufgenommen wurde und unbekümmert um die Welt sein bisheriges in Christo verborgenes Leben fortsetzte. Sehr oft verbarg er sich zwischen den dort herumliegenden Felsen. Dort fand ihn eines Tages ein Bruder und sagte zu ihm: „Wohnen Sie denn immer zwischen den Felsen?“ Johannes entgegnete: „Wundere dich nicht darüber, denn ich habe weniger zu beichten, wenn ich mit den Felsen als wenn ich mit den Menschen umgehe!“ – Zwei seiner Gegner, die sich größtenteils die Obergewalt im Orden errungen hatten, taten ihm alles ersinnliche Böse an, und schickten ihm endlich, um seiner los zu werden, den Befehl zu, nach Amerika zu ziehen. – Johannes, obwohl kränklich, wollte gehorchen und bereitete sich zur Abreise; aber ein heftiges Fieber warf ihn aufs Krankenlager. Da er im Kloster zu Penuela keine rechte Pflege haben konnte, so überließ man ihm die Wahl zwischen dem Kloster zu Baeza oder Ubeda. Im ersten hätte er alle Bequemlichkeit gehabt, auch war einer seiner besten Freunde dort Vorsteher, in Ubeda aber war wenig Pflege zu erwarten und der dortige Vorsteher war ihm abgeneigt. Aus Liebe zum Kreuz wählte der Diener Gottes das letztere. Man brachte ihn mit viel Beschwerlichkeit dorthin. Der Vorsteher nahm ihn mit merklichem Unwillen auf. Seine krankheit wurde überaus schmerzlich; am Fuß hatte er fünf Wunden, auch seine Waden und Hüfte waren voll Geschwüre. Tag und Nacht litt er Qual. Zuletzt wurde er wie der fromme Dulder Hiob am ganzen Leib mit Geschwüren bedeckt; aber auch wie dieser ertrug er alle Qualen mit stiller Ergebung, ohne Klage. In seinem heftigsten Leiden pflegte er zu sagen: „Dies ist meine Ruhe in Ewigkeit.“ – Unaufhörlich dankte und lobte er Gott, weil er ihm Gelegenheit gab, für ihn aus Liebe zu leiden. Alle Brüder des Klosters, selbst der Arzt, wurden durch ihn mächtig erbaut. Nur der böse Vorsteher nicht; dieser tat dem armen, kranken Mann jegliches Leid an, um ihn zu kränken. Sie leiteten eine Art Untersuchung gegen ihn ein und suchten ihm seine Ehre zu rauben. Es gelang ihnen aber nicht, und der Anstifter wurde von Gott mit jähem Tod bestraft. Der heilige verteidigte sich nicht und beklagte sich nicht; er überließ sich und seine Sache ganz der Hand Gottes. Seine tiefe Demut bewahrte er bis zum letzten Atemzug. Als sein früherer Gefährte, der fromme Pater Anton, welcher ihm tröstend und helfend zur Seite stand, einmal zu ihm sagte, er möge sich jetzt freuen, denn er würde nun bald die Belohnung für seine Mühen und Arbeiten erlangen, antwortete der Heilige: „Hochwürden! Reden Sie doch mit mir von nichts anderem als von meinen Sünden; denn jetzt sehe ich, dass ich zur Genugtuung dafür nichts habe als nur die Verdienste Christi.“ Er bat alle Brüder demütig um Vergebung, dass er ihnen kein besseres Beispiel gegeben und ließ auch den Vorsteher zu sich bitten. Da derselbe kam, flehte er ihn herzlich an, er möge ihm doch verzeihen wegen des Ungemachs, das er ihm gemacht habe, und bat ihn um ein Totenkleid zum Almosen. Diese so rührende, demütige Bitte des Sterbenden brach endlich das harte Herz des Vorstehers so, dass er bitterlich weinend die Krankenzelle verließ. Als der Arzt dem Heiligen ankündete, dass er bald sterben werde, rief er freudig mit den Worten des Psalmisten (121,1): „Ich habe mich gefreut, als man mir sagte: Wir werden gehen in das Haus des Herrn.“ Nachts um 12 Uhr am 14. Dezember, als man gerade zur Mette läutete, öffnete er die Augen und fragte, was dies bedeute? Als man ihm sagte, es sei das Zeichen zur Mette, sprach er: Gott sei die Ehre! Dann schaute er noch alle Anwesenden freundlich an und mit den Worten: In deine Hände empfehle ich meinen Geist, entschlief er sanft im Herrn im Jahr 1591.

Papst Klemens X. erlaubte schon im Jahr 1675 ihn als Seligen zu verehren, und Papst Benedikt XIII. erklärte ihn feierlich als einen Heiligen und bestimmte zur Feier seines Festes den 24. November. – Er wird abgebildet im Ordenshabit der Karmeliter, vor einem Kruzifix betend.

Worte des heiligen Johannes vom Kreuz

  • Wo eine Tugend ist, da sind auch die übrigen; wo aber eine fehlt, da fehlen alle übrigen.
  • Reden zerstreut den Geist, Schweigen aber sammelt und kräftigt ihn.
  • Die Liebe zu Gott ist das Heil der Seele. Je größer sie ist, desto gesünder ist die Seele; und je geringer, desto schwächer und kränker ist sie.
  • Warum säumst du Gott zu lieben, da du diesen Augenblick nicht lieben kannst?
  • Eine Seele ohne Liebe ist hart und ihre Eigenliebe macht sie immer härter.
  • Wollen wir Gott in allen Dingen haben, so müssen wir in allen Dingen nichts haben wollen.
  • Argwöhne nicht gegen deinen Bruder, sonst verlierst du die Reinheit des Herzens.
  • Das Kreuz Christi und das Gebet, welche beide die Demut und Abtötung in sich fassen, sind die Waffen, mit denen der Diener Gottes die Welt, den Satan und das Fleisch überwindet.
  • Wie vieler Festtage freut sich der Satan, weil er da als Krämer seinen Jahrmarkt hält.

(Quelle: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes. Regensburg 1884)