Katharina von Siena

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Die heilige Katharina von Siena, Jahr 1380

Fest

Nach neuem Kalender: 29. April

Nach altem Kalender: 30. April

Vorwort

Was einst der heilige Apostel Paulus geschrieben, daß nämlich Gott das auserwähle, was thöricht und was schwach, was unangesehen, mißachtet und nichtig ist vor der Welt, um die Weisen und Mächtigen der Erde zu beschämen [1. Kor. 1,26], das hat sich im Verlaufe der Zeit immer bestätigt. Gerade in der Zeit, wo der stolze Eigendünkel der Gelehrten, der Hochmut und die Herrschsucht der Mächtigen die Welt in Verwirrung setzte, wo selbst die höchsten Kirchenfürsten um die päpstliche Krone stritten und die Einheit der Kirche zerrissen, erwählte Gott eine schwache, einfältige Jungfrau, um die Weisheit der Welt zu Schanden zu machen und seine Macht und Weisheit zu zeigen. Auf die Zunge dieser Jungfrau legte er Worte, welche alle Weisheit der Welt übertrafen und ihrer Seele verlieh er eine Kraft, die alle Welt in Erstaunen setzte.

Das Leben der hl. Katharina von Siena

Diese Jungfrau ist Katharina, die Tochter eines ehrbaren Färbers von Siena in Italien, mit Namen Jakov von Beninkasa, ihre Mutter hieß Lapa. Unter fünf und zwanzig Kindern brachte im Jahre 1347 die fromme Lapa zwei Mädchen zur Welt, von denen das Eine in der Taufe den Namen Katharina, das Andere den Namen Johanna erhielt. Johanna starb und die Mutter konnte nun alle Sorge auf Katharina wenden, welche sehr schwächlich aber ein gar liebliches Kind war. Selbst die Nachbarn hatten Katharina ungemein lieb, und kaum konnte sie gehen, so wollte Jedermann sie um sich haben, weil sie gar so freundlich, sanft und heiter war. Je größer Katharina wurde, desto heller zeigten sich an ihr die Gaben des heiligen Geistes, der in ihrem reinen Herzen wohnte. Ihre Reden waren klug und lieblich und ihr Wandel war der eines Engels. Als sie fünf Jahre alt geworden, hatte sie schon eine zärtliche Andacht zur seligsten Jungfrau. So oft sie die Stiege in ihrem elterlichen Hause auf- und abstieg, grüßte sie auf jeder Stufe Maria mit dem Ave und die Engel des Himmels kamen und trugen sie oft von der obersten Stufe bis zur untersten, ohne dass ihre Füße die Erde berührten.

Bald sollte sie in die innigste Verbindung mit Jesus gelangen. Eines Tages ging sie auf Befehl ihrer Mutter mit ihrem kleinen Bruder Stephan zu ihrer Schwester Bonaventura, welche an einen gewissen Nikolaus verheirathet war, um dort eine Botschaft auszurichten. Auf dem Rückwege sah sie plötzlich ober der Kirche des heiligen Dominikus in den Lüften einen prächtig geschmückten Thron, auf welchem der Heiland, mit den Kleidern eines Bischofs angetan, saß, an seiner Seite die drei heiligen Apostel Petrus, Paulus und Johannes. Jesus und die Apostel schauten Katharina gar freundlich an und Jesus gab ihr seinen Segen nach Art der Bischöfe mit einem lieblichen Lächeln. Katharina blieb von Staunen ergriffen mitten auf dem Wege stehen; sie sah und hörte nicht, was um sie vorging. Ihr kleiner Bruder, der schon eine Strecke vorausgegangen war, kehrte um, und rief ihr zu, sie aber antwortete nicht.

Da nahm er sie bei der Hand und sprach:

"Was tust du da? -- Warum kommst du nicht?"

Da kam Katharina zu sich, senkte die Augen und sagte:

"Wenn du so etwas Schönes sähest, wie ich sehe, würdest du mich nicht stören!"

Sie erhob ihre Augen wieder, aber Alles war verschwunden. Vor Trauer darüber weinend ging Katharina nach Hause.

Von dieser Zeit an legte Katharina alles Kindische ab. Immer betete sie und suchte die entlegensten Winkel des Hauses auf, wo sie kleine Mädchen um sich versammelte, und mit ihnen fromme Gespräche führte, die diese mit größter Freude anhörten. Der Geist der Welt treibt die Seinen zum Genusse von Freude und Luft an, der Geist Gottes aber zur Entsagung und Abtödtung. Katharina gehörte nicht der Welt, sondern Gott an, darum suchte sie sich selbst abzutödten und auch ihre Freundinen hiezu anzutreiben. Öfters geißelten sie sich mit kleinen Stricken, während sie eine gewisse Anzahl von Vater unser und Ave Maria beteten. Auch lehrte sie der heilige Geist, ohne in Büchern zu lesen, das umständliche Leben der heiligen Väter und besonders des heiligen Dominikus kennen. Dadurch erwachte in ihr eine heftige Liebe zur Einsamkeit. An einem schönen Morgen nahm sie ein Brot zu sich und verließ heimlich die Stadt. Sie ging so lange fort, bis sie die Türme der Stadt nicht mehr sah und begab sich abseits vom Wege in eine Felsenhöhle. Sogleich fiel sie auf die Kniee und betete mit größter Inbrunst. Doch während des Gebetes wurde ihr die Belehrung, daß ein solches Leben nicht der Wille Gottes sei. Gehorsam der Stimme Gottes, kehrte Katharina sogleich nach Hause zurück; aber nun erwachte in ihr auch der Gedanke, wie sehr ihre gute Mutter um sie besorgt sein werde.

Voll Vertrauen legte sie ihren Kummer in die Hand Gottes, und siehe da, plötzlich fand sie sich auf wunderbare Weise vor dem Tore von Siena. Sie kam nach Hause, ohne daß ihre Eltern wußten, wo sie gewesen, und Niemand erfuhr von diesem Wunder etwas, bis Katharina es ihrer Schwester und dem gottseligen Raimund, ihrem Beichtvater, entdeckte.

Im Hause der Eltern führte sie indessen ihr einsames, bußfertiges Leben fort. Sie aß nun kein Fleisch mehr, um ihren Leib ganz dem Geiste zu unterwerfen, und ihr innigstes Verlangen war, sich ganz und gar dem göttlichen Heilande zu weihen. Aber nun hatte sie einen harten Kampf, sowohl mit ihren Eltern, als auch mit dem Satan zu bestehen. Ihre Eltern waren fromme, gottesfürchtige Bürgersleute, allein sie sahen doch die besonderen frommen Übungen ihrer Tochter nicht gerne. In ihrer Not wandte sie sich zu Maria, ihrer geliebten Mutter, und bat sie, auf den Knieen liegend, mit heißer Inbrunst, daß sie ihr Jesum zum Bräutigam ihrer Seele geben möge, mit dem feierlichen Versprechen, nie einen anderen Bräutigam zu nehmen und ihre Jungfräulichkeit unbefleckt zu bewahren.

Seitdem aber wurde der Widerstand im väterlichen Hause peinlicher. Die Mutter Lapa wollte durchaus ihre Tochter, die jetzt 12 Jahre alt war, durch eine gute Heirat versorgen, und damit dies leichter ginge, suchte sie ihr Liebe zu schönen Kleidern einzuflößen. Auch ihre Schwester stand der Mutter hierin bei. Katharina gab nach und verwendete mehr Sorge auf die Zierde ihres Leibes, im Grunde des Herzens aber bewahrte sie doch die Liebe zu ihrem göttlichen Bräutigam, der, eifersüchtig auf das Herz seiner Braut, nun in das Mittel trat. Die Schwester der Katharina, eine reine Seele, starb, mußte aber im Fegfeuer dafür leiden, weil sie zur Versuchung ihrer Schwester mitgewirkt hatte. Auf die Fürbitte derselben wurde sie daraus befreit, und Katharina erkannte nun ihren Fehltritt und bereute und büßte ihn ihr ganzes Leben lang. Jesus hatte diesen Fehltritt, der nicht gar groß war, zugelassen, um Katharina in der wahren Demut zu üben, damit sie fortan erkenne, wie schwach sie sei ohne den Beistand ihres göttlichen Bräutigams.

Schon hatte Katharina ihr Herz ganz wieder ihrem göttlichen Heilande zugewandt, als nun auch der Satan selbst gegen sie auftrat. Eines Tages, als sie vor einem Kruzifixe betete, legte er ein prächtiges Kleid vor sie hin, damit sie sich damit schmücke; allein Katharina verachtete den Versucher und seine Pracht und rief zu Gott:

"O mein allersüßester Herr, du weißt wohl, daß ich keinen andern Bräutigam als dich selbst gewählt habe, ich bitte dich daher, stehe mir in dieser Versuchung bei!"

Jetzt sah sie die Königin der Jungfrauen, Maria, vom Kruzifixe ein Kleid hervornehmen von außerordentlicher Schönheit, geschmückt mit kostbaren Steinen und sie damit bekleiden. Katharina demütigte sich tief vor Gott und erneuerte ihren Entschluß, nicht zu heiraten. Allein die Versuchung nahm kein Ende. Die Mutter hatte schon einen Mann für Katharina ausgesucht, dem sie die Hand reichen sollte; Katharina widerstand mutig, und da die Mutter nicht nachließ, schnitt sie sich ihre schönen Haare ab, welche in goldenen Locken auf ihre Schultern herabhingen und trug von nun an einen dichten Schleier auf dem Haupte. Als dies die Mutter wahrnahm, brach sie in die heftigsten Vorwürfe gegen ihre Tochter aus und die Eltern faßten nun den Entschluß, Katharina solle von nun an kein besonderes Zimmer mehr haben und die Dienste einer Küchenmagd im Hause verrichten, um sie vom Gebete abzuhalten.

Allein vergebens; Katharina machte nun ihr Herz zu einer Zelle, wo sie sich mit ihrem himmlischen Bräutigame unterhielt; unter ihrem Vater stellte sie sich Jesum, unter ihrer Mutter Maria, die seligste Jungfrau, vor, ihre Brüder betrachtete sie als die Apostel und Jünger des Herrn und suchte sie im Namen derselben zu bedienen. Weil sie kein besonderes Zimmer mehr hatte, wo sie einsam dem Gebete obliegen konnte, so zog sie sich heimlich in die Kammer ihres frommen Bruders Stephan zurück. Hier sah sie eines Tages der Vater in einem Winkel knieend und in Betrachtung versunken, eine weiße Taube auf dem Haupte. Jetzt sollte die Verfolgung ein Ende erreichen.

Katharina hatte eine große Neigung zu dem Orden des heiligen Dominikus, der um diese Zeit in schönster Blüte stand; sie wollte in diesen Orden treten, wußte aber nicht, wie sie es ausführen sollte. Da erschien ihr einstens im Schlafe der heilige Dominikus mit einer schneeweißen Lilie in der Hand und sprach zu ihr:

"Meine Tochter, sei guten Mutes, du wirst ganz gewiß mein Ordenskleid tragen."

Dadurch wunderbar gestärkt, erklärte sie nun ihrer ganzen Familie ihren festen Entschluß nicht zu heiraten, weil sie das Gelübde der Jungfräulichkeit abgelegt habe. Nun gab der Vater nach und erlaubte ihr nach ihrem Willen ihren gottseligen Übungen obzuliegen. Sie erhielt ein kleines Zimmer im Hause und in diesem lebte sie nun, wie eine heilige Büsserin.

Ihre Kleider waren von Schafwolle und ihr Bett war eine Art Tisch, woraus sie angekleidet ein wenig schlief; um ihren Leib hatte sie eine eiserne Kette gegürtet, die sie aber auf Befehl des Beichtvaters ablegen mußte, und täglich geißelte sie ihren schwachen Leib ein und eine halbe Stunde lang bis aufs Blut. Nur von göttlichen Dingen wollte sie hören und reden, und ihr einziges sehnsüchtiges Verlangen war, in den Orden der Schwestern von der Buße des heiligen Dominikus zu treten. Jedoch ihre Mutter wollte hiezu ihre Einwilligung nicht geben; endlich aber durch die beständigen Bitten ihrer Tochter besiegt, ging sie zu der Oberin des Ordens, und bat sie um das Ordenskleid für ihre Tochter.

Es lebten aber die Mitglieder dieses Ordens damals noch nicht in einem Kloster, sondern jede Schwester in ihrem Hause; sie trugen schwarze Mäntel, daher Mantellaten genannt und versammelten sich alle Sonntage in der Kirche der Dominikaner, um da das Wort Gottes zu vernehmen. Nur Wittwen und Frauen vom vorgerückten Alter wurden aufgenommen. Als daher die Mutter Lapa ihre Bitte vortrug, erhielt sie eine abschlägige Antwort, denn ihre Tochter Katharina war noch ein junges Mädchen. Lapa brachte mit Freuden diese Antwort, denn sie sah den Schritt ihrer Tochter nicht gerne; jedoch diese verzagte nicht, hatte ihr ja der heilige Vater Dominikus in einem Gesichte versprochen, daß sie ganz gewiss das Kleid seines Ordens tragen werde.

Sie drang in ihre Mutter, mit ihren Bitten nicht nachzulassen; da aber alles Bitten nichts half, wurde Katharina krank vor Kummer. In größter Angst lief Lapa wieder zur Oberin, klagte ihr ihr Herzenleid, und fand Erhörung, aber nur unter der Bedingnia, daß Katharina keine schöne Gestalt haben dürfe. Dies war nun bei Katharina der Fall, denn die strenge Buße und schwere Krankheit hatte ihr Gesicht ganz entstellt, und so fand sie denn endlich Aufnahme in den Orden. Sie war erst achtzehn Jahre alt, als sie das weiße Unterkleid des Ordens und den schwarzen Mantel empfing. Hatte sie schon früher ein strenges Bußleben geführt, so verdoppelte sich jetzt ihr Eifer. Um sich ganz von der Welt zu trennen, beschloß sie, das Stillschweigen zu beobachten, und drei Jahre redete sie kein Wort, außer in der Beichte. Sie ging nur aus ihrer Zelle, um in die Kirche zu gehen; ihre geringen Speisen genoß sie allein und immer mit Tränen, und während die Dominikanermönche in ihrem Kloster schliefen, wachte und betete sie; erst um 2 Uhr früh legte sie sich ein wenig auf den Tisch, um zu ruhen.

Ihr Beichtvater, der gottselige Raimund von Kapua, ein berühmter Dominikaner, führte mit ihr oft heilige Unterredungen, wollte ihr aber nicht eher Glauben schenken, bevor er sie nicht geprüft hatte, gemäß dem Befehle des Apostels: "Prüfet die Geister." Jesus aber übernahm selbst die Prüfung. Als einst Bruder Raimund sich mit ihr über ihre Offenbarungen, welche ihr Gott häufig machte, unterhielt, kam ihm ein starker Zweifel daran und er dachte sich: Ist auch Alles wahr, was sie sagt? Aber sogleich verwandelte sich das Angesicht der Jungfrau in das Angesicht des furchtbar erzürnten Erlösers. Raimund hob erschrocken die Hände empor und rief: "Wer ist denn der, welcher mich ansieht? Da antwortete Katharina: "Es ist der, welcher ist." Das Gesicht verschwand und Raimund war von nun vollkommen von dem guten Geiste überzeugt, welcher Katharina regierte.

Der böse Feind aber, ergrimmt über die hohe Tugend der gottseligen Jungfrau, ließ kein Mittel unversucht, um sie in seine Falle zu locken. Jesus, ihr göttlicher Bräutigam, ließ es zu, um ihre Treue zu prüfen. Furchtbar war der Kampf, welchen nun Katharina zu bestehen hatte. Tag und Nacht stellte er unreine Bilder vor die Augen ihres Geistes, und ihr Inneres wurde mit den scheuslichsten Gedanken erfüllt. Angst und Schrecken erfaßte die Jungfrau, sie griff zur Geißel und zum Gebete, ohne den Eingebungen des Satans eine Antwort zu geben; allein es half ihr nicht gleich, sie mußte die Versuchung bestehen. Da der Satan sie nicht zur Einwilligung bringen konnte, so suchte er in ihr den Zweifel zu erregen, ob sie auch in ihrem jetzigen Stande aushalten könne. Allein Katharina ließ sich nicht irre machen, sie betete fort, obschon es ihr schien, als habe sie Jesus ganz verlassen. Nirgends fand sie einen Trost; es war ihr, als läge sie in tiefster Finsternis. Als nun eines Tages Satan zu ihr sprach: "Elende, was wirst du anfangen? Dein ganzes Leben wirst du so zubringen; denn wir werden dich bis zu deinem Tode quälen, wenn du nicht einwilligst." Da antwortete Katharina mit aller Entschiedenheit:


"Ich habe dies verdient, und es ist mir nicht schwer, diese und andere Strafen für den Namen meines Heilandes zu tragen, so lange es seiner göttlichen Majestät gefällt."

Nun wich der Satan, die Demut der Jungfrau hatte ihn besiegt. Dafür aber erschien ihr Jesus am Kreuze in himmlischen Glanze und sprach zu ihr:

"Meine Tochter, siehst du, wie viel ich für dich gelitten habe? Soll es dich also schwer ankommen, für mich zu leiden?

Da vergoß Katharina einen Strom von Tränen und sprach:

"O süsser Jesus, wo warst du denn, als meine Seele von so vielen Abscheulichkeiten geplagt wurde?"

Der Herr antwortete:

"Mitten in deinem Herzen!"

"Wie," entgegnete Katharina, "du warst in meinem Herzen, das voll schmutziger, abscheulicher Gedanken war?" Jesus sprach: "Hast du an diesen Gedanken Freude gehabt? Katharina: "O nein, ich war davon in die größte Betrübnis versetzt." Jesus: "Wer aber hat dies bewirkt als ich? Wäre ich nicht zugegen gewesen, so würden jene Gedanken in dein Herz eingegangen sein und du hättest dich daran erfreuet. Ich habe dich verteidigt und meiner Anwesenheit hast du den Sieg zu verdanken!"

Jesus ging von nun an gar freundlich mit ihr um; er erschien ihr oft und verweilte lange bei ihr; manchmal hatte er auch seine glorreiche Mutter, manchmal den heiligen Johannes, die heilige Magdalena, den heiligen Dominikus bei sich. Er betete mit ihr die Psalmen und da Katharina nicht lesen konnte, so lehrte er sie die Psalmen in lateinischer Sprache lesen und verstehen. Sie betete nun mit aller Andacht die heiligen Tagzeiten, später aber mußte sie alles mündliche Gebet aufgeben, weil sie dabei sogleich in Verzückung geriet. Ihr Gebet war jetzt immer innerlich und ihr heißestes Flehen war, im Glauben mit ihrem Jesus auf das Innigste verbunden zu werden. Ihr Gebet wurde erhört. Jesus vermählte sich mit ihr, seiner reinen Braut, in Gegenwart seiner heiligen Mutter Maria und anderer Heiligen und steckte ihr einen Ring an den Finger, der mit vier Perlen besetzt war, in deren Mitte ein wunderschöner Edelstein glänzte.

Katharina war nun die Braut des Herrn, sie hatte das Zeugnis der Treue und war nun ausgerüstet zum Kampfe für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen. Bisher hatte sie ein verborgenes Leben in Christo geführt; wie ein stilles Lampenlicht brannte sie vor dem Angesichte des Herrn; von nun an sollte sie auch Andern leuchten, ja, sie sollte eine hellstrahlende Fackel in der Kirche Jesu werden; bisher hatte sie stille zu den Füssen Jesu gesessen und seinen Worten gelauscht, jetzt sollte sie in die Welt eintreten und zeigen, wie man das zweifache Gebot Gottes erfüllt:


"Du sollst Gott lieben über Alles und den Nächsten wie dich selbst."

Wir wollen nun, lieber Leser, den Fußstapfen der Heiligen folgen und ihren Wandel unter den Menschen betrachten.

Katharina lebte noch immer im Hause ihrer Eltern und bewohnte da eine einsame Zelle. Ihre fromme Mutter hatte ihr erlaubt, ungestört ihren frommen Übungen obzuliegen. Nun aber wollte sie auch das tätige Leben üben. Sie verrichtete zuerst die niedrigen Dienste einer Magd im Hause und in der Küche, und wenn die eigentliche Magd des Hauses krank war, so wartete sie dieselbe mit aller Liebe und verdoppelte ihren Eifer in der Arbeit. Dabei aber war sie immer mit Jesus vereiniget und gar oft geschah es, daß sie mitten in der Arbeit außer sich geriet. Als nun Katharina sah, wie sehr dies Leben ihrem Heilande gefalle, so nahm sie sich auch der Armen und Kranken an. Ihr guter Vater hatte ihr auf ihre Bitten erlaubt, von seinem Vermögen die Armen zu unterstützen. Voll Freude hierüber, trug sie nun den Armen Almosen zu und sie scheute dabei keine Mühe. Einst lag sie am ganzen Leibe geschwollen im Bette, da hörte sie, daß in der Nachbarschaft eine Wittwe sei, die mit ihren Kindern große Not leide. Da flehte sie inständig zu Jesus, er möge ihr nur so viel Kraft geben, um dieser Armen helfen zu können. Sogleich stand sie vor dem Morgenlicht auf, füllte einen Sack mit Weizen, eine große Flasche mit Wein und ein Gefäß mit Öl und brachte Alles in ihre Zelle. Wie sollte sie dies Alles aber in das Haus der Wittwe bringen; sie versuchte es, vertrauend auf den göttlichen Beistand, nahm sie den Sack auf den Rücken, beide Krüge in die Hände, und mit leichter Mühe, als wäre sie voll Kraft, trug sie Alles allein dem Hause der Witwe zu.

Bei dem Hause aber wurde plötzlich die Last so schwer, daß sie nicht mehr weiter konnte; sogleich rief sie wieder zu Jesus, und siehe, es gelingt ihr, die Last in das Haus zu schleppen und dort niederzulegen. Vom Geräusche aufgeweckt, erwachte die Wittwe, welche noch schlief. Katharina wollte davonlaufen, aber kraftlos sinkt sie zu Boden; sie suchte zu gehen, aber vergebens. Da wandte sie sich wieder zum Herrn um Hilfe und nun schlich sie sich allmälig fort und kam noch vor Tagesanbruch nach Hause, wo sie wieder krank auf ihr Bettlein hinsank.

Noch ein Beispiel der rührenden Barmherzigkeit der heiligen Katharina will ich dir erzählen, lieber Leser, woraus du sehen kannst, wie gar angenehm dem Heiland das Almosen ist.

Als sie einst in der Kirche war, kam ein armer Mensch zu ihr und bat sie flehentlich, ihm zu helfen. Weil sie gar nichts bei sich hatte, so sagte sie dem Armen freundlich, er möge nur so lange warten, bis sie nach Hause komme, dort wolle sie ihm ein reichliches Almosen geben. Der Arme aber sagte: "Gib mir gleich, denn ich kann nicht warten." Katharina, welchen den Armen nicht fortlassen wollte, dachte hin und her, was sie ihm denn geben sollte; da fiel ihr ein silbernes Kreuzlein in die Augen, das sie an ihrem Rosenkranze hangen hatte. Sie riß das Kreuzlein herab und gab es dem Armen. Dieser ging zufrieden fort. In der folgenden Nacht aber erschien ihr der Heiland, zeigte ihre das Kreuzlein, wunderbar von Edelsteinen strahlend, und sprach:

"Kennst du dieses Kreuz, meine Tochter? Du hast es mir gestern aus Liebe gegeben und ich verspreche dir, daß ich es dir am Tage des Gerichtes vor allen Engeln und Menschen in dieser Gestalt darreichen werde. Denn ich werde kein Werk der Barmherzigkeit verborgen halten an jenem Tage, wo ich meines Vaters Barmherzigkeit verherrlichen werde."

Nach diesen Worten verschwand der Herr und Katharina wurde durch dieses Gesicht nur noch mehr angefeuert, dem Nächsten Hilfe zu leisten.

Die Allerärmsten sind die Kranken, welche verlassen von jeder menschlichen Hilfe in bitterer Not schmachten. Katharina hatte das tiefste Mitleid mit derselben, ihnen widmete sie die zärtlichste Pflege. Im Spitale zu Siena lag ein krankes Weib, mit Namen Tessa, am Aussatz darnieder. Niemand wollte ihr wegen Gefahr der Ansteckung auswarten, ja man wollte sie sogar aus der Stadt schaffen. Kaum hatte Katharina davon gehört, so eilte sie sogleich herbei und diente der Kranken mit ausdauender Geduld und Liebe bis an ihr Ende. Das kranke Weib behandelte die sanfte Katharina mit dem größten Undank, aber diese ließ in ihrer Liebe nicht nach; ja, Katharina wurde an den Händen vom Aussatze selbst ergriffen, aber dennoch wich sie keinen Augenblick von der Elenden. Als das Weib gestorben war, wusch und kleidete Katharina sogar ihren schauerlichen Leichnam, legte ihn mit eigenen Händen in den Sarg und begrub ihn nach dem Seelengottesdienste. Sobald aber der Leichnam begraben war, waren die Hände der Heiligen wieder rein und erhielten sogar einen außerordentlichen Glanz.

Auf diese Weise, wie diese Aussätzige, pflegte Katharina mit übermenschlicher Geduld eine andere Kranke, deren Brust vom Krebse ganz zerfressen war. Mit dem größten Heldenmut überwand sie den Eckel, der sie befiel, wenn sie die gräßliche Wunde reinigte, aus welcher ein scheuslicher Gestank hervordrang. Was aber alle menschliche Geduld übersteigt, und der höchste Grad der Nächstenliebe ist, war der Umstand, daß die Kranke, welche von der Heiligen eine so zärtliche Pflege erhielt, sich erfrechte, ihre Wärterin auf das Schändlichste zu verleumden. Katharina duldete schweigend diese Bosheit und pflegte die Kranke mit immer gleicher Liebe; ja, sie ging hierin so weit, daß sie eines Tages, als ein gewaltiger Eckel sie beim Verbande der eiternden Wunde ergriff, sogar eine Schale voll stinkenden Eiters austrank, um ihren Abscheu zu überwinden. Aber dafür belohnte sie ihr göttlicher Bräutigam mit mehreren wunderbaren Gnaden. Er ließ sie in einer Erscheinung aus seiner heiligen Seitenwunde einen überaus süßen, himmlischen Trank trinken, der bewirkte, daß sie von nun an keine andere Speise mehr zu sich nahm, als blos die heilige Kommunion. So oft sie eine gewöhnliche Speise zu sich nahm, und war es auch nur ein kleiner Bissen Brod, so mußte sie sich erbrechen und wurde krank. Ferners erschien ihr eines Tages der Herr mit zwei Kronen in den Händen, die eine von Gold, die andere von Dornen und befahl ihr, eine davon zu wählen; sogleich langte sie mit den Worten:

"Herr, ich verlange in diesem Leben nur an deinen Leiden Teil zu nehmen, sie sollen meine Freude sein,"

nach der Dornenkrone und drückte sich dieselbe heftig auf das Haupt. Von nun an empfand sie im Kopfe immer stechende Schmerzen. Ein andersmal tauschte der Herr sein Herz mit den ihrigen und drückte ihr seine heiligen fünf Wundmahle ein, die aber auf ihre Bitte nicht sichtbar wurden. Solche Wunder der Gnaden feuerten die heilige Jungfrau zu immer größerer Liebe Gottes und des Nächsten an.

Wenn sie sich bisher mit herzlicher Liebe der Armen und Kranken annahm, so wurde diese Liebe noch größer, wenn es darauf ankam, jenen zu helfen, welche an der Seele krank, so oft tot sind, nämlich den Sündern.

Jesus hatte ihr einst die Schönheit einer bekehrten Seele sehen lassen; seit dieser Zeit kannte ihr Eifer, Sünder zu Gott zurückzuführen, keine Grenzen; unaufhörlich flehte sie zu Gott um ihre Bekehrung. Einst wurde ihr von ihrem Beichtvater die Seele eines gewissen Bürgers Andreas Naddini von Siena empfohlen, der ein Spieler und schrecklicher Gotteslästerer war. Er lag krank und war dem Tode nahe, wollte aber trotz aller Ermahnung und alles Bittens von Bekehrung nichts wissen. Da warf sich Katharina auf die Kniee und flehte im heißen Gebete zu ihrem Heilande um die Rettung dieser Seele. Von fünf Uhr Abends an bis zum Morgen lag sie gleichsam im Streite mit Jesus, dessen Gerechtigkeit bereits das Urtheil über den verstockten Lästerer gesprochen hatte. Endlich siegte Katharina´s Flehen. Jesus erbarmte sich des Elenden. Er erschien ihm selbst, ermahnte ihn zur Reue und Beicht und verhieß ihm Vergebung. Kaum war dies geschehen, als der Kranke, plötzlich erweicht, nach einem Priester schickte, seine Sünden reumütig beichtete, sein Testament machte und mit allen Zeichen wahrer Bekehrung sanft im Herrn entschlief.

Auf gleiche Weise bekehrte Katharina zwei berüchtigte Räuber, welche schon zum qualvollen Tode verurteilt und bereits zur Richtstätte ausgeführt, Jesus und seine Heiligen lästerten und jede Mahnung zur Bekehrung zurückwiesen. Katharina sah sie zum Tode ausführen und vom Mitleid bewegt, hörte sie nicht auf, an das göttliche Herz ihres Bräutigams zu klopfen, bis sie Gnade für diese Verbrecher gefunden. Unter dem Tore der Stadt erschien diesen Elenden der Heiland ganz mit Blut überronnen, lud sie zur Bekehrung ein und versprach ihnen Vergebung. Dieser Anblick erschütterte sie; sie hörten zu lästern auf, bekehrten sich aufrichtig und erlitten bußfertig den Tod, welchen sie verdient hatten.

Welche Macht das Gebet der Heiligen über die Herzen der Sünder hatte, davon gibt Zeugnis der Umstand, daß drei Priester Tag und Nacht Beicht sitzen mußten, um Sünder, welche nie gebeichtet oder bisher ungültig gebeichtet hatten, zu hören und mit Gott zu versöhnen. Durch solche Wunder der Gnade, welche Gott durch seine treue Dienerin wirkte, verbreitete sich ihr Ruf in alle Gegenden Italiens und anderer Länder, und nun sollte sie in der Hand Gottes ein Werkzeug der Erbarmung für Nationen und die ganze Kirche Gottes werden.

In der Zeit (1373), da Katharina so Großes wirkte, befand sich die heilige Kirche Jesu in einem höchst traurigen Zustande. Schon seit mehr als sechzig Jahren hatten die Päpste ihren Sitz zu Rom, der Hauptstadt der Christenheit, verlassen, und nach Avignon, einer Stadt in Frankreich, verlegt. Die Römer erhoben laute Klagen, daß ihre Bischöfe sie seit so vielen Jahren verlassen hätten; dazu kam noch, daß feindliche Parteien das Volk gegen den päpstlichen Stuhl aufhetzten und die Einwohner von Florenz, mit andern Städten im Bunde, sich gegen den Papst verschworen. Im Jahre 1373 brach die Kriegsflamme los. Die heilige Katharina befand sich gerade in der Stadt Pisa, als sie von diesem Üebel hörte, welches sie schon drei Jahre zuvor vorausgesagt hatte. Sie flehte sogleich zu ihrem Heilande um Hilfe und brachte es durch Zusprüche und Briefe dahin, daß mehrere Städte, namentlich ihre Vaterstadt, dem Papste treu blieben. Der Papst belegte die Aufrührer mit dem Banne und diese im Kriege mehrmals besiegt, beschlossen endlich, den Papst um Gnade anzugehen.

Die heilige Katharina sollte ihre Vermittlerin sein. Die Einwohner ließen sie durch eine feierliche Gesandtschaft abholen und sendeten sie nach Frankreich zum Papste Gregor XI., um den Frieden herzustellen. Der Papst empfing sie mit großer Achtung und legte die Friedensverhandlung ganz in ihre Hände, indem er sagte:

"Damit du siehst, daß ich den Frieden will, so lege ich ihn ganz einfach in deine Hände: nur empfehle ich dir die Ehre der Kirche."

Katharina tat Alles, was in ihren Kräften stand, um den Frieden herzustellen, allein an der Treulosigkeit der Florentiner scheiterte ihr Bemühen, die dafür hart gestraft wurden. Was der heiligen Jungfrau in dieser Sasche zu ihrem größten Schmerze nicht gelang, das erhielt sie auf eine andere Weise.

Das Verlangen der Römer nach der Rückkehr des Papstes in seine Stadt wurde immer lauter, schon war eine große Spaltung in der katholischen Kirche zu fürchten. Der Papst Gregor XI. hatte wohl das Gelübde gemacht zurückzukehren, allein er hatte aus Furcht vor dem französischen Könige nicht den Mut, sein Versprechen auszuführen. Er zog unsere heilige Jungfrau zu Rath. Diese hatte durch eine Offenbarung sein Gelübde erkannt und sprach zu ihm:

"Tu, was du Gott versprochen hast."

Verwundert hierüber, folgte er ihrem Rate und kehrte im Jahre 1376 nach Rom zurück.

Hatte die heilige Jungfrau bisher großes Leid getragen über die traurigen Übel, welche in der Kirche Gottes herrschten, so erreichte dieses Leiden den höchsten Grad, als die traurige Spaltung wirklich eintrat, die sie schon früher im Geiste vorausgesehen und vorausgesagt hatte. Um diesen Schmerz nur einigermassen zu begreifen, mußt du, lieber Leser, bedenken, daß die heilige Jungfrau mit der feurigsten Liebe der heiligen Kirche anhing. Sie, die Kirche, ist ja die Braut Jesu; sie hat er sich durch sein Blut angetraut; in ihr will er bleiben bis zum Ende der Welt; sie soll einst im Himmel ewig mit ihm triumphieren.

Katharina liebte die Kirche wie ihre liebste Mutter; sie teilte mit ihr alle Freuden und Leiden; sie lebte all ihre Feste geistlich mit und fühlte in ihrem Innern alle Übel, von denen sie betroffen wurde. Kurz, sie lebte nur in und mit der Kirche, und darum war auch ihr Schmerz furchtbar, als das Band der Einheit zerrissen und zwei Päpste zugleich um den Stuhl des heiligen Petrus stritten. Als der Streit am heftigsten tobte, befand sich Katharina in Rom; sie hatte Papst Urban VI. als rechtmäßigen Papst anerkannt und stand ihm mit ihrem Rate bei. Tag und Nacht betete sie und mahnte unaufhörlich mündlich und schriftlich zur Einheit und zum Frieden. Während die Einwohner von Rom gegen einander wüteten und jede Partei die Oberhand gewinnen wollte, sah Katharina die Stadt Rom voll Teufel, die zum Haße und zur Rache anspornten.

Katharina aber ließ nicht nach im Gebete; da wandte sich die Wut der Teufel auch gegen sie. Zu oft schon hatte sie all ihre Anschläge vernichtet, zu oft schon mußten die Teufel auf ihr Gebet von denen weichen, die sie im Besitze hatten. Wenn daher Katharina im Gebete versunken um Erbarmen für die Kirche zum Himmel schrie, da umringten sie auf Gottes Zulassung die Teufel, stießen ein furchtbares Geheul aus und schrieen: "Verfluchte! du willst unsere Absichten vereiteln, aber wir wollen dich erwürgen." Katharina aber hatte keine Furcht; sie verdoppelte ihr Gebet und Flehen. Mehrere Tage und Nächte lag sie beständig im Gebete vor Gott und bot sich ihm zum Opfer an.

"Ich will, sprach sie, gern diesen Kelch des Leidens und des Todes trinken zur Ehre deines heiligen Namens und für deine Kirche. Dies ist mein heißestes Verlangen seit dem Tage, wo ich dir mein Herz und meine Liebe weihte."

Jesus hatte ihr Opfer angenommen, sie sollte den Kelch trinken, ohne den Trost zu haben, die Kirche Gottes im Frieden zu sehen; jedoch in der Stadt Rom selbst trug sie den Sieg davon über den Satan und seine Schaar. Die Raubhorden der Feinde des Papstes Urban VI. wurden vertrieben. Dafür aber wütete nun der Satan gegen die Heilige. An ihrem Leibe sahen ihre Gefährtinnen die Spuren der Stösse, welche ihr die Teufel versetzten, ohne helfen zu können. Sie konnte jetzt keinen Tropfen Wasser mehr trinken, ihr Leben hing nur mehr an einem Faden. Eines Tages sah sie im Geiste das Schifflein der Kirche auf ihren Schultern liegen; niedergedrückt von dieser ungeheuern Last sank sie zerbrochen und leblos zu Boden. Sie erkannte jetzt, daß nur das Opfer ihres Lebens für die Kirche von Nutzen sei und brachte es vollkommen ihrem Heilande dar. Ihre Sterbestunde nahte heran; mitten unter den grausamsten Leiden ließ sie nie eine Klage hören. Sie hatte eine Menge Jünger und Jüngerinen, welche sie im geistlichen Leben unterrichtete und wie eine sorgsame Mutter leitete, und unter diesen einen gewissen Stephano, der früher Rathsherr in Siena war. In einer großen Not, in die er durch mächtige Feinde geriet, nahm er seine Zuflucht zu Katharina, welche ihn durch ihr Gebet ganz Gott gewann und zu einem heiligen Leben führte.

Das Ende Ihres irdischen Lebens

Dieser befand sich gerade zu Siena im Spitale, als Katharina ihr Leben zum Opfer hingab für die Kirche. Da hörte er eine Stimme, die sprach: "Reise schnell nach Rom, deine Mutter stirbt." Er machte sich sogleich auf den Weg und kam gerade in der Zelle der heiligen Jungfrau an, als sie, umgeben von ihren Schülern und Schülerinen, auf ihrem Sterbebettlein lag und jedem eine heilsame Lehre gab. Die Sterbende sprach zu ihm: "Mein Stephano, danke Gott, daß er dich sendet, um die letzten Worte deiner Mutter zu empfangen. Seine Barmherzigkeit wird dein Heil gewiß machen, und dir den Weg zeigen, den du gehen mußt; " dann befahl sie ihm, in den Karthäuserorden zu treten, was er auch nachher, obwohl mit Widerstreben, tat.

Nach einiger Zeit, als sie ihre Abschiedsworte geendet hatte, bat sie ihre alte Mutter Lapa, die weinend neben dem Bette ihrer geliebten Tochter stand, um ihren Segen. Am Morgen des Sonntags vor der Himmelfahrt Christi empfing sie mit der größten Inbrunst die heiligen Sterbesakramente, und nun begann der Todeskampf. Sie hatte die heftigsten Angriffe des bösen Feindes zu bestehen, der alle Gewalt anwendete, diese heilige Jungfrau, welche ihm so viele Seelen entriß und so oft seine Anschläge vernichtete, zu verderben. Ihre Gesichtszüge veränderten sich, ihre Arme bewegte sie hin und her, als wollte sie den Angriff von Feinden abwehren; bald sprach, bald lachte, bald schwieg sie wieder. Die Anwesenden waren voll Entsetzen. Plötzlich rief sie mit Freude aus:

"Die eitle Ehre nie, sondern die wahre Ehre und das Lob des Herrn!"

Durch diese Worte beschämte sie den Satan und alle jene, welche bisher ihre Lebensweise getadelt hatten. Katharina hatte ja nie ihre Ehre gesucht und Nichts ohne ausdrücklichen Befehl Gottes getan. Eine halbe Stunde nachher brach sie das Schweigen, um mehr als sechzigmal auszurufen, indem sie die rechte Hand erhob: "Ich habe gesündigt, Herr, erbarme dich meiner!" Dann wiederholte sie eben so oft: "Heiliger Gott, erbarme dich meiner!"

Unterdeß, da Katharina so zu Gott rief, wurde ihr Angesicht ruhig und lächelnd; ihre matten Augen bekamen ihren englischen Glanz wieder; sie erhob dieselben, blickte auf das Kruzifix und mit den Worten:

"Herr, du rufest mich zu dir, und ich gehe, nicht durch meine Verdienste, sondern durch deine bloße Barmherzigkeit, die ich in der Kraft des Blutes Christi anflehe. In deine Hände empfehle ich meinen Geist,"

senkte sie ihr englisches Haupt und verschied am 29. April 1380. Sie hatte 33 Jahre gelebt und wurde vom Papste Pius II. im Jahre 1461 heilig gesprochen.

Einige Kernsprüche der Heiligen

  • Hole dir deinen Trost bei dem Kreuze Jesu.
  • Nach den Dornen werden die Rosen.
  • Tue, was du Gott versprochen.
  • Nichts ist eigentlich böse zu nennen als - die Sünde.
  • Richte alle deine Gedanken, Handlungen und Worte allein auf Gottes Ehre und Verherrlichung.
  • Es werden darum so wenige selig, weil fast alle das Ihrige suchen, nicht was Gottes ist.

Gebet

O mein Jesus, verleihe mir die Gnade, daß auch ich deinen heiligen Willen im Auge habe, wie deine Dienerin, und dadurch zur seligen Vereinigung mit dir gelange. Amen.

(Quelle: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes. Regensburg 1884 nach FJM überarbeiteter Fassung)