Papst Gregor I

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Sebastiano Ricci (1659 - 1734): Altar für Gregor, in der Basilika San Giustina in Padua - gemeinfreiheit

Papst Gregor I, der Große

Fest

3. September

Lebensbeschreibung

Der hl. Gregor I., Papst und Kirchenlehrer, wegen seiner Taten und Verdienste um die Kirche der Große genannt, wurde zu Rom gegen das Jahr 540 geboren. Sein Name ist in seiner Bedeutung der kurze Inhalt seines Lebens. Er wachte über sich und über Andere in heldenmütiger Weise, weshalb auch sein Biograph, der Diakon Johannes, daran erinnert, dass sein Name so viel als Vigilantius, d. h. einer der wachsam ist, bedeute. Sein Vater Gordianus, ein angesehener Senator, besaß große Güter, entsagte aber nach der Geburt seines Sohnes der Welt, trat in den geistlichen Stand und starb als Regionarius, d. h. als einer der sieben Kardinal-Diakone, denen die Sorge für die Armen etc. in bestimmten Stadtvierteln (Diakonien) anvertraut war. Seine Mutter war die wegen ihrer Frömmigkeit den Heiligen beigezählte Sylvia, welche sich ebenfalls dem Dienste Gottes widmete in einem kleinen Bethause bei dem Säulengange von St. Paul. Schon in den Jahren seiner frühen Jugend, wo andere Jünglinge die Wege der Welt antreten, fing er an, nach Anleitung seiner Mutter, Gott in Andacht zu dienen und mit allen Kräften seiner Seele nach dem himmlischen Vaterlande zu verlangen. Dennoch wollte er eine Zeit lang in weltlicher Kleidung geistlich leben. Nachdem er die zu jener Zeit üblichen Studien gemacht hatte, wurde er – und zwar nach W. W. jedenfalls vor dem Jahr 571 – von dem Kaiser Justinus II. als Prätor, d. i. als erste Magistratsperson von Rom aufgestellt, welches Amt er mit großer Gewandtheit und zur Zufriedenheit der Römer führte. Da er jedoch fühlte, wie sehr er durch diese Beschäftigungen vom Ewigen abgezogen und dem Irdischen zugewendet werde, fasste er den Entschluss, sich von der Welt ganz zurückzuziehen. Er verwendete daher nach dem Tode seines Vaters sein großes Vermögen zu Werken der Wohltätigkeit; er beschenkte reichlich die Armen, gründete sechs Klöster in Sizilien, wo er am meisten begütert war, und ein siebentes in seiner eigenen Behausung zu Rom, in der Nähe der Kirche der hhl. Johannes und Paulus. In dieses zu Ehren des hl. Apostels Andreas gestiftete und nach der Regel des hl. Benediktus eingerichtete Kloster trat er dann um das Jahr 575 unter dem Abte Valentio (n. A. Hilarion) selbst als Mönch ein. Aus dieser Zeit seines klösterlichen Lebens ist besonders seine strenge Enthaltsamkeit zu erwähnen, die so groß war, dass er sich eine schwere Krankheit zuzog. Lange Zeit fiel er vor lauter Wachen, Beten und Strengheiten von einer Ohnmacht in die andere. Doch war er zufrieden und glücklich, da sich allmählich auf sein und des Mönches Eleutherius Gebet die frühere Kraft wieder einstellte. »Seinem frei gewordenen Geiste lag,« wie er selbst sagt, »alles Hinfällige zu Füßen, über alle veränderlichen Dinge war er erhaben; er dachte an nichts, als an die himmlischen Güter, und wiewohl vom Körper zurückgehalten, überschritt er doch die Marken des Fleisches in der Betrachtung; den Tod selbst, der beinahe Allen als eine Strafe erscheint, hatte er als den Eingang zum Leben und die Belohnung für seine Mühe lieb gewonnen.«

Doch nicht lange durfte er dem beschaulichen Leben sich widmen; denn nach wenigen Jahren (um 577) wurde er von Papst Benedikt I. zum siebenten Diakon oder Regionarius ernannt, wie auch sein Vater Gordianus ein solcher gewesen war. Wahrscheinlich war es um diese Zeit oder noch etwas später, dass er, durch den Anblick junger Engländer veranlasst, den Gedanken der Bekehrung Englandes fasste. Wirklich hatte er sich in Begleitung einiger Mönche seines Klosters mit Zustimmung des Papstes bereits auf den Weg nach Britannien begeben; als aber seine Abreise in der Stadt bekannt wurde, entstand unter dem Volke so große Unruhe, dass der Papst ihn, der schon drei Tagereisen von Rom entfernt war, durch Eilboten wieder zurückrief. . Unter dem Papst Pelagius II. erhielt der hl. Gregorius eine äußerst wichtige Sendung an den Hof von Konstantinopel. Aber so wichtig auch die Geschäfte waren, die er hier zu versehen hatte, und obwohl er im Palaste des Kaisers wohnte, so unterließ er doch nichts von seinen gewohnten frommen Übungen. Er hatte mehrere seiner Brüder bei sich, zu deren gemeinschaftlichem Gebete er seine Zuflucht nahm, um daran seine Seele festzuhalten wie das Schiff auf hoher See vom Anker gehalten wird. Übrigens erreichte er vollkommen den Zweck seiner Gesandtschaft. Es gelang ihm, die zwischen dem Kaiser Tiberius und Pelagius II. bestehenden Schwierigkeiten auszugleichen. Auch gegen die Lombarden wurde ihm Hilfe zugesichert und gewährt. Hier machte der hl. Gregor die Bekanntschaft des hl. Bischofs Leander von Sevilla, auf dessen Bitte er auch seine Sittenlehren über Job schrieb. Der Patriarch Eutychius von Konstantinopel, der hinsichtlich der Leiber der Seligen eine Zeit lang dem Irrtume gehuldigt hatte, dass dieselben so sein wie die Luft, mithin gar nicht mehr anzufühlen wären, wurde durch ihn zum Widerrufe bewogen. Der hl. Gregor stellte ihm nämlich die katholische Wahrheit entgegen: »dass unser zu jener Glorie der Unsterblichkeit erhöhte Leib allerdings durch die Wirkung der geistigen Macht überaus sein, aber vermöge der Wirklichkeit seiner Natur immer noch anfühlbar sei, ähnlich dem Leibe unsers Herrn nach seiner Auferstehung.« Die entgegenstehende Behauptung erklärte er als einen Auswuchs origenistischer Philosophie. Der Erfolg des hl. Gregor war so groß, dass Eutychius vollkommen von seinem Irrtume überzeugt wurde. Auf seinem Totenbett sprach er öfter, mit dem Finger auf die Haut seiner Hand hindeutend oder auch dieselbe anfassend: »In diesem Fleische werde ich einst auferstehen.« 

Gegen das Jahr 585 rief ihn Papst Pelagius II. nach Rom zurück. Er eilte zu seinen Brüdern in St. Andreas, und brachte ihnen von Konstantnopel zwei kostbare Reliquien: den Arm des Andreas und das Haupt des hl. Lukas. Bald nachher wurde er nach W. W. anstatt des Abtes Maximianus, welcher zum Bischofe von Syrakus erhoben wurde, von den Mönchen zum Abte von St. Andreas erwählt. Er war als solcher ein gütiger Vater, aber auch ein strenger Wächter der Zucht, wie aus Folgendem erhellt: Einer seiner Mönche, Namens Justus, hatte drei Goldstücke zusammengebracht und sorgfältig verborgen. Auf dem Sterbebette offenbarte er diese große Sünde gegen die heil. Armut. Sogleich wurde verboten, den Kranken zu besuchen und bei ihm zu beten. Man schickte ihm nur einen Priester, der ihm beistand und ihn zur Buße ermahnte. Justus starb in lebhafter Zerknirschung. Dennoch ließ ihn der Abt zum warnenden Beispiele, nach dem Vorgange des hl. Makarius, mit den drei Goldstücken unter die Düngerstätte begraben. Da er aber als Büßer gestorben war, ließ der hl. Gregor für ihn die Gebete der Kirche verrichten und nach Verlauf eines Monats namentlich 30 Tage hinter einander das heil. Opfer feiern, worauf der Bruder einem der Mönche erschien und ihn der geschehenen Erlösung versicherte. Die sogenannten »Gregorianischen Messen«, die in späteren Jahrhunderten vom Aberglauben in der Art ausgebeutet wurden, dass dreißig nach dem Tode eines Verstorbenen gelesene Messen unfehlbar seine Seele in den Himmel bringen könnten, haben in diesem Ereignisse ihren Ursprung. Auch als Abt hörte übrigens der hl. Gregor nicht auf, das Vertrauen des Papstes zu genießen. In seinem Auftrage verfasste er drei Sendschreiben an die Bischöfe Istriens und deren Patriarchen in Aquileia, um sie mit dem apostolischen Stuhle wieder zu versöhnen. Als Papst vollendete er dieses Werk, vorzüglich durch die kräftige Beihilfe des Befehlshabers von Istrien. Die freundliche Aufnahme, die er den Schismatikern gewährte, veranlasste auch die Zurückgebliebenen, dem Beispiele der Zurückgekehrten zu folgen, so dass der hl. Gregor auch dieses Schisma sich in sich selbst auflösen sah. Nachdem Papst Pelagius II. im Anfange des Jahres 590 gestorben war, wurde der hl. Gregor von dem Senate, der Geistlichkeit und dem Volke einhellig zum Papste erwählt. In seiner Demut sträubte er sich sehr, diese Würde anzunehmen und schrieb deswegen an den Kaiser Mauritius, er möchte ihn nicht bestätigen.

Auch den Patriarchen Johannes von Konstantinopel bat er, in diesem Sinne beim Kaiser zu wirken. Als dieser jedoch erfuhr, wie einhellig die Wahl erfolgt sei, bestätigte er dieselbe freudig und befahl die Konsekration des Gewählten. Als der hl. Gregor dieses erfuhr, flüchtete er sich verkleidet mit einigen Kaufleuten aus der Stadt und verbarg sich drei Tage in Gehölzen und Höhlen. Aber eine Lichtsäule, welche Gott über der Stelle, wo er verborgen war, erscheinen ließ, gab den Nachsuchenden dieselbe kund. Jetzt erst, da der Wille Gottes so unwidersprechlich sich geoffenbart hatte, ließ er sich nach Rom zurückbringen, wo er nun am 3. Sept. 590 in der St. Peterskirche feierlich zum Papste geweiht wurde. In der Zwischenzeit hatte der hl. Gregor zur Abwendung der Pest die sogenannte »siebenfache Litanei« (litania septiformis) eingeführt: die Gläubigen zogen, in sieben Chöre geteilt, betend und singend, aus sieben verschiedenen Kirchen, um in der Kirche Mariä der Größern zusammenzukommen. Der Heilige benützte diesen Anlaß zu ernstlichen und tief eingreifenden Ermahnungen an die Römer: »Bedenket, Brüder! (im Andenken an den Allen unvermutet bevorstehenden plötzlichen Tod), wie dem sein muß, der vor das Angesicht des strengen Richters kommt und nicht Gelegenheit hatte, zu beweinen, was er getan!« Dann ladet er sie ein, zu der »siebenfachen Litanei« zu kommen. Keiner soll zu irdischen Geschäften aufs Land gehen, oder irgend etwas anderes unternehmen, sondern weil Alle miteinander gesündigt, sollen auch Alle in der Kirche der hl. Gottesgebärerin zusammenkommen, um ihre Übelthaten zu beweinen. Noch während der Prozession fielen nicht weniger als 80 Personen tot zusammen. Nichts desto weniger sprach ihnen der Heilige Mut und Vertrauen zu, und ermahnte sie, im Gebete nicht nachzulassen, bis durch die göttliche Erbarmung die Pest aufhören würde. Es geht die Sage, dass man damals über dem Grabmale Hadrians einen Engel habe schweben sehen, der ein Schwert in die Scheide steckte, von welcher Erscheinung besagtes Gebäude den Namen »Engelsburg« erhalten habe. Sobald er den Stuhl des hl. Petrus bestiegen hatte, tat er in einer Enzyklika den Patriarchen und Bichöfen des Erdkreises seine Erhebung kund. In diesem Sendschreiben sagt er unter Andern, man müsse die Beschlüsse der vier ersten allgemeinen Konzilien, wie die vier Evangelien ehren. Das vom Papste Symmachus eingeführte Pallium der Metropoliten behielt er zur Versinnlichung ihrer Einheit mit der römischen Kirche bei, ohne jedoch die hiefür in Übung gekommenen Geschenke anzunehmen. Übrigens erblickte er in der Erhabenheit seiner Stellung ein großes Unglück für seine Person. »Ich habe,« schrieb er an Theoktista, die Schwester des Kaisers, »alle Süßigkeiten der Ruhe verloren. Indem ich äußerlich hinaufzusteigen schien, bin ich innerlich und tatsächlich herabgefallen; ich hatte keinen andern Wunsch, als die Gebilde dieser Erde ganz aus meiner Seele zu entfernen, um mich allein der Betrachtung der himmlischen Güter hinzugeben; ich bildete mir ein, da ich auf dieser Erde nichts mehr hoffte und nichts mehr fürchtete, über alles Irdische erhaben zu sein; aber ein plötzlicher Sturm hat mich auf einmal in Verwirrungen und Schrecknisse geworfen.« 

Die beste Rechtfertigung dieser Werte hat er übrigens in seinem Buche: »Von der Pflicht des Hirten« geliefert, das er seinem Freunde, dem Erzbischof Johannes von Ravenna, widmete. In seiner tiefen Demut nannte er sich den »Diener der Diener Gettes« – ein Titel, der von seinen Nachfolgern beibehalten wurde. Die äußere Veranlassung hiezu war, dass um diese Zeit der Patriarch von Konstantinopel sich den Titel eines »ökumenischen«, d. h. allgemeinen Patriarchen beigelegt hatte. Darüber schrieb der hl. Gregor unter Anderm folgende beherzigenswerthe Worte: »Es ist kein Zweifel, dass Petrus die Schlüssel des Himmelreichs empfangen hat. Ihm ward die Gewalt zu biden und zu lösen übergeben, die Sorge für die ganze Kirche und der erste Rang (principatus) übertragen, und doch wird er nicht ökumenischer Apostel genannt, während der sehr heilige Mann, mein Mitpriester Johannes, sich bemüht, ökumenischer Bischof zu heißen .... O die Priester, sie, ... die in Staub und Asche auf dem Boden liegen sollten, sie suchen für sich neue Namen, um der Eitelkeit zu pflegen, sie rühmen sich in weltlichen Titeln!« Er sah sich als den unvollkommensten unter allen an, da ihn seine Feigheit und Unentschiedenheit auf den Wegen der Vollkommenheit nicht voranschreiten lasse: »Ich rechne jene unter meine Freunde,« schrieb er, »die edelmütig genug sind, mir die Mittel anzuzeigen, wie ich meine Seele von ihren Flecken reinigen könne.« Diese Einfachheit und Armut im Geiste zeigte sich auch in seinem äußern Leben; man fand bei ihm nichts Überflüssiges, nichts Prunkvolles. Als der Patriarch Cyriacus von Konstantinopel ihn mit der Anrede »allgemeiner Papst« begrüßte, schrieb er ihm zurück, er möge dies fernerhin unterlassen: nicht in Titeln, sondern an Sitten wolle er zunehmen; seine Ehre sei die Ehre der ganzen Kirche. Titelsucht nähre die Eitelkeit, vermindere aber die Liebe etc.

Der hl. Gregor ist auch berühmt wegen der Verbesserung des Kirchengesanges, welcher daher nach ihm der »Gregorianische« heißt, sowie des Meßbuches und Rituals. Auch verfaßte er selbst mehrere Hymnen, von welchen neun auf uns gekommen und zum Teil in unserm Breviere enthalten sind, z. B. Rex gloriose Martyrum ... Ebenso verfaßte er ein Liber Sacramentorum, welches die Gebete und Zeremonien bei der heil. Messe und Spendung der heil. Sakramente enthält, dann auch ein Antiphonarium etc. und richtete zugleich eine Sängerschule ein, für die er zwei Häuser und zureichende Einkünfte bestimmte. Der Biograph fügt die für uns Deutsche keineswegs schmeichelhafte Bemerkung bei, dass sowohl diese, wie die Gallier, die neue Gesangsweise nicht getreu einhielten, wobei die »bibuli gutturis barbara feritas« mit als Grund angegeben wird. Tag und Nacht war er darauf bedacht, in seinem Palaste, wo er sich nur mit Geistlichen umgab, die klösterliche Vollkommenheit, in der Kirche das hohepriesterliche Amt zu üben. Oft hielt er Homilien an das gläubige Volk, von denen mehrere auf uns gekommen sind und auch im röm. Brevier vorkommen. Er beklagte es sehr, wenn die Bischöfe wegen äußerer Angelegenheiten diese heil. Pflicht unterließen. Sogar vom Krankenbette aus wollte er predigen, d. h. er diktierte, was er sagen wollte, und ließ es der Gemeinde vorlesen. So wurde die römische Kirche das Vorbild der ganzen Welt. Alle Augen waren auf den hl. Gregor gerichtet; man beeilte sich, die kirchlichen Einrichtungen, die er traf, überall durchzuführen.– Auf einer in Rom gehaltenen Synode verordnete er, dass das Kyrie eleison in der heil. Messe neunmal wiederholt werde, und dass man unter dem Jahre öfter das Alleluja sage. Auch machte er im Kanon der heil. Messe den Beisatz: Diesque nostros in tua pace disponas.

Eine besondere Obsorge schenkte er dem Armenwesen, welches er vollkommen organisierte: er ließ Armenbeschreibungen anfertigen; jede Straße hatte ihren Pfleger; alle Tage wurde ihnen das Nötige verabreicht und zwar so, dass die verschämten Armen in aller Stille ihre Almosen empfingen. Nie aß er, ohne zuvor von den ihm aufgestellten Speisen den Armen gegeben zu haben. Täglich hatte er zwölf derselben an seinem Tische. Als er einst einem solchen in Demut Wasser zur Reinigung der Hände aus dem Kruge abgießen wollte, war er plötzlich verschwunden, und als er darüber sich verwunderte, erschien ihm der Herr in der Nacht und sprach zu ihm: »An andern Tagen hast du mich in meinen Gliedern, gestern aber hast du mich in mir selbst aufgenommen.« Ein andermal zählte er statt der gewöhnlich an seinem Tische befindlichen zwölf Gäste deren dreizehn; der dreizehnte »war ein Engel Gottes, ihm zum Schutze gegeben, durch dessen Fürsprache er alles, um was er bäte, erhalten würde.« Das harte Los der Kriegsgefangenen und Sklaven suchte er nach Kräften zu verbessern. Er kaufte, so viele er konnte, und forderte die Bischöfe von Fano und Messina auf, zu diesem Ende selbst die heil. Gefäße zu verkaufen. Viermal im Jahre (an Ostern, an dem Feste St. Peter und Paul, am Feste des hl. Andreas und am Jahrestage seiner Erhebung) gab er der Geistlichkeit, seinen Hausgenossen, den Klöstern, Kirchen, Begräbnisplätzen, Armen und Krankenhäusern Roms und der Diözese ihren bestimmten Anteil. Jeden ersten Tag des Monats spendete er den Armen, je nach der Jahreszeit, ein festes Maß an Getreide, Wein, Käse, Gemüse, Speck, Fleisch, Fischen, Öl etc. Vornehme erhielten kostbarere Geschenke. Täglich schickte er auf Wagen den Kranken und Gebrechlichen gekochte Speisen. Besonders bedachte er die Häuser Gott geweihter Jungfrauen. Er hielt viel auf ihre dankbare Fürbitte. Von seiner Milde gegen Irrende und Sünder sind die rührendsten Beweise vorhanden. Er legte den Bischöfen aus Herz, bei ihrer Wiederaufnahme in die Kirche nicht zu streng zu verfahren. Doch war er von übertriebener Nachsicht, welche die Perlen den Schweinen vorwirft, weit entfernt. Nie aber wollte er die Gerechtigkeit oder die Liebe verletzen. Als er hörte, daß Bischof Petrus von Terracina den Juden ihre Synagoge weggenommen habe, befahl er ihm, dieselbe ihnen wieder einzuräumen. »Wir wollen nicht,« sagte er in mehreren Briefen, »dass man die Hebräer gegen das natürliche Recht beschwere.« Dabei kannte und bewachte er aber wohl die Gränzen seiner Nachgiebigkeit: »Wenn ich nicht mehr nachsehen darf,« schreibt er, »so verwandelt sich meine Geduld in Strenge, und ich trotze allen Gefahren.« 

Seelen zu gewinnen für Christus und den heil. Glauben, war sein liebstes Geschäft. Juden, welche christlich wurden, erhielten einen für diesen Fall ausdrücklich festgestellten Nachlaß ihrer Abgaben. Er wußte wohl, dass solche Bekehrungen in ihren Beweggründen nicht immer vollkommen rein seien, aber er sagte: »Wenn auch sie selbst weniger mit gutem Glauben kommen, so werden doch ihre Kinder schon mit besserm Glauben getauft; entweder werden wir also sie selbst, oder doch ihre Kinder gewinnen. Darum hat es nichts zu bedeuten, was wir immer für Christus ihnen an Abgaben nachlassen.« In der Tat bekehrten sich sehr viele Juden, besonders in Sizilien zu Girgenti und in der Umgegend. Dafür suchten sich die übrigen Juden durch den Ankauf heidnischer Sklaven, die sie beschnitten, zu entschädigen. Der hl. Gregor untersagte aber dieses aufs strengste und befahl, alle diese Sklaven sogleich wieder in Freiheit zu setzen. – Als er den heil. Stuhl bestieg, waren die Kirchen des Morgenlandes durch die aus den Ketzereien des Nestorius und Eutyches entstandenen Spaltungen gänzlich zerrüttet; der hl. Gregor stand dagegen mit den Patriarchen von Alexandria und Antiochia im schönsten Einvernehmen und war bemüht, dasselbe mit dem von Konstantinopel herzustellen. Durch seinen Freund, den hl. Bischof Leander von Sevilla, bekehrte er den König Reccared in Spanien und reinigte dieses Land von den Resten des Arianismus. Er milderte in Afrika durch die Vereinigung und das Zusammenwirken der Bischöfe, worauf er hinarbeitete, die traurigen Folgen der Donatistischen Spaltung. Auf die Longobarden übte er den heilsamsten Einfluß und machte sie dem katholischen Glauben geneigt, wobei ihn die fromme, eifrig katholische Königin Theodelinde, die Tochter des bayerischen Herzogs Garibald I., kräftigst unterstützte, indem sie nicht blos ihren ersten Gemahl Autharis, sondern auch den Herzog Agilulf von Turin, ihren zweiten Gemahl, für den katholischen Glauben gewann, weswegen sie vom hl. Gregor sehr hoch geschätzt wurde.

Gallien befreite er vom Gifte der Simonie und unterstellte dem eifrigen Bischofe Vigilius von Arles die sämmtlichen Bischöfe Burgunds und Austrasiens. Auch mit der Königin Brunehildis trat er in Verbindung, deren Wichtigkeit erst in der Folge sich zeigte. Ob er sie genau kannte, ist bezweifelt worden; wenn es der Fall war, so ist sein Betragen gegen sie durch das unzweifelhafte Wohl der Kirche gerechtfertigt. Lag ihm schon früher England's Wohl sehr am Herzen, so sorgte er als Papst noch mehr für dieses Land, wo die christlichen Briten von den heidnischen Angelsachsen ganz verdrängt waren, und veranlaßte nun, dass die Leuchte des Evangeliums, welche von ihm selbst nicht dahin hatte gebracht werden können, von Anderen dahin gebracht wurde. Er ließ zu diesem Zwecke junge heidnische Angeln aufkaufen, um sie zu künftigen Missionären für ihre Heimat erziehen zu lassen. An die Spitze der Mission stellte er im Jahr 596 den hl. Augustinus, Vorsteher des Klosters von St. Andreas, den er nebst andern Mönchen nach England abgehen ließ. Dabei gab er ihnen viele weise Vorschriften, bei denen er auf die Bildungsstufe und die Bedürfnisse der zu bekehrenden Barbaren geeignete Rücksicht nahm. Daher ließ er nicht, wie er gleich Anfangs gesonnen war, die Götzentempel zerstören, sondern vielmehr zu christlichen Kirchen einweihen und verschiedenen heidnischen Gebräuchen eine christliche Richtung geben. So war es z. B. üblich, dass man bei den heidnischen Opfern den Göttern Tiere schlachtete. Dieses sollte nun nach seiner Anweisung dahin abgeändert werden, dass man am Tag der Einweihung einer solchen christlichen Kirche um dieselbe herum Hütten von Baumästen mache und die Festlichkeit durch religiöse Gastmahle feiere; denn das Volk werde, während ihm die äußere Freude gelassen werde, um so mehr mit der inneren Freude übereinstimmen. Rohen Gemütern Alles zugleich zu nehmen, sei unmöglich. Wer die höchste Stufe erlangen wolle, müsse stufenweise und nicht im Sprunge sich dazu erheben etc.

Der Erfolg zeigte auch die Richtigkeit dieser Ansicht, indem England schnell zum Christentum sich bekehrte, während der hl. Gregor von den dankbaren Nachkommen jener Angelsachsen noch heute als ihr Apostel gefeiert wird. Er schenkte auch viele heil. Gefäße, Zieraten für die Kirchen, bischöfliche Gewänder, Reliquien, Codices der heil. Schrift etc. der jungen, frisch aufblühenden Kirche von England. Nach Butler finden sich in England noch einige dieser Gegenstände. Den hl. Augustinus schmückte er mit dem Pallium und ernannte ihn zum Primas von ganz England. Aber nicht blos in der Ferne, sondern auch in seiner nächsten Nähe gab es noch Spuren des Heidentums zu vertilgen; so namentlich auf den Inseln Sardinien und Korsica. Ein Gesetz des Kaisers Mauritius, in welchem die Beamten verpflichtet wurden, ehe sie in den geistlichen Stand oder in ein Kloster traten, über ihre Amtsführung Rechenschaft abzulegen, und welches zugleich dem Soldaten eine derartige Standesänderung überhaupt verbot, führte einen Konflikt mit der Staatsgewalt herbei. Der Papst machte nämlich gegen letztere Verfügung ernstliche Vorstellungen und bemerkte, dass die Erfahrung zeige, wie notwendig geistliche Zufluchtsorte den Kriegsleuten seien; ihnen dieselben versperren, heiße ihnen den Eintritt in den Himmel wehren. Mauritius fühlte, dass diese Einwendungen gegründet seien, und gestattete, die Soldaten nach dreijähriger Prüfungszeit zur Ablegung der Klostergelübde zuzulassen. Eine andere Quelle des Unfriedens öffnete der Kaiser durch seine Parteinahme für die ehrgeizigen Bestrebungen des Patriarchen Johannes von Konstantinopel. Auch der Erzbischof Maximus von Salona sträubte sich lange, wegen einer gegen ihn erhobenen Anklage sich bei Gregor zu reinigen; sieben Jahre lang dauerte der Streit, bis es endlich gelang, den Ungehorsam desselben zu brechen und die Hoheitsrechte der römischen Kirche über ihn zur Anerkennung zu bringen. Er wachte auch mit größter Sorgfalt über die sittliche Reinheit des Klerus und dehnte die Verpflichtung zum ehelosen Leben auf die Subdiakone aus. Die Amtsführung der Bischöfe beobachtete er mit sorgsamen Augen. Wegen seiner Sorgfalt für die Klöster wurde er der »Vater der Mönche« genannt. Eine Menge Vorschriften zur Hebung des klösterlichen Lebens rühren von ihm her. So kam sein 60. Lebensjahr, und mit ihm wurde die Schwäche des Körpers, die ihm während seines ganzen Pontifikats viele Leiden bereitet hatte, allmälig zur tödlichen Krankheit. Seit dem Jahr 599 konnte der hl. Gregor, von den Schmerzen der Krankheit gefoltert, das Bett nicht mehr verlassen, und doch konnten auch seine höchsten körperlichen Leiden seine Tätigkeit nicht aufhalten.

Endlich schlug die Stunde seiner Erlösung; er starb am 12. März 604, nachdem er dreizehn Jahre, sechs Monate und zehn Tage den Stuhl Petri innegehabt hatte, in seinem 64. Lebensjahre, und wurde in der St. Peterskirche beigesetzt. – Die Verehrung dieses heil. Papstes ist in allen Kirchen des Morgen- und Abendlandes gleich verbreitet. Der hl. Isidor von Sevilla (Hispalis) schreibt über ihn: »Er war voll der Zerknirschung und der Furcht Gottes, an Demut der Höchste, und durch die Gnade des heil. Geistes von einem so großen Lichte der Wissenschaft umstrahlt, dass nicht blos in der Gegenwart, sondern auch in der Vergangenheit kein ihm gleich großer Lehrer zu finden ist.« Im heutigen Mart. Rom. heißt es: »Zu Rom (das Fest) des hl. Gregorius, Papstes und ausgezeichneten Lehrers der Kirche, der wegen seiner vorzüglichen Taten und der Bekehrung der Engländer zum christlichen Glauben ›der Große‹ genannt und als Apostel der Engländer gefeiert wird.« In England wurde sein Festtag auf einem Konzil zu Cliffe im Jahr 747 nebst dem des hl. Augustinus zum gebotenen Feiertag erhoben. Auch die Griechen haben seinen Namen mit großen Lobeserhebungen und Auszügen aus seinem Leben in ihre Menologien, Menäen und Synaxarien eingetragen. Am 3. Sept. wird nach dem Mart. Rom. das Fest seiner Ordination begangen. Sein heil. Leib ruhte lange in der alten Basilika des hl. Petrus. Eine Erhebung desselben fand im Jahr 826 unter dem Papste Gregorius IV. statt. Derselbe ließ den ihm geweihten Altar mit silbernen Tafeln schmücken und die Absis darüber mit Mosaikgemälden auf Goldgrund ausstatten. Eine weitere Übertragung geschah durch Pius II., der in die Kapelle des hl. Gregor das Haupt des hl. Apostels Andreas niederlegte und jenen in die gegenüberliegende Kapelle brachte (im J. 1464). Weiterhin fanden diese kostbaren Reliquien unter Clemens VIII. auch in der neuen Peterskirche die ihnen geziemende Ruhestätte, worauf Papst Paul V. im J. 1606 eine neue Übertragung vornehmen ließ. Übrigens befinden sich in Rom drei Kirchen, die seinem Andenken geweiht sind. Außerdem rühmen sich noch viele Orte des Abendlandes, Reliquien von ihm zu besitzen: Lissabon und Konstanz behaupten dessen heil. Haupt zu haben; zu Soissons in Frankreich, wo man das Fest seiner Übertragung am 11. Juli feiert, zu Köln, Prag, Sens und in verschiedenen Städten Belgiens glaubt man andere Teile seines Leibes zu besitzen. Ob mit Grund oder nicht, können und wollen wir nicht entscheiden, und verweisen deshalb auf die weitläufigen Untersuchungen der Boll. Im Propylaeum ad Acta Sanctorum Maji ist (ad P. I. pag. 88*) sein wahrscheinlich echtes Bildnis zugleich mit dem seiner Eltern zu sehen. Ihr heil. Sohn, angetan mit dem Zeichen seiner Würde, trägt in der Linken das verschlossene Evangelienbuch, die rechte Hand ist wie zum Segen sanft erhoben, das Haupt ist im Verhältnis zur Leibesgröße klein zu nennen, das spitze Kinn vom Barte nur wenig verhüllt, der Gesichtsausdruck der einer ungewöhnlichen Sanftmut, mit väterlichem Ernste gemischt. Nach der Lebensbeschreibung des Johannes Diaconus, die von den Bollandisten vollständig aufgenommen und auch hier besonders benützt wurde, hatte er eine hohe Stirne, eine Habichtsnase nebst hervorstehenden Kinn etc. In einen andern alten Bildnisse am näml. Orte trägt er in der Rechten ein einfaches Kreuz; aus rechte Ohr fliegt eine weiße Taube, das Symbol des heil. Geistes. Das Buch in der Linken deutet teils auf die von ihm verfaßten Werke, teils will es ihn als Verbesserer der Liturgie und des Kirchengesangs und als Patron der Gelehrten darstellen. Hie und da trägt er mit dem Buche eine Feder, manchmal auch eine Kirche. Ebenso findet sich öfter die schöne Szene, wie er zwölf Arme speist, unter welchen einst ein dreizehnter (Christus selbst) erschien, künstlerisch dargestellt.

Was seine Schriften betrifft, so sind dieselben schon zum Teil erwähnt worden. Die vorzüglichsten sind: 1) Sittenlehre (Moralium libri XXXV) oder Auslegung des Buches Job, welche er um das Jahr 582 in Konstantinopel verfaßte; 2) Buch für Seelenhirten (Regula pastoralis), welches schon im Jahr 602 auf Befehl des Kaisers Mauritius ins Griechische übersetzt wurde und in der ganzen Kirche stets hohes Ansehen genoß; 3) Gespräche (Dialogorum libri IV), eine kurze, »das Leben der Väter in Italien« enthaltende, Heiligen-Legende, welche er auf den Wunsch mehrerer Freunde nach den vom hl. Bischof Maximian von Syrakus ihm mitgeteilten historischen Daten in Form einer Unterredung mit seinem vertrauten Freunde, dem Diakon Petrus, im Jahr 593 oder 594 ausarbeitete; 4) Briefe (Registri Epistolarum libri XIV, al. XII), eine vom hl. Gregor selbst veranstaltete und nach den Jahren seines Pontifikats geordnete Sammlung seiner Briefe (844 an der Zahl) an Kaiser, Könige, Bischöfe, Äbte etc., ebenso belehrend durch ihren Inhalt, als anziehend und unterhaltend durch die Mannigfaltigkeit der Gegenstände etc.; 5) seine Homilien, nämlich 22 über dunkle Stellen des Propheten Ezechiel und 40 über verschiedene Stellen des Evangeliums etc. Ob der Kommentar über das erste Buch der Könige, über das hohe Lied, die Bußpsalmen etc., welche gewöhnlich dem hl. Gregor zugeschrieben werden, auch wirklich ihm angehören, darüber sind die Gelehrten nicht einig. Die christlichen Kirchen haben seine Werke immer hochgeschätzt, und er wird daher zu den vier großen lat. Kirchenvätern gerechnet. Zuweilen stößt man zwar in manchen seiner Schriften auf zu sehr gesuchte Allegorien etc.; aber dies war nach Butler eben der Geschmack des Jahrhunderts.

Auch kümmerte sich der Heilige, wie er in der Vorrede zur Erklärung des Job selbst sagt, wenig um die Zierlichkeit der Rede; deswegen ist auch seine Schreibart nicht immer rein und ohne Mängel. – Wie im Mart. Rom., so steht der hl. Gregor auch im römischen Brevier am 12. März und wird sub ritu dupl. gefeiert.


(Quelle: nach Vollständiges Heiligen-Lexikon von J.E. Stadler, F.J.Heim und J.N. Ginal, Augsburg 1858-1882, digitalisiert und mit freundlicher Genehmigung von Digitale Bibliothek, Verlag Directmedia Publisching GmbH, CD DB 106, http://www.zeno.org, von FJM überarbeitete Fassung)