Wolfgang: Unterschied zwischen den Versionen

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Kaum aber bemerkte dies Freund Heinrich, als er alles Mögliche aufbot, um ihn von diesem Schritt abzuhalten; noch dringender aber wurde sein Zureden, als er im Jahr 956 vom Kaiser Otto I. zum Erzbischof von Trier ernannt wurde. Er wollte sich von Wolfgang, den er so innig liebte, nicht trennen, und es gelang endlich seinem wiederholten Bitten, dass Wolfgang vorläufig bei ihm blieb und auch nach Trier mit ihm zog. Hocherfreut hierüber bot ihm der neue Erzbischof die höchsten Ehrenstellen in seinem Domkapitel an; allein der demütige Freund schlug alle diese Stellen aus. Das Einzige, wozu er seine Einwilligung gab, war die Übernahme der dortigen Domschule und zwar ganz unentgeltlich und ohne alle irdische Belohnung. Ihm war Gottes Lohn genug und die Aussicht, Christo Seelen zu gewinnen.  
 
Kaum aber bemerkte dies Freund Heinrich, als er alles Mögliche aufbot, um ihn von diesem Schritt abzuhalten; noch dringender aber wurde sein Zureden, als er im Jahr 956 vom Kaiser Otto I. zum Erzbischof von Trier ernannt wurde. Er wollte sich von Wolfgang, den er so innig liebte, nicht trennen, und es gelang endlich seinem wiederholten Bitten, dass Wolfgang vorläufig bei ihm blieb und auch nach Trier mit ihm zog. Hocherfreut hierüber bot ihm der neue Erzbischof die höchsten Ehrenstellen in seinem Domkapitel an; allein der demütige Freund schlug alle diese Stellen aus. Das Einzige, wozu er seine Einwilligung gab, war die Übernahme der dortigen Domschule und zwar ganz unentgeltlich und ohne alle irdische Belohnung. Ihm war Gottes Lohn genug und die Aussicht, Christo Seelen zu gewinnen.  
  
Wolfgang war nun Lehrer; viele Jünglinge waren um seine Lehrkanzel versammelt, denen er aber mehr mit seinem Beispiel als mit Worten den heilsamsten Unterricht gab. Er wusste gar wohl, dass die schönsten Worte nichts nützen, wo das gute Beispiel fehlt. Deshalb bemühte er sich denn auch, obwohl er noch nicht [[Priester]] war, mit der Übung der christlichen Tugenden und Werke seinen Schülern voranzuleuchten. – Er gab sich eifrig dem [[Gebet]] und dem Nachtwachen hin, enthielt sich des Genusses der Fleischspeisen, bediente sich einfacher Kleidung und rang mit aller Kraft seiner [[Seele]] nach Vollkommenheit. Dabei war er gegen seine Schüler wie ein Vater so liebreich und freundlich, er half ihnen, wo er konnte, und die Ärmeren unterstützte er heimlich, damit sie desto freudiger ihrem Beruf obliegen konnten. Solch frommen, heiligen Wandel seines Freundes Wolfgang beobachtete oft Erzbischof Heinrich im Stillen und es tat ihm weh, ihn nicht auf einem höheren Posten zu sehen. Vergeblich versuchte er es öfters, Wolfgang zu vermögen, eine bessere Stelle anzunehmen, wo er noch mehr Gutes stiften könnte. Wolfgang ließ sich nicht dazu bewegen. Er war mit seinem Stand zufrieden und wollte nicht mit einem höheren Amt auch eine größere Verantwortung auf sich laden. Ehre und Ansehen vor der Welt hatte er längst verachten gelernt, nach Reichtum verlangte sein Herz nicht; ihm war Gott und sein Wohlgefallen genug.  
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Wolfgang war nun Lehrer; viele Jünglinge waren um seine Lehrkanzel versammelt, denen er aber mehr mit seinem Beispiel als mit Worten den heilsamsten Unterricht gab. Er wusste gar wohl, dass die schönsten Worte nichts nützen, wo das gute Beispiel fehlt. Deshalb bemühte er sich denn auch, obwohl er noch nicht [[Priester]] war, mit der Übung der christlichen Tugenden und Werke seinen Schülern voranzuleuchten. – Er gab sich eifrig dem Gebet und dem Nachtwachen hin, enthielt sich des Genusses der Fleischspeisen, bediente sich einfacher Kleidung und rang mit aller Kraft seiner [[Seele]] nach Vollkommenheit. Dabei war er gegen seine Schüler wie ein Vater so liebreich und freundlich, er half ihnen, wo er konnte, und die Ärmeren unterstützte er heimlich, damit sie desto freudiger ihrem Beruf obliegen konnten. Solch frommen, heiligen Wandel seines Freundes Wolfgang beobachtete oft Erzbischof Heinrich im Stillen und es tat ihm weh, ihn nicht auf einem höheren Posten zu sehen. Vergeblich versuchte er es öfters, Wolfgang zu vermögen, eine bessere Stelle anzunehmen, wo er noch mehr Gutes stiften könnte. Wolfgang ließ sich nicht dazu bewegen. Er war mit seinem Stand zufrieden und wollte nicht mit einem höheren Amt auch eine größere Verantwortung auf sich laden. Ehre und Ansehen vor der Welt hatte er längst verachten gelernt, nach Reichtum verlangte sein Herz nicht; ihm war Gott und sein Wohlgefallen genug.  
  
 
Da nun Erzbischof Heinrich sah, dass Bitten und Zureden nichts bewirkten, übertrug er ihm in Kraft des heiligen Gehorsams die Stelle eines Dechants der gesammelten Geistlichkeit an der Domkirche zu Trier und damit auch die Oberaufsicht über die Bildung der jungen Geistlichen, die sich auf den Priesterstand vorbereiteten.  
 
Da nun Erzbischof Heinrich sah, dass Bitten und Zureden nichts bewirkten, übertrug er ihm in Kraft des heiligen Gehorsams die Stelle eines Dechants der gesammelten Geistlichkeit an der Domkirche zu Trier und damit auch die Oberaufsicht über die Bildung der jungen Geistlichen, die sich auf den Priesterstand vorbereiteten.  
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In Mittelmünster zu St. Paul ließ der heilige Wolfgang aus seinen Einkünften ein Kloster bauen. Während des Baus ereignete sich das Wunder, dass eine besessene Frau, die zu ihm gebracht wurde, durch das Gebet des Bischofs vollkommen geheilt wurde.  
 
In Mittelmünster zu St. Paul ließ der heilige Wolfgang aus seinen Einkünften ein Kloster bauen. Während des Baus ereignete sich das Wunder, dass eine besessene Frau, die zu ihm gebracht wurde, durch das Gebet des Bischofs vollkommen geheilt wurde.  
  
Dies geschah nach seiner Rückkehr aus der Einsamkeit, in welche er sich um das Jahr 975 begeben hatte. Wolfgang hatte nämlich durch seinen heiligen Lebenswandel, durch seinen Eifer für die Sache Gottes und das Heil seiner Herde durch den lebendigen Giest der Frömmigkeit und Gottesfurcht und besonders durch sein leutseliges, demütiges und liebreiches Benehmen gegen Hohe und Niedere die allgemeine Verehrung erworben, aber eben diese Hochachtung tat seinem demütigen Herzen weh. Dazu kommen noch die Unruhen, welche Herzog Heinrich III. erregte, der sich sogar gegen den Kaiser empörte und selbst nach der Kaiserkrone strebte. Diese Unruhen, die Scheu vor der Achtung der Welt und der Drang seines Herzen nach einem abgeschiedenen Leben brachten ihn dahin, dass er plötzlich und geheim Regensburg verließ und auf dem Falkenstein, einer Gebirgskuppe nahe bei dem Obersee im Salzburgischen, eine einsame Zelle bezog, die ihn vor Regen und Schnee schützte und wo er nun ein stilles, verborgenes Leben führen wollte. Eine Wasserquelle, die er mit seinem Stab aus der Erde lockte, löschte seinen Durst, Kräuter und Erdfrüchte waren seine Nahrung, das [[Gebet]] aber und die Betrachtung seine Wonne und sein Trost.
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Dies geschah nach seiner Rückkehr aus der Einsamkeit, in welche er sich um das Jahr 975 begeben hatte. Wolfgang hatte nämlich durch seinen heiligen Lebenswandel, durch seinen Eifer für die Sache Gottes und das Heil seiner Herde durch den lebendigen Giest der Frömmigkeit und Gottesfurcht und besonders durch sein leutseliges, demütiges und liebreiches Benehmen gegen Hohe und Niedere die allgemeine Verehrung erworben, aber eben diese Hochachtung tat seinem demütigen Herzen weh. Dazu kommen noch die Unruhen, welche Herzog Heinrich III. erregte, der sich sogar gegen den Kaiser empörte und selbst nach der Kaiserkrone strebte. Diese Unruhen, die Scheu vor der Achtung der Welt und der Drang seines Herzen nach einem abgeschiedenen Leben brachten ihn dahin, dass er plötzlich und geheim Regensburg verließ und auf dem Falkenstein, einer Gebirgskuppe nahe bei dem Obersee im Salzburgischen, eine einsame Zelle bezog, die ihn vor Regen und Schnee schützte und wo er nun ein stilles, verborgenes Leben führen wollte. Eine Wasserquelle, die er mit seinem Stab aus der Erde lockte, löschte seinen Durst, Kräuter und Erdfrüchte waren seine Nahrung, das [[:Kategorie:Gebet|Gebet]] aber und die Betrachtung seine Wonne und sein Trost.
  
 
Doch auch hier verweilte der Heilige nicht lange, er fürchtete entdeckt zu werden. Deshalb verließ er seine Zelle und bestieg einen, dem Falkenstein gegenüberliegenden Berg, von wo aus man das am See gelegene, benachbarte Tal übersah. Hier warf er sich auf die Knie, um von oben Erleuchtung sich zu erflehen, wo er dem Allerhöchsten am Vollkommensten dienen könnte.  
 
Doch auch hier verweilte der Heilige nicht lange, er fürchtete entdeckt zu werden. Deshalb verließ er seine Zelle und bestieg einen, dem Falkenstein gegenüberliegenden Berg, von wo aus man das am See gelegene, benachbarte Tal übersah. Hier warf er sich auf die Knie, um von oben Erleuchtung sich zu erflehen, wo er dem Allerhöchsten am Vollkommensten dienen könnte.  
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Diese herrliche Krone, welche Jesus allein seinen treuen Dienern verheißen hat, sollte ihm auch zuteil werden.  
 
Diese herrliche Krone, welche Jesus allein seinen treuen Dienern verheißen hat, sollte ihm auch zuteil werden.  
  
Ein dringendes Geschäft rief ihn nach den bischöflichen Gütern um Pechlarn in Niederösterreich, das er zum Besten seiner Kirche persönlich besorgen wollte, obwohl sein Körper von den vielen Arbeiten geschwächt war und hohes Alter seine Kräfte gemindert hatte. Im Vorgefühl seines nahen Todes hatte er sich durch anhaltendes Gebet und strenges Wachen auf diese letzte Reise vorbereitet und reichliches Almosen, ja alles, was er hatte, den Armen in den Schoß gelegt. Noch meinte er Kraft genug zu besitzen, die weite Reise vollenden zu können, allein als er die Donau hinabfuhr, überfiel ihn ein heftiges Fieber, das ihn nötigte, bei Pupping, einem Flecken in Oberösterreich, zwischen Linz und Passau, oberhalb Aschach, Halt zu machen und ans Land zu steigen.  
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Ein dringendes Geschäft rief ihn nach den bischöflichen Gütern um Pechlarn in Niederösterreich, das er zum Besten seiner Kirche persönlich besorgen wollte, obwohl sein Körper von den vielen Arbeiten geschwächt war und hohes Alter seine Kräfte gemindert hatte. Im Vorgefühl seines nahen Todes hatte er sich durch anhaltendes Gebet und strenges Wachen auf diese letzte Reise vorbereitet und reichliches Almosen, ja alles, was er hatte, den Armen in den Schoß gelegt. Noch meinte er Kraft genug zu besitzen, die weite Reise vollenden zu können, allein als er die Donau hinabfuhr, überfiel ihn ein heftiges Fieber, das ihn nötigte, bei Pupping, einem Flecken in Oberösterreich, zwischen Linz und Passau, oberhalb Aschach, Halt zu machen und ans Land zu steigen.
  
 
==''Das Ende seines irdischen Lebens''==
 
==''Das Ende seines irdischen Lebens''==

Aktuelle Version vom 28. September 2012, 17:07 Uhr

Wolfgang2.jpg

Der heilige Wolfgang, Bischof von Regensburg. Jahr 994

Fest

31. Oktober

Vorwort

Unter den heiligen Bischöfen, die vom 15. Jahrhundert an in Bayern unsäglich Gutes gestiftet haben, nimmt mit Recht der heilige Wolfgang eine vorzügliche Stelle ein, und wahrlich nur ein Werk des Dankes ist es, wenn seine geheiligten Gebeine in Regensburgs Mauern hochgeehrt, wenn sein Andenken im ganzen Bistum noch heutzutage gesegnet wird. Wenn seiner frommen Mutter, da sie ihn noch unter ihrem Herzen trug, schien, dass sie einen Stern in ihrem Schoß berge, so ist das ein Bild der segens- und tugendreichen Laufbahn dieses heiligen Bischofs gewesen, der in der Zeit, wo er gelebt und gewirkt hat, in der Tat wie ein hellleuchtender Stern in der heiligen Kirche glänzte. Seine Lebensbeschreibung wird dafür Zeugnis geben.

Das Leben und Wirken des Hl. Wolfgang

Er war das Kind rechtlicher Eltern aus dem ehemaligen Schwabenland. Ihr Wohnort und ihr Stand ist nicht bekannt, aber fromm müssen sie gewesen sein, denn an der Frucht erkennt man den Baum. Schon in seiner frühesten Kindheit ließen sich an Wolfgang Spuren seiner künftigen Heiligkeit sehen. Er betete gern und viel, gehorchte den Eltern willig und gerne und hörte ihnen mit besonderem Wohlgefallen zu, wenn sie von den Erbarmnissen des himmlischen Vaters und von der unendlichen Liebe seines göttlichen Sohnes, von den Tugenden des Heiligen, von den Leiden der heiligen Märtyrer erzählten. Insbesondere bemerkte man an ihm eine ungewöhnliche Verachtung aller irdischen Dinge und ein bei Kindern selten bemerkbares Verlangen nach Tugend und Frömmigkeit und den himmlischen Gütern. Er glich einer Blume, die sich der Erde entwindet und mit ihrem Blütenkelch der Sonne zuwendet; einem zarten Vöglein, das nur in den höheren Regionen der Lüfe sich erfreut.

Aber bei all seinem Eifer für ein gottgefälliges Leben vergaß er das Lernen nicht. Er zeigte große Fähigkeiten und die braven Eltern, die aus ihm einen frommen, aber auch tüchtigen Mann machen wollten, übergaben ihn in einem Alter von sieben Jahren den Händen eines tugendhaften, gelehrten Geistlichen, unter dessen Anleitung er bei seinem unermüdetem Lerneifer bald die besten Fortschritte in den Wissenschaften machte.

Beiläufig 12 Jahre alt, geleitete ihn sein Vater in das Kloster Reichenau, unweit Konstanz am Bodensee, wo Jünger des heiligen Benedikt eine berühmte Schule hielten und viele Jünglinge aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes zusammenströmten, um unter der Leitung der frommen und gelehrten Mönche den Wissenschaften obzuliegen. – Wolfgang wurde freundlich von dem Abt empfangen, schaute ihm doch die Unschuld aus den Augen und kindliche Offenheit und Wissbegierde aus dem Gesicht. Bald machte er auch im Kloster große Fortschritte, aber was noch mehr ist als dieses, er wurde mit dem Alter immer gottesfürchtiger, und ein Gegenstand der Achtung und Bewunderung für seine Lehrer, das schönste Beispiel für seine Mitschüler. Unter diesen war einer der ihm besonders zugetan war. Er war der Sohn des Grafen von Babenberg und Heneberg, und ein Bruder des Bischofs Popo von Würzburg, und hieß Heinrich. Dieser hatte den bescheidenen, stillen, demütigen und kenntnisreichen Wolfgang sehr lieb, schloss mit ihm die innigste Freundschaft und wandelte mit ihm den gleichen Weg der Gottseligkeit.

Fünf Jahre hatte Wolfgang im Kloster zugebracht, er war jetzt 17 Jahre alt, ein blühender Jüngling, schon reich an Kenntnissen, aber noch reicher an Gnade und Tugend. Sein Freund Heinrich sollte jetzt nach Würzburg ziehen, wo sein Bruder Popo eben eine neue Schule gegründet hatte. Aber ohne Wolfgang wollte er nicht ziehen; er drang also mit den freundlichsten Bitten in ihn, ihn zu begleiten, und wirklich wanderte Wolfgang, dürstend nach größerer Ausbildung in den Wissenschaften, um das Jahr 941 mit seinem Freund nach Würzburg.

Die Domschule dort war bereits in hoher Blüte. Magister Stephan aus Italien zog viele Jünglinge an sich. Auch Wolfgang und Heinrich hörten ihn. Nicht lange und Wolfgang machte so große Fortschritte in den Wissenschaften, dass ihn seine Mitschüler hoch achteten und sich von ihm bei schwierigen Stellen helfen ließen. Darüber wurde Magister Stephan, ein gelehrter, aber auch stolzer, hochstrebender Mann, eifersüchtig. Anfangs ließ er sich seinen Zorn nicht merken, als aber Wolfgang eines Tages bei der Erklärung einer dunklen Stelle ungemein viel Scharfsinn zeigte und seinen Mitschülern, die den gelehrten Magister nicht recht verstanden, eine bündige Erklärung gab, da brauste der aufgeblasene Mann heftig auf und geriet darüber so in Zorn, dass er Wolfgang unter Drohungen verbot, seine Vorlesungen ferner zu besuchen.

– Wolfgang duldete gelassen und gottergeben diese Demütigung und Verachtung, verließ aus Liebe zu seinem Freund Heinrich Würzburg nicht, verlegte sich aber von nun an mit unermüdetem Eifer auf das Studium der heiligen Schrift und schloss sich noch inniger an Gott an, der eben all diese Leiden ihm zum Heil gesendet hatte. – Er führte nun ein verborgenes Leben in Christo, betrachtete viel, ergab sich der Abtötung, empfing öfters mit glühender Andacht die heilige Kommunion, verehrte kindlich die heilige Gottesmutter Maria, und legte so den Grund zu seiner Heiligung. So gereichte ihm gerade das zu seinem Heil, was nach der Meinung seines hochmütigen Lehrers sein Verderben sein sollte und er lernte auch schon frühzeitig die Eitelkeit und Falschheit der Welt kennen, die auch den weisesten Menschen, wenn er nicht immer auf der Hut ist und um Licht und Kraft von oben bittet, auf den Weg des Verderbens führt.

Er beschloss daher, obschon im schönsten Alter stehend und von Gott mit hohen Gaben ausgerüstet, womit er in der Welt glänzen konnte, eben diese trügerische Welt zu verlassen und in Klosterseinsamkeit nur Gott dem Herrn zu dienen.

Kaum aber bemerkte dies Freund Heinrich, als er alles Mögliche aufbot, um ihn von diesem Schritt abzuhalten; noch dringender aber wurde sein Zureden, als er im Jahr 956 vom Kaiser Otto I. zum Erzbischof von Trier ernannt wurde. Er wollte sich von Wolfgang, den er so innig liebte, nicht trennen, und es gelang endlich seinem wiederholten Bitten, dass Wolfgang vorläufig bei ihm blieb und auch nach Trier mit ihm zog. Hocherfreut hierüber bot ihm der neue Erzbischof die höchsten Ehrenstellen in seinem Domkapitel an; allein der demütige Freund schlug alle diese Stellen aus. Das Einzige, wozu er seine Einwilligung gab, war die Übernahme der dortigen Domschule und zwar ganz unentgeltlich und ohne alle irdische Belohnung. Ihm war Gottes Lohn genug und die Aussicht, Christo Seelen zu gewinnen.

Wolfgang war nun Lehrer; viele Jünglinge waren um seine Lehrkanzel versammelt, denen er aber mehr mit seinem Beispiel als mit Worten den heilsamsten Unterricht gab. Er wusste gar wohl, dass die schönsten Worte nichts nützen, wo das gute Beispiel fehlt. Deshalb bemühte er sich denn auch, obwohl er noch nicht Priester war, mit der Übung der christlichen Tugenden und Werke seinen Schülern voranzuleuchten. – Er gab sich eifrig dem Gebet und dem Nachtwachen hin, enthielt sich des Genusses der Fleischspeisen, bediente sich einfacher Kleidung und rang mit aller Kraft seiner Seele nach Vollkommenheit. Dabei war er gegen seine Schüler wie ein Vater so liebreich und freundlich, er half ihnen, wo er konnte, und die Ärmeren unterstützte er heimlich, damit sie desto freudiger ihrem Beruf obliegen konnten. Solch frommen, heiligen Wandel seines Freundes Wolfgang beobachtete oft Erzbischof Heinrich im Stillen und es tat ihm weh, ihn nicht auf einem höheren Posten zu sehen. Vergeblich versuchte er es öfters, Wolfgang zu vermögen, eine bessere Stelle anzunehmen, wo er noch mehr Gutes stiften könnte. Wolfgang ließ sich nicht dazu bewegen. Er war mit seinem Stand zufrieden und wollte nicht mit einem höheren Amt auch eine größere Verantwortung auf sich laden. Ehre und Ansehen vor der Welt hatte er längst verachten gelernt, nach Reichtum verlangte sein Herz nicht; ihm war Gott und sein Wohlgefallen genug.

Da nun Erzbischof Heinrich sah, dass Bitten und Zureden nichts bewirkten, übertrug er ihm in Kraft des heiligen Gehorsams die Stelle eines Dechants der gesammelten Geistlichkeit an der Domkirche zu Trier und damit auch die Oberaufsicht über die Bildung der jungen Geistlichen, die sich auf den Priesterstand vorbereiteten.

– Sein demütiges Herz sträubte sich gegen diese Würde, er meinte ihrer nicht würdig und nicht gewachsen zu sein; allein der Befehl seines Oberhirten ließ ihm keinen Ausweg. Er gehorchte und übernahm dieses Amt mit dem festen Vorsatz, es nach Kräften zu verwalten. Er hielt auch Wort. Tag und Nacht arbeitete er an dem Heil der ihm anvertrauten jungen Geistlichen. Bei Nacht flehte er um Gnade und Licht für sie, bei Tage lehrte er sie die Wege der Gottseligkeit. Er brachte es dahin, dass sie gemeinsam zu Tisch gingen, schliefen, der geistlichen Lesung und der Betrachtung oblagen und ein wahrhaft geistliches Leben führten. Auch den Priestern leuchete er mit dem schönsten Beispiel voran, streng gegen die Lauen und Weltlich Gesinnten, war er voll Liebe gegen die Eifrigen. Bald erwachte unter den Priestern Triers ein neues Leben, und groß war der Nutzen, den das christliche Volk daraus zog.

Während so der heilige Wolfgang mit feurigem Eifer seines Amtes waltete, musste der Erzbischof Heinrich den Kaiser nach Rom begleiten. Dort ergriff ihn eine Krankheit, welche ihn den Tode nahe brachte. Aber auch in weiter Ferne und den Tod vor Augen vergaß Heinrich seines Freundes Wolfgang nicht. Er ließ den Kaiser an sein Sterbebett kommen, schilderte ihm die glänzenden Tugenden seines Jugendfreundes Wolfgang und bat ihn, Wolfang in seinen kaiserlichen Schutz zu nehmen; denn Heinrich sah wohl voraus, dass Wolfgang von den weltlich gesinnten Geistlichen Verunglimpfungen werde leiden müssen, da er sie mit fester Strenge immer im Zaum hielt. Heinrich starb eines gottseligen Todes und mit tiefstem Schmerz vernahm Wolfgang das Hinscheiden seines geliebten Freundes. Jetzt aber waren die letzten Bande, die ihn noch in der Welt zurückhielten, zerrissen; der Tod seines Freundes, der in vollster Manneskraft, hochgeachtet und geehrt von Kaiser und Reich, so schnell dahinschied, hatte ihn aufs Neue die Hinfälligkeit alles Irdischen kennengelehrt und so begann er denn seinen schon lange gehegten Wunsch auszuführen.

In einem Kloster wollte er der Welt gänzlich absterben. Allein auch jetzt wurde sein Verlangen nicht gleich erfüllt. Der Erzbischof von Köln, der von ihm so viel Rühmliches gehört hatte, rief ihn zu sich, um sich seiner zur Verbesserung seiner Geistlichkeit zu bedienen. Kein Mittel ließ der fromme Bischof unversucht, um ihn zurückzuhalten, die höchsten Würden trug er ihm an, allein vergeblich; Wolfgang blieb bei seinem Entschluss und bereitete sich nach einiger Zeit auch vor, diesen Entschluss auszuführen. Zuvor besuchte er noch seine Eltern, um sie um ihren Segen zu bitten. Er hatte mit ihnen einen harten Kampf zu bestehen. Die hochbetagten Eltern wollten ihn nicht ziehen lassen, allein Wolfgang widerlegte alle ihre Einwände und sprach unter anderem folgende schöne Worte zu ihnen:

„Das Erbteil, das ihr mir zugedacht habt, teilt unter euch; denn ich habe einen überaus mächtigen und reichen Herrn, der mir, wenn ich ihm treu dienen werde, ein großes Erbe verheißen hat; dieser ist es, der mir zurückgibt mein Erbe. Denn ich bin überzeugt, dass er mir ein hinreichendes Einkommen sichern wird, und ich auch euch eine Unterstützung gewähren kann. Ich bitte euch demnach, entreißt mir nicht durch Weinen und Wehklagen ein so großes Erbe, sondern bereitet vielmehr das Nötige zu meiner Abreise vor; denn ein solcher Hirt sucht keinen säumigen, sondern eifrigen Diener.“

Die guten Eltern verstanden ihn nicht, aber getröstet durch diese Worte und in der Hoffnung, ihr Sohn werde eine glänzende Zukunft in Aussicht haben, an der auch sie teilhaben würden, willigten sie endlich in sein Vorhaben ein und fragten ihn nach dem Namen und dem Ort seiner Wahl. Er aber sprach: „Für jetzt könnt ihr es noch nicht erfahren, später aber sollt ihr es wissen.“ Die Eltern gaben sich zufrieden, segneten ihn und ließen ihn ziehen.

In einem von dichten Waldungen umschatteten Tal in der Schweiz war vor nicht langer Zeit ein Kloster vom Orden des heiligen Benedikt gegründet worden... Hierher nach Maria Einsiedeln lenkte der heilige Wolfgang seine Schritte und bat den Abt Gregorius, dessen heiligmäßiger Wandel nah und fern bekannt war, um das Ordenskleid. Mit Freuden wurde ihm dieser Wunsch gewährt, denn auch sein Name war schon im Kloster bekannt. Mit dem Ordenskleid hatte er einen ganz neuen Menschen angezogen und in kurzer Frist übertraf er alle seine Mitbrüder in den schönen klösterlichen Tugenden des Gehorsams, der Demut und der Abtötung, und glücklich fühlte sich der fromme Abt, einen so kostbaren Schatz an Wolfgang in seinem Kloster zu besitzen.

Eines Tages kam der heilige Bischof Ulrich von Augsburg zu Besuch in das Kloster. Sogleich bemerkte der heilige Bischof den neuen Mönch Wolfgang. Ihm gefiel seine Bescheidenheit, seine Demut und Einfalt und als er vernahm, dass er noch nicht zum Priester geweiht sei, befahl er ihm, sich auf diese heilige Weihe vorzubereiten. Wie aber erschrak da der Heilige! Er hielt sich dieser hohen Würde nicht für wert, warf sich dem Bischof zu Füßen und bat ihn, seiner zu schonen und ihn als einfachen Mönch leben und sterben zu lassen. Doch der Bischof ließ sich nicht bewegen und Wolfgang wurde nach einiger Zeit, die er mit größtem Eifer zur Vorbereitung benützte, von ihm zum Priester geweiht. Nun Diener des Allerhöchsten, entbrannte sein Herz zu immer größerer Liebe; weit auf tat sich sein reines Herz; mit heiliger Inbrunst brachte er sich Gott zum vollkommenen Opfer dar und sein innigster Wunsch war von nun an, sich auch dem Heil seiner Mitmenschen zu weihen und den Heiden, deren des damals in Ungarn an den Ufern der Donau noch viele gab, den Namen Jesu zu verkünden.

Schon seit längerer Zeit verehrte er außer der allerseligsten Jungfrau, die er von Kindheit an liebte, auch den heiligen Abt Othmar. Einst in stiller Nachtstunde mit dem Gedanken beschäftigt, den Heiden die gute Botschaft zu bringen, flehte er inbrünstig zu diesem Heiligen um seinen Beistand. Der Schlaf überwältigte ihn und er sah nun in einem Gesicht den heiligen Othmar vor sich stehen, der ihn also anredete:

„Weil du mich so oft gebeten hast, für dich am Thron Gottes zu bitten, so will ich dir Einiges offenbaren, was dir in Zukunft noch begegnen wird. Arm und dürftig wirst du aus dieser Gegend wegziehen, aber in einer anderen, wo du um der Liebe des Herrn willen wie ein Fremdling leben wirst, durch göttlichen Ratschluss ein einträgliches Bistum erhalten. Wenn du das heilige Amt würdig verwaltest, wirst du nach 22 Jahren dieses vergängliche Leben enden und in das Ewige eingehen. Und auch das sollst du wissen, dass du an einem Ort sterben wirst, an dem von den Christen mein Gedächtnis gefeiert wird; dort werde ich mit noch anderen Himmelsbürgern in der Todesstunde dir beistehen.“

Durch dieses Gesicht in seinem Vorhaben neu bestärkt, entdeckte er sich dem Abt Gregorius und erhielt von ihm die Erlaubnis, nach Ungarn zu ziehen und den christlichen Glauben dort predigen zu dürfen. Mit einigen Begleitern machte er sich auf den Weg, wanderte unbekannt, einem Verbannten gleich, durch sein Vaterland, dem heutigen Bayern, zu und wendete sich von da aus als Glaubensprediger nach Ungarn. Hier verweilte er ein Jahr, mit allem Eifer das Evangelium verkündend. Allein all sein Bemühen, dieses durch Krieg und Raubzüge verwilderte Volk für die milde Lehre Jesu empfänglich zu machen, scheiterte fast gänzlich. Gott wollte nämlich die Bekehrung dieses Volkes einem anderen seiner Diener vorbehalten, dem heiligen Wolfgang aber ein anderes Feld für seinen Eifer anweisen. Bischof Pilgrin von Passau, zu dessen Sprengel Ungarn gehörte, rief Wolfgang zurück; dieser gehorchte und weilte bei diesem frommen Hirten einige Zeit.

Gerade um diese Zeit, im Jahr 972, starb der Bischof von Regensburg, Michael. Pilgrin, der wohl wusste, wie sehr das Bistum Regensburg eines tüchtigen Oberhirten benötigte, warf sein Auge auf Wolfgang. Er hatte, obwohl Wolfgang seine Tugenden, seine Gelehrsamkeit und seinen glühenden Eifer für das Heil der Seelen unter dem Mantel der Demut verbarg, doch an ihm die schönsten Eigenschaften für einen Bischof bemerkt und brachte es bei dem Kaiser Otto I. dahin, dass dieser den heiligen Diener Gottes zum Bischof von Regensburg ernannte und Gesandte nach dieser Stadt schickte, welche die Wahl auf ihn lenken, ihn nach Regensburg geleiten und dann zu ihm nach Frankfurt führen sollten.

Nur mit Schrecken vernahm der Heilige den Antrag der Gesandten und nur mit Widerwillen und aus Gehorsam gegen den Kaiser ging er nach Regensburg, alles Gottes weiser Vorsehung überlassend. Dort wurde er einstimmig von Geistlichkeit und Volk zum Bischof gewählt und musste nun nach Frankfurt an das kaiserliche Hoflager ziehen. Noch hoffte er den Kaiser und seine Wahl umstimmen zu können. Er warf sich ihm demütig zu Füßen und stellte ihm unter einem Strom von Tränen vor, wie er zu dieser Würde nicht würdig und fähig und zudem auch noch die Einwilligung seines Abtes notwendig sei. Doch der Kaiser ließ sich auf keine Weise bewegen, den Bitten des Dieners Gottes Gehör zu geben. Er bestätigte seine Wahl und auch der Abt des Klosters Einsiedeln erteilte ihm den Befehl, sich der göttlichen Anordnung nicht zu widersetzen und die bischöfliche Würde anzunehmen.

Nachdem Wolfgang Bischof war, wollte er es auch von ganzer Seele sein. Zuerst fing er bei sich selbst an. Die bisherige einfache, ja arme Lebensweise behielt er bei. Immer trug er das demütige Ordenskleid, äußeren Glanz achtete er nicht. Weil er wusste, dass der Mensch aus sich selbst nichts vermöge, warf er sich mit vollster Ergebung in die Arme Gottes, unaufhörlich flehend um seinen Beistand. Hierauf sah er sich um den Zustand seiner Herde um. Aber ach, wie blutete ihm das Herz, als er fast überall Lauheit und Zuchtlosigkeit antraf. Auch die Geistlichkeit war davon angegriffen und selbst in die Klöster war die Unordnung eingedrungen; das gemeine Volk war sittenlos, weil es von seinen Hirten vernachlässigt worden war, nirgends sah es Erfreuliches, überall war Betrübendes. Zudem war auch sein Bistum so groß, es erstreckte sich damals über ganz Böhmen. Wie sollte er allein so viele Schäden bessern, ein so weit ausgedehntes Bistum regieren? Doch er vertraute auf Gott, und da er keinen Ehrgeiz kannte und nur das Heil der Seelen im Auge hatte, gereichte es ihm zur großen Freude, als auf Antrag des Kaisers Otto II. das Bistum Prag errichtet und ihm so die Last und Verantwortung erleichtert wurde. Nachdem er die Teilungsurkunde unterzeichnet hatte, wandte er seine Augen auf das Kloster St. Emmeran in Regensburg, wo die Zucht erschlafft und der Ordensgeist fast ganz erloschen war. Er gab dem Kloster in der Person des ehrwürdigen Namvold einen tüchtigen Abt. So ging es bald im Kloster zum Besseren; Zucht, Ordnung und Wissenschaft blühten wieder auf, die Armen fanden reichliche Unterstützung und die Stadt vielfachen Nutzen. Eine ähnliche Verbesserung bedurften die Frauenklöster Ober- und Niedermünster in Regensburg. Auch dort war Lauheit und Sittenlosigkeit eingerissen. Der Bußgeist war daraus verschwunden. Bischof Wolfgang führte das klösterliche Leben nach der Regel des heiligen Benedikt unter ihnen ein und bald hatte er die Freude zu sehen, wie die Nonnen ihre bisherige Lauigkeit verließen und immer sittenreiner und vollkommener vor den Augen Gottes wandelten.

In Mittelmünster zu St. Paul ließ der heilige Wolfgang aus seinen Einkünften ein Kloster bauen. Während des Baus ereignete sich das Wunder, dass eine besessene Frau, die zu ihm gebracht wurde, durch das Gebet des Bischofs vollkommen geheilt wurde.

Dies geschah nach seiner Rückkehr aus der Einsamkeit, in welche er sich um das Jahr 975 begeben hatte. Wolfgang hatte nämlich durch seinen heiligen Lebenswandel, durch seinen Eifer für die Sache Gottes und das Heil seiner Herde durch den lebendigen Giest der Frömmigkeit und Gottesfurcht und besonders durch sein leutseliges, demütiges und liebreiches Benehmen gegen Hohe und Niedere die allgemeine Verehrung erworben, aber eben diese Hochachtung tat seinem demütigen Herzen weh. Dazu kommen noch die Unruhen, welche Herzog Heinrich III. erregte, der sich sogar gegen den Kaiser empörte und selbst nach der Kaiserkrone strebte. Diese Unruhen, die Scheu vor der Achtung der Welt und der Drang seines Herzen nach einem abgeschiedenen Leben brachten ihn dahin, dass er plötzlich und geheim Regensburg verließ und auf dem Falkenstein, einer Gebirgskuppe nahe bei dem Obersee im Salzburgischen, eine einsame Zelle bezog, die ihn vor Regen und Schnee schützte und wo er nun ein stilles, verborgenes Leben führen wollte. Eine Wasserquelle, die er mit seinem Stab aus der Erde lockte, löschte seinen Durst, Kräuter und Erdfrüchte waren seine Nahrung, das Gebet aber und die Betrachtung seine Wonne und sein Trost.

Doch auch hier verweilte der Heilige nicht lange, er fürchtete entdeckt zu werden. Deshalb verließ er seine Zelle und bestieg einen, dem Falkenstein gegenüberliegenden Berg, von wo aus man das am See gelegene, benachbarte Tal übersah. Hier warf er sich auf die Knie, um von oben Erleuchtung sich zu erflehen, wo er dem Allerhöchsten am Vollkommensten dienen könnte.

Er erhob sich, trat auf eine Felskuppe, schwang sein Handbeil, womit er Holz zur Zelle gefällt hatte, und warf es in das Tal hinab in der Absicht, da, wo er es finden würde, eine Zelle sich zu bauen. Das Beil rollte in die Tiefe hinab und, als er es nach längerem Suchen im schattigen Tal auf einem Hügel neben dem Obersee eine Stunde von der Höhe des Berges gefunden hatte, erbaute er sich eine kleine Zelle. Danach baute er aus Holz ein kleines Kirchlein mit einem Altar daneben und weihte es dem Heiligen Johannes dem Täufer zu Ehren. Hier in tiefer Einsamkeit verlebte der Heilige drei Jahre. Was er hier mit seinem Gott und Herrn im Gebet verhandelte, welche Gnaden ihm da gegeben wurden, welche Wonnen er genossen hat, das ist aufgezeichnet im Buch des Lebens.

Der Heilige dachte nicht mehr daran, seine geliebte Einsamkeit zu verlassen und wieder in die gefahrvollen Stürme der Welt hinauszutreten. Doch Gott hatte es anders beschlossen. Er erhörte das Flehen der verwaisten Herde des heiligen Bischofs. Ein Jäger entdeckte ihn und sogleich verbreitete sich die frohe Kunde nach Regensburg, dass Wolfgang noch lebe. Eine ansehnliche Gesandtschaft machte sich sogleich auf den Weg in die Einöde und ließ nicht nach mit Bitten und Flehen, bis der Heilige mit ihnen zog. Es war das Jahr 978, als der heilige Bischof unter dem Jubel des Volkes in Regensburg einzog und seinen Hirtenstab wieder ergriff, um nach Gottes Willen seine große Herde weiter zu weiden.

Herzog Heinrich II., früher wegen seines unruhigen Geistes „der Zänker“ genannt, aber im späteren Alter wegen seiner Milde und Sanftmut, die er sich im heißen Kampf errungen hat, „der Friedfertige“ genannt, hatte vier Kinder, zwei Knaben, Heinrich und Bruno, und zwei Mädchen, Gisela und Brigida. Ihnen eine fromme, gediegene Erziehung zu verschaffen, war seines Herzens Verlangen. Er hatte schon oft den heiligen Bischof Wolfgang im Stillen beobachtet, seine Tugenden bewundert und war von tiefer Achtung gegen ihn durchdrungen. Oft lud er den heiligen Mann in seine Burg, um mit ihm über Religion und Angelegenheiten des Landes zu sprechen und sich und seine Kinder segnen zu lassen. Bei einem Besuch nun bat er den Heiligen, die Erziehung seiner Kinder zu übernehmen. Wolfgang sagte zu und entsprach vollkommen den guten Absichten des Herzogs.

Welch tiefe, heilige Furcht vor Gott, welche innige Liebe zu ihm, dem Allerhöchsten, welchen Eifer für alles, was gut und wohlgefällig ist vor Gott, Wolfgang in die zarten Herzen der vier Kinder einpflanzte, das magst du, lieber leser, daraus ersehen, dass Heinrich und Gisela als Heilige verehrt werden, Bruno und Brigida gleichfalls im Ruf der Heiligkeit starben.

– Öfter, wenn der Heilige mit den herzoglichen Kindern sich unterredete, sagte er freundlich zu ihnen: „Du Heinrich, wirst ein König, du, Bruno, ein Bischof, du, Gisela, eine Königin, und du, Brigida, eine Äbtissin werden.“ Und wirklich traf das Gesagte ein. Heinrich wurde deutscher König und nachher römischer Kaiser, Gisela Königin von Ungarn, Bruno, Bischof von Augsburg und Brigida, Äbtissin von St. Paul in Regensburg.

Es lag dem heiligen Bischof nicht bloß die Erziehung der herzoglichen Kinder am Herzen, sondern noch weit mehr das Heil aller ihm anvertrauten Seelen. Nichts entging seinem wachsamen Auge; seinen Geistlichen war er ein leuchtender Spiegel, die Domherren bewog er, dass sie wieder wie vorher gemeinschaftlich lebten, den Chor gemeinsam beteten und ein erbauliches Leben führten. Die Domschule nahm er unter seine besondere Aufsicht. Die Lehrer trieb er zum Eifer an, die Schüler mussten ihm ihre Studierhefte und verfertigten Aufgaben vorlegen. Die Fleißigen belohnte er, die Nachlässigen wurden getadelt. So oft er konnte, besuchte er die Pfarreien auf dem Land. Mit glühender Andacht feierte er in den Kirchen seines Bistums die heilige Messe.

Alles drängte sich herbei, um ihn zu sehen und seine Predigten zu vernehmen, die er in einfacher, aber eindringlicher Sprache an das Volk hielt. Überall erwachte der erstorbene Glaube zum neuen Leben, die Laster verschwanden, die Tugend kam wieder zu Ehren. Was vermag doch nicht ein einziger Mann, der wahrhaft vom Geist Gottes erfüllt ist und nichts als die Ehre Gottes und das Heil der Seelen sucht!

Je weiteren und tieferen Boden aber das christliche Leben gewann, desto ergrimmter wurde der Feind alles Guten. Einmal predigte, wie gewöhnlich, der heilige Bischof zu Regensburg dem Volk das Wort Gottes. Da erregte Satan plötzlich einen heftigen Sturm in der Luft mit schrecklichem Getöse. Auf dem Kirchendach entstand ein unerhörtes Krachen, in der Kirche selbst erhob sich ein heftiger Staub-und Nebelwind, so dass die meisten bei hellem Tag nichts mehr sahen. Das Volk geriet dadurch in die größte Angst und alles lief durcheinander, um sich aus diesen Schrecken zu retten. Es entstand ein wildes Geschrei. Bald riefen einige: „Es brennt in der Stadt!“ Bald hörte man: „Es ist ein Aufruhr und viele werden gemordet!“ Zuletzt stürzte alles Volk zu den Türen hinaus und der Gottesdienst war völlig gestört.

Der Bischof allein aber blieb unbeweglich. Er kannte des bösen Feindes Tücke und betete:

„Herr Jesus Christus! Gib deinen Gläubigen nach deiner gewöhnlichen Güte die Gnade, dass sie heute den Ruhm deines Namens und die Schmach des Teufels sehen.“

Kaum hatte er geendet, da war plötzlich der Sturm gestillt, die Luft rein und alles Volk eilte wieder zur Kirche zurück. Der heilige Diener Gottes setzte den Gottesdienst fort und Gott gab seinen Worten solche Kraft und Salbung, dass alle Anwesenden auf das Tiefste gerührt wurden und diese Predigt bleibende Früchte brachte.

Wolfgang hatte sich die Gnade des Herrn durch seinen heiligen Wandel und seine erbarmende Liebe zu den Armen und Bedrängten erworben. Wie andere nach Ehre strebten, so strebte er nach Demütigung; die Weltkinder lieben Pracht und Glanz, er aber liebte die Armut; die Weltkinder tun Stolz mit ihren Werken, er aber suchte sie zu verbergen; die Weltkinder reden gerne von sich, prahlen und brüsten sich, er aber liebte das Stillschweigen; die Weltkinder verachten andere, er aber verachtete niemanden, als sich selbst. Er hielt sich immer für einen unnützen Knecht und sehnte sich nach Einsamkeit, um seine Seele zu retten. Ein hartes Lager war sein Ruhebett, ein rauhes Ordenskleid seine Bedeckung, nur wenig Speise genoss er, bessere Speisen und Getränke verschmähte er.

Frühmorgens traf man ihn im Chor, zur Nachtzeit lag er vor den Altären auf den Knien und betete. Mit heiligem Hunger trat er täglich zum Altar, um Jesu Fleisch und Blut zur Stärkung seiner Seele zu genießen. Betete er nicht oder ließen es seine Amtsverrichtungen zu, dann studierte er. Selbst während des Essens musste vorgelesen werden. War das gemeinsame Abendchorgebet geendet, dann hörte man kein Wort mehr aus seinem Mund, nur mit Gott beschäftigte er sich in stiller Andacht, bis der Schlaf seine Augen schloss.

Seine erbarmende Liebe gegen die Armen, Kranken und Notleidenden kannte keine Grenzen. Wer immer Trost, Rat, Hilfe bedurfte, fand sie bei ihm. Die Armen nannte er seine Herren und Brüder. Täglich speiste er eine Anzahl Bettler in seiner Wohnung und war selbst beim Essen zugegen. Kamen mehr Arme als gewöhnlich, dann nahm er die Ärmsten hiervon zu Tisch, keiner aber wurde abgewiesen, aller erhielten Almosen. Sogar in ihre Wohnungen ließ er Almosen tragen und zwar gewöhnlich so im Stillen und Geheimen, dass sie nicht wussten, von wem diese gute Tat komme.

Der heilige Bischof hatte in all seinem Tun und Lassen nur Gottes heiligen Willen im Auge. Wer aber Gottes Willen tut, dessen Wille tut auch Gott. Deshalb darf man sich nicht wundern, wenn der heilige Bischof so viel bei Gott ausrichtete und sein Gebet oft so wunderbar Erhörung fand. Bald nach seiner Rückkehr aus der Einsamkeit am Obersee geschah es, dass Kaiser Otto II. in einen Krieg mit Lothar, König von Frankreich, verwickelt wurde. Schon hatte das französische Heer die kaiserliche Burg in Aachen in seiner Gewalt und feierte mit Jubel diesen Sieg, als Kaiser Otto mit einem ansehnlichen Heer heranrückte, das Frankenherr aus Aachen vertrieb und es bis Paris verfolgte. Auf diesem Zug musste den Kaiser Bischof Wolfang begleiten; denn der Kaiser achtete ihn ungemein hoch und schenkte ihm sein ganzes Vertrauen.

Dieses Vertrauen des Kaisers auf den Heiligen blieb aber nicht unbelohnt. Als nämlich die kaiserlichen Soldaten auf ihrer Rückkehr zu dem Fluss Aime kamen, gerieten sie in die größte Gefahr. Hinter ihnen war der Feind, vor ihnen der Fluss, dessen Wogen, von vielen Regengüssen hoch angeschwollen, sich über das Ufer ergossen und den Übergang unmöglich machten, so dass viele ertranken. In dieser Gefahr erscheint der heilige Wolfgang, richtet seinen Blick zum Himmel, betet, segnet dann das ganze Heer und befiehlt, ohne Furcht über den Strom zu setzen.

– Allein niemand getraut sich den Befehl zu vollziehen. Da stürzt sich Wolfgang selbst in die brausende Flut und im Vertrauen auf die Hilfe des Herrn durchwatet er den reißenden Strom, und erreicht wohlbehalten das jenseitige Ufer. Seinem Beispiel folgt jetzt das ganze Heer und alle übersetzen den Fluss unverletzt. Erstaunt über diese wunderbare Rettung dankten Offiziere und Soldaten dem Heiligen; dieser aber flehte sie an, hierüber zu schweigen und Gott allein die Ehre zu geben.

– Da man wusste, dass der heilige Bischof durch sein Gebet so viel bei Gott vermöge, so wandten sich Bedrängte häufig an ihn, um Hilfe zu finden. Und sie fanden auch, was sie suchten. Die Kranken wurden geheilt, wenn er ihnen die Hände auflegte oder wenn sie vom Brot aßen, das er gesegnet hatte; die Teufel wichen von den Besessenen, wenn er ihnen im Namen Gottes gebot, zu fliehen, und selbst in weiter Ferne wirkte sein Gebet und half denen, die sich ihm anempfahlen. Das größte Wunder aber war der heilige Mann selbst, wegen seiner ausgezeichneten Tugenden und seiner wahrhaft apostolischen Lebensweise. Er hatte sich wahrhaft wie ein Licht im Dienst des Herrn und seiner heiligen Kirche verzehrt.

Bereits hatte er 22 Jahre den Oberhirtenstab geführt zum Heil für Tausende und er konnte von sich sagen, was der heilige Apostel Paulus am Ziel seiner Laufbahn ausgerufen hat:

„Ich habe einen guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt; im Übrigen ist mir die Krone der Gerechtigkeit hinterlegt, welche mir an jenem Tag geben wird der Herr, der gerechte Richter.“ [2 Tim 4,7.8].

Diese herrliche Krone, welche Jesus allein seinen treuen Dienern verheißen hat, sollte ihm auch zuteil werden.

Ein dringendes Geschäft rief ihn nach den bischöflichen Gütern um Pechlarn in Niederösterreich, das er zum Besten seiner Kirche persönlich besorgen wollte, obwohl sein Körper von den vielen Arbeiten geschwächt war und hohes Alter seine Kräfte gemindert hatte. Im Vorgefühl seines nahen Todes hatte er sich durch anhaltendes Gebet und strenges Wachen auf diese letzte Reise vorbereitet und reichliches Almosen, ja alles, was er hatte, den Armen in den Schoß gelegt. Noch meinte er Kraft genug zu besitzen, die weite Reise vollenden zu können, allein als er die Donau hinabfuhr, überfiel ihn ein heftiges Fieber, das ihn nötigte, bei Pupping, einem Flecken in Oberösterreich, zwischen Linz und Passau, oberhalb Aschach, Halt zu machen und ans Land zu steigen.

Das Ende seines irdischen Lebens

Er erkannte nun durch Erleuchtung von oben, dass sich jetzt alles erfüllen werde, was ihm einst zu Einsiedeln der heilige Othmar vorausgesagt hatte. Hier war es, wo er seinen Geliebten Hausmeier Tagino, einen Priester nach dem Herzen Gottes, an das Herz drückte und ihm voraussagte, dass er nach zehn Jahren die bischöfliche Würde erlangen werde. Dann ließ er sich in die Kirche tragen, die zur Ehre des heiligen Othmar eingeweiht war, und vor dem Altar auf den bloßen Boden legen. Hier empfing er mit der feurigsten Inbrunst die heiligen Sakramente der Buße und des Altares, ermahnte mit den rührendsten Worten eines sterbenden Vaters alle Anwesenden zu einem gottseligen Lebenswandel, empfahl alle Gläubigen seines Bistums dem Schutz Gottes und seiner Heiligen, und legte dann sein mattes Haupt nieder, um zu sterben.

Alles drängte sich jetzt in die Kirche, um den heiligen Bischof im letzten Augenblick zu sehen. Da suchten die Kirchendiener die herbeiströmende Menge hinauszuschaffen, damit des Heiligen Ruhe nicht gestört werde. Er aber merkte dies und sprach:

„Öffnet die Türen und hindert niemanden, hereinzugehen; - denn sterben ist keine Schande. Schande bringt nur schlechtes Leben. Wir müssen einmal dieses Gesetz der Natur erfüllen, da der Herr des Lebens selbst sich nicht geschämt hat, für die Sünden der Welt nackt am Kreuz zu sterben. Es mag daher jedermann in meinem Tod ersehen, was er in seinem eigenen Tod zu fürchten habe. Es wolle sich der Herr meiner, als eines armen Sünders und eines jeden erbarmen, der mich mit zerknirschtem Herzen und mit Furcht vor seinem eigenen Tod sterben sieht.“

Nach diesen Worten schloss der Heilige sanft die Augen und entschlief im Herrn am 31. Oktober 994.

Die Ruhestätte seiner hl. Gebeine

Nach seinem Tod wurden die Gebeine des heiligen Bischof in die Stiftskirche zu St. Emmeran in Regensburg überführt. Wolfgang wurde am 7. Oktober 1052 von Papst Leo IX. heilig gesprochen. Anlässlich der Heiligsprechung wurden die Gebeine des Bischofs in die damals neu errichtete Wolfgangskrypta unter der Basilika St. Emmeram überführt. Sie ruhen dort seit 1877 in dem vergoldeten Wolfgangsschrein, der jedes Jahr anlässlich der Wolfgangswoche des Bistums Regensburg in die Basilika oder eine andere bedeutende Kirche des Bistums überführt wird. Der heilige Wolfgang gilt als Diözesanpatron des Bistums Regensburg.


Eine merkwürdige Erscheinung,

kann ich zu deiner Erbauung, lieber Leser, und zur Ehre des heiligen Bischofs Wolfgang nicht übergehen. Kaiser Heinrich hatte gegen seinen Erzieher, den heilgien Bischof, stets die tiefste Ehrfurcht gehegt. Hatte er an ihm ja den reichsten Samen der schönsten Tugenden ins Herz gepflanzt und ihn zu einem heiligen Leben angeregt. Als inniger Verehrer des heiligen Wolfgang fand er sich öfter an seinem Grab ein, um mit Inbrunst seine Fürbitte anzuflehen. Noch jetzt zeigt man am Eingang in der Kirche von St. Emmeran den steinernen Stuhl, wo der fromme Kaiser sich niederließ, wenn er frühmorgens kam und die Türe noch verschlossen fand. Als er noch Herzog war, schien es ihm einmal im Schlaf, als gehe er zum Grab des heiligen Wolfgang, um dort zu beten. Plötzlich sieht er den heiligen Bischof vor sich stehen, der ihn mit folgenden Worten anredet:

„Sieh genau die Worte an, die hinter meinem Grab auf der Mauer geschrieben stehen.“
Die Worte hießen:
„Post sex“ – „nach sechs.“

Hierauf erwachte Heinrich. Lange nachsinnend über diese Worte hatte er zuletzt keinen anderen Gedanken, als dass er nach sechs Tagen sterben würde. Er ergab sich in den Willen Gottes und bereitete sich durch Gebet, Buße und Almosen auf seinen nahen Tod vor. Als er sich aber nach sechs Tagen noch wohl und gesund sah, deutete er jene „sechs“ auf sechs Wochen, und verwendete auch diese Zeit auf ernstliche Vorbereitung. Als aber auch diese Frist verstrichen war, meinte er, dass er nach sechs Monaten sterben müsse. Aber auch hierin getäuscht, zweifelte er nicht mehr, dass unter jenen „sechs“ so viele Jahre zu verstehen seien, und übte sich in dieser ganzen Zeit in Werken der Gottseligkeit, ohne dabei die Pflichten seines Berufes als Regent zu vernachlässigen. Doch auch sechs Jahre verflossen und noch immer erfreute er sich der besten Gesundheit.

Jetzt aber enthüllte sich der dunkle Sinn der Worte. Im siebten Jahr nach der Erscheinung wurde er zu Mainz, und zwar am 6. Juni 1002, im 30. Jahr seines Alters, von den Reichsständen als deutscher Kaiser ausgerufen und vom Erzbischof von Mainz gekrönt. Die ganze Zeit aber, welche der Heilige auf die Vorbereitung zum Tode verwendete, war für ihn nicht verloren. Er legte damit den Grund zu seiner nachmaligen Heiligkeit.

– Merke dir aber, christliche Seele, aus dieser Geschichte, dass das ernste Andenken an den Tod und besonders der Gedanke: „Ich kann jeden Augenblick sterben“, von überaus großem Nutzen für dein Seelenheil ist und vergiss nicht, alle Tage wenigstens nach dem Erwachen am Morgen und abends vor dem Schlafengehen die Frage an dich zu stellen: „Wenn ich jetzt, wenn ich heute, wenn ich diese Nacht sterbe, wie wird es mir ergehen; wie stehe ich mit Gott?“

Worte des heiligen Wolfgang

  • Almosen bedeutet Barmherzigkeit oder ein Werk der Barmherzigkeit; und unter diesem Namen lassen sich alle Werke der Gutherzigkeit zusammenfassen. Mit Recht übt der ein Werk der Barmherzigkeit aus, der es zuerst sich und seinen Untergebenen an einem gottgefälligen Wandel nicht fehlen lässt und dann auch seinen Nächsten zu unterstützen nicht unterlässt, dem Ausspruch des Apostels gemäß: So lange wir Zeit haben, lasst uns allen Gutes tun.
  • Was nützt es, das Kleid der Heiligkeit zu tragen, wenn es an den Werken der Heiligkeit fehlt! – Nur böser Taten wegen müssen wir uns schämen.

Gebet

O Herr Jesus Christus, verleihe auch mir die Gnade, dass ich, wie dein Diener Wolfgang, immer deine Ehre und das Heil meiner Seele, immer deinen Willen und niemals den meinen im Auge habe und befolge. Amen.


(Quelle: nach Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes. Regensburg 1884 von FJM überarbeiteter Fassung)