Klosterregel

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Mittel und Zweck

In einem Orden eintreten heißt: Sich zum Dienste Gottes verpflichten. Daraus ergeben sich zwei Elemente des religiösen Lebens: die Bande und die Arbeit. Die Bande sind in den Gelübden enthalten, die Arbeit wird durch die Regel angezeigt. Wir haben gesehen, was die Gelübde und warum sie da sind, sehen wir nun, was die Regel, und sie da ist. Die Regel hat zum Zweck, demjengen, der sich ihr unterwirft, die besonderen Dienstbedingungen, welche Gott stellt, vor Augen zu halten und ihn zu diesem Dienste tauglich zu machen. Sie ist also dermaßen gestaltet und ihn zu diesem Dienste tauglich zu machen. Sie ist also dermaßen gestaltet, dass sie sowohl die Arbeit bestimmen, als auch den Ordensmann zu dieser Arbeit befähigen kann. Sie begnügt sich nicht, die Arbeit zu zeigen, sie setzt instand, dieselbe auszuführen. Um eine Regel zu verstehen, müssen wir sie also von diesem doppelten Gesichtspunkte aus betrachten: 1. Als Mittel, wodurch die für Gott zu geschehene Arbeit bestimmt wird; 2. Als Mittel, wodurch die Seele des Ordensmannes zu dieser Arbeit vorbereitet und fähig gemacht wird.

Enstehung der Regeln:

Durch die Wirkung des Heiligen Geistes und Approbation der Kirche.
Der Heilige Geist, welcher nach der Verheißung des Erlösers bei der Kirche bleibt und in jedem Gläubigen wohnt, verrichtet darin unaufhörlich das Werk Gottes.
Es erweckt die heiligen Seelen und gibt ihnen die Stiftungen ein, welche die Kirche dann berufen ist, zu prüfen und zu genehmigen. Ist eine Regel unter Antrieb des Heiligen Geistes entstanden und durch die Approbation der heiligen Kirche anerkannt worden, so trägt sie das zweifache authentische Gepräge des Göttlichen.
Und Gott beruft die Seelen dieser Regel gemäß, d. h. er beruft sie, um zu seiner Ehre die Werke zu verrichten, deren Form durch die Regel bestimmt wird. Und die berufenen Seelen müssen sich nach dieser Regel richten, ihren Weisungen folgen, um dadurch die ihnen von Gott zuerteilte Aufgabe zu erfüllen. So entstehen die Regeln je nach den Erfordernissen des sich stets entwickelnden Lebens der Kirche. Die Berufungen entsprechen den Regeln, die Regeln den Nöten der Kirche und wenn die Seelen ihrem Beruf entsprechen, so befindet sich der religiöse Orden auf der Höhe seiner Bestimmung.

Wert

Indem die Regel den auserwählten Vokationen ihren Teil Arbeit im großen Werke der Einverleibung der Seelen in Christus anweist, wird sie für die Seele der Ordensperson sowohl als auch für die Kirche eine unvergleichliche Garantie der Lebensfähigkeit.
O, wie sehr muß die Seele, welche berufen ist, ihre Regel lieben, sie treu umfassen, hochherzig befolgen, ihren Anforderungen sich unterwerfen, sich nach ihr in allen Punkten richten!

  • Der Wert der Ordensperson bemisst sich nach seiner Regel; durch sie und in ihr ist er alles; ohne sie ist sie nichts. Durch sie wird sie ein nützliches Glied im Leibe Christi; ohne sie ist sie nur ein verdrehtes und hinsterbendes Glied.
  • Mit ihr ist sie berufen, Großes zu tun und führt es aus; ohne sie kann sie nur sich selbst und der Kirche schaden.
  • Mit ihr verwertet sie die Lebenskräfte, die sie hat, weil ihre Fähigkeiten infolge des Berufes imstande und bestimmt sind, gemäß der in seiner Regel enthaltenen Form sich zu entwickeln und zu üben.
  • Durch sie leistet sie der Kirche die Dienste, die sie von ihr erwartet, denn Beruf und die Beschaffenheit der Regel entsprechen genau den augenblicklichen Bedürfnissen der Kirche.

So ist die Regel sowohl für die Kirche als für den Religiosen von hohem Werte.
Für die Kirche, weil sie die Ausführung der ihr zum Zwecke ihrer Fruchtbarkeit unentbehrlichen Arbeit sichert, für den religiosen, weil sie ihm eine Arbeit unter den seinem Beruf entsprechenden bedingungen garantiert. Das ist auch der Grund, warum die Kirche eine so lebhafte Fürsorge und der Ordensmann eine so entschiedene Vorliebe für die Regel an den Tag legt.

Form

„Jede Kraft wirkt gemäß ihrer Form“, so der heilige Thomas. So brennt das Feuer, das Wasser wäscht, das Licht erleuchtet. Ein Siegel bringt das Gepräge wieder, welches darauf steht und nicht ein anderes; aus einer Leuchterform kann keine Statue hervorgehen. – „Sammelt man denn Trauben von den Dornen, oder Feigen von den Disteln“, sagt der Heiland. Gott, der sich in den Seelen Mittel seiner Glorie bereitet, bestimmt für dieselben eine Form, in welcher sie die Gestalt annehmen sollen, kraft deren sie wirken müssen. Denn er erwartet nicht eine beliebige Tätigkeit von einer Seele, der er einen bestimmten Beruf verliehen hat. Gibt er ihr einen besonderen Beruf, so will er auch, dass sie auf eine bestimmte Art tätig sei, dass sie ein bestimmtes nützliches Resultat erziele, dass sie ihrerseits unter einer bestimmten Form und in einem Maße am großen Werke seiner Glorie arbeite. Will also eine Seele der Absicht Gottes entsprechen, so muß sie sich in die Form Gottes werfen. Warum? Um die Gestalt zu erhalten, kraft deren sie handeln soll und ohne welche ihre Handlung Ziel und nutzlos wäre. Verlangt ein Kaufmann Statuen von der Mutter Gottes, so ist ihm nicht gleichgültig, wenn der Fabrikant ihm dafür solche vom hl. Johannes schickt, die er im Augenblick gar nicht gebrauchen kann. Und besonders will er keine hässliche, ungestaltete Figuren haben, wenn er gut gefertigte bestellt. Ebensowenig ist Gott damit einverstanden, eine Arbeit für eine andere anzunehmen. Wäre es den Seelen freigestellt, nach Belieben die eine oder andere Form anzunehmen, zu wechseln und nach ihrem Gutdünken zu handeln, so gäbe es keinen Beruf.

Regelformen

Wegen der zu geschehenden Arbeit und wegen der Menschen, welche berufen sind, sie zu tun gibt es verschiene Formen.

Die göttliche Arbeit ist gar vielartig und die menschlichen Seelen desgleichen. Die göttliche Arbeit ändert sich je nach den Erfordernissen des Lebens der Kirche; denn die Kirche Gottes ist lebend und entwickelt sich in der Welt und die Erfordernisse ihrer Entwicklung machen je nach der Verschiedenheit der Zeit und des Ortes eine große Zahl von Arbeitern und Arbeiten notwendig.
Auch die menschlichen Seelen weisen inbezug auf Anlagen, Temperament und Charakter so sehr verschiedenartige Verhältnisse auf. Und die Ordensregeln entsprechen einerseits den allgemeinen Bedürfnissen der Kirche, für die sie zu sorgen haben und anderseits den besondern Bedürfnissen der Seelen, welche sie zu bilden berufen sind. Jede Regel entspricht einer bestimmten Abteilung der göttlichen Arbeit, deren Form sie enthält und einer gewissen Zahl Arbeiter, deren Formierung sie enthält.

Betrachten wir zunächst die Regel, insofern sie die Natur, die Ausdehnung und die Dauer der für Gott zu verrichtenden Arbeit bezeichnet. Es ist leicht, von diesem Standpunkte aus zu sehen, welch inniges Band die Regel mit den Gelübden verbindet. Diese beiden Dinge sind untrennbar; sie erklären und ergänzen sich gegenseitig. Es genügt nicht, sich Gott gegenüber zu verpflichten; man muß wissen, wozu man sich verpflichtet.

Der Ordensmann legt auch seine Gelübde nur in den Grenzen und nach Beschaffenheit der Regel ab, zu der er sich bekennt. Die besondere Beschaffenheit der Arbeit, die man in der Regel übernimmt, verursacht diese große Verschiedenheit in der Natur der Verpflichtungen, welche in den Gelübden eingegangen werden. So haben die Gelübde der Armut und des Gehorsams, je nach den verschiedenen Orden, eine sehr verschiedene Strenge oder Breite. Sogar das Gelübde der Keuschheit, welches seinem Wesen nach nicht mehr oder weniger streng sein kann, wird durch mehr oder weniger Strenge Sicherheitsmaßregeln gestützt, wie z. B. durch die Klausur. Die andern Nebengelübde sind vollständig verschieden je nach der Regel, zu der sie gehören. Ein Beruf also, eine Regel, ein religiöser Orden, alles das bedeutet eine für Gott bestimmte Arbeit und Menschen, bestimmt für diese Arbeit. „Es sind“, sagt der heilige Paulus, „verschiedene Gnadengaben, und es sind verschiedene Ämter, und es sind verschiedene Wirkungen.

Bestimmung

Das ist die Grundeinrichtung bei jedem organischen Leben. “Wenn der ganze Leib Auge wäre,“ fährt der Apostel fort, „wo wäre das Gehör? Wenn der ganze Leib Gehör wäre, wo wäre der Geruch? Und wenn alle Glieder ein Glied wären, wo bliebe der Leib?“ So gibt es also in einem Organismus vielfache Funktionen und für jede besondere Funktion ein besonderes Organ. Und der eigene Beruf eines jeden Organes besteht einzig darin, seine Funktion auszuüben. Das Auge ist geschaffen, um zu sehen, das Ohr, um zu hören, der Fuß, um zu gehen. Und die Vollkommenheit des ganzen Organismus besteht darin, dass jedes Glied genau seiner Bestimmung gemäß in bestmöglicher Weise seine Funktion ausübt. Wenn das Auge durchdringend, das Ohr fein, der Fuß kräftig ist, wenn überhaupt alle Verdauungs – und Sinnesorgane ihrem Berufe gemäß funktionieren, so befindet sich der Körper in voller Zufriedenheit und Kraft.

Ähnlich verhält es sich mit der Kirche, welche der Leib Christi ist. Es sind viele Glieder, aber nur ein Leib. Und jedes dieser Glieder findet in den besondern Regeln seines Berufes die Bestimmungen seiner Funktionen. So findet jeder Ordensmann in seiner Regel die spezielle und ausführliche Bestimmung der Funktion, die ihm im Leibe Christi zuerteilt ist. Und jeder muß in dem Berufe, zu welchem er berufen ward, bleiben. Und indem er in seinem Berufe bleibt, muß er die eigentümlichen Anweisungen seiner Regel befolgen, ohne daran zu denken, irgend etwas darüber hinaus zu tun. Wie das Auge nicht hören, das Ohr nicht zu sehen sucht; so soll der Ordensmann nichts außerhalb seines Berufes und seiner Regel suchen. Gott spezifiziert die Vokationen und die Regeln; dadurch wird die Arbeit leichter ausführbar und die Ausführung der einzelnen Teile sichert die Vollkommenheit des Ganzen.

Wirkung

Indem die Regel den auserwählten Vokationen ihren Teil Arbeit im großen Werke der Einverleibung der Seelen in Jesus Christus anweist, wird sie für die Seele der Ordensperson sowohl als auch für die Kirche eine unvergleichliche Garantie der Lebensfähigkeit. O, wie sehr muß die Seele, welche berufen ist, ihre Regel lieben, sie treu umfassen, hochherzig befolgen, ihren Anforderungen sich unterwerfen, sich nach ihr in allen Punkten richten! Der Wert der Ordensperson bemisst sich nach seiner Regel; durch sie und in ihr ist er alles; ohne sie ist sie nichts. Durch sie wird sie ein nützliches Glied im Leibe Christi; ohne sie ist sie nur ein verdrehtes und hinsterbendes Glied. Mit ihr ist sie berufen, Großes zu tun und führt es aus; ohne sie kann sie nur sich selbst und der Kirche schaden. Mit ihr verwertet sie die Lebenskräfte, die sie hat, weil ihre Fähigkeiten infolge des Berufes imstande und bestimmt sind, gemäß der in seiner Regel enthaltenen Form sich zu entwickeln und zu üben. Durch sie leistet sie der Kirche die Dienste, die sie von ihr erwartet, denn Beruf und die Beschaffenheit der Regel entsprechen genau den augenblicklichen Bedürfnissen der Kirche. So ist die Regel sowohl für die Kirche als für den Religiosen von hohem Werte. Für die Kirche, weil sie die Ausführung der ihr zum Zwecke ihrer Fruchtbarkeit unentbehrlichen Arbeit sichert, für den Religiosen, weil sie ihm eine Arbeit unter den seinem Beruf entsprechenden Bedingungen garantiert. Das ist auch der Grund, warum die Kirche eine so lebhafte Fürsorge und der Ordensmann eine so entschiedene Vorliebe für die Regel an den Tag legt.

„Jede Kraft wirkt gemäß ihrer Form“, so der heilige Thomas. So brennt das Feuer, das Wasser wäscht, das Licht erleuchtet. Ein Siegel bringt das Gepräge wieder, welches darauf steht und nicht ein anderes; aus einer Leuchterform kann keine Statue hervorgehen. – „Sammelt man denn Trauben von den Dornen, oder Feigen von den Disteln“, sagt der Heiland. Gott, der sich in den Seelen Mittel seiner Glorie bereitet, bestimmt für dieselben eine Form, in welcher sie die Gestalt annehmen sollen, kraft deren sie wirken müssen. Denn er erwartet nicht eine beliebige Tätigkeit von einer Seele, der er einen bestimmten Beruf verliehen hat. Gibt er ihr einen besonderen Beruf, so will er auch, dass sie auf eine bestimmte Art tätig sei, dass sie ein bestimmtes nützliches Resultat erziele, dass sie ihrerseits unter einer bestimmten Form und in einem Maße am großen Werke seiner Glorie arbeite. Will also eine Seele der Absicht Gottes entsprechen, so muß sie sich in die Form Gottes werfen. Warum? Um die Gestalt zu erhalten, kraft deren sie handeln soll und ohne welche ihre Handlung ziel und nutzlos wäre. Verlangt ein Kaufmann Statuen von der Mutter Gottes, so ist ihm nicht gleichgültig, wenn der Fabrikant ihm dafür solche vom hl. Johannes schickt, die er im Augenblick gar nicht gebrauchen kann. Und besonders will er keine hässliche, ungestaltete Figuren haben, wenn er gut gefertigte bestellt. Ebensowenig ist Gott damit einverstanden, eine Arbeit für eine andere anzunehmen. Wäre es den Seelen freigestellt, nach Belieben die eine oder andere Form anzunehmen, zu wechseln und nach ihrem Gutdünken zu handeln, so gäbe es keinen Beruf.

Hingabe

Aber es gibt einen Beruf, und für diesen Beruf eine Form, die ihm seine Gestalt verleiht; und die Form für den religiösen Beruf ist die Regel. Daraus ergibt sich für die Seele des Ordensmannes die Notwendigkeit, ihr ganzes Leben hindurch nichts an dieser göttlichen Form zu verderben, nichts hinwegzunehmen, nichts hinzuzufügen; vielmehr sich zu schmelzen und in ihre Regel mit solcher Genauigkeit zu gießen, dass die Züge, welche Gott will, mit größter Feinheit und Treue in ihr hervortreten. Gott kann keine schlecht geratenen Sachen gebrauchen. Wenn er mit so großer Aufmerksamkeit und Feinheit die Form der Regeln und die Masse der Vokationen zubereitet, wenn die Sorgfalt der Vorsehung in dieser Beziehung so wunderbar ist, ist es denn nicht zu bedauern, wenn man sieht, wie eine von der Hand Gottes gebildete Seele die Form zu brechen versucht, für die sie bereitet ist? Oder wenn sie sich nur zur Hälfte hineinwirft und nur verwischte Eindrücke empfingt? Oder wenn sie die guten Eindrücke mit falschen vermengt?

Der Ordensmann nimmt die Kraft seines Berufes nur in dem Maße an, als er die Form seiner Regel annimmt. Die wahren Religiösen, diejenigen, welche im Glauben an die göttlichen Form sich in ihre Regel gießen, um deren genaue Gestalt anzunehmen, sind göttliche Meisterwerke. Und indem sie kraft dieser Gestalt, die sie angenommen, handeln, entfalten sie eine unvergleichliche Wirksamkeit. Sie werden im wahren Sinne die Instrumente Gottes; das Gepräge, welches sie erhalten haben, teilen sie andern mit, ohne davon zu verlieren. Und solange es Gott gefällt, sich ihrer zu bedienen, um durch sie die Züge des christlichen Lebens zu erzeugen, dienen sie ihm, ohne dadurch irgendwie Einbuße zu tun. Der Glaube schwindet, die göttlichen Eindrücke verwischen sich in der menschlichen Seele. Gott bedarf fein geformter, stark gehärteter Seelen, um wiederherzustellen, was verunstaltet ist. Aber es lohnt sich, diese heilige Form, d.h. die Regel, etwas näher zu betrachten, um die Hauptzüge derselben zu zeichnen und den berufenen Seelen zu offenbaren, welche ihnen am meisten zusagt.

Qelle/Link:

Das dreifache Reich Gottes Impr. 1911

Siehe auch: