Franz von Assisi: Unterschied zwischen den Versionen

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Der heilige Franziskus von Assisi, Ordensstifter. Jahr 1226

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Festtag

Fest: 4. Oktober

Das Leben des Hl. Franziskus von Assisi

„Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.“ Diese Worte des himmlischen Meisters Jesus hat niemand tiefer beherzigt und genauer und beharrlicher geübt als der heilige Franz von Assisi, den man wegen seiner flammenden Gottes- und Nächstenliebe mit Recht den Seraph nennt.

Italien ist sein Vaterland, Assisi, eine Stadt im Kirchenstaat, ist sein Geburtsort. Peter Bernardone, ein reicher Handelsmann, war sein Vater, Picca hieß seine Mutter. Als diese in heftigen Wehen lag, machte ein Pilger ihr kund, dass sie nur in einem Stall könne entbunden werden und ihr Kind müsse auf Stroh zur Welt kommen. So wurde denn Franziskus im Jahr 1182 wie sein göttliches Vorbild Jesus in einem Stall geboren und Stroh war sein erstes Lager. In der Taufe erhielt er den Namen Johannes des Evangelisten, aber sein Vater, der gerade bei seiner Geburt in Frankreich Handelsgeschäfte trieb, gab ihm bei der Rückkehr, erfreut, dass ihm ein Sohn geboren sei, und zum Andenken an die gesegnete Reise, den Namen Franziskus. Den Samen des Guten pflanzte die fromme Mutter in den kleinen Franz mit der Milch ins Herz, und schon früh nahm man an ihm, im Gegensatz gegen seinen Vater, der ein harter, eigennütziger Mann war, zartes Mitgefühl gegen die Armen wahr. Zum Jüngling herangewachsen verlegte er sich wie sein Vater auf den Handel, gefiel sich aber in schöner Kleidung und zeigte einen starken Hang zu eitlen Vergnügungen. Er war immer munter und fröhlich, ließ, was er erwarb, immer aufgehen, gab seinen guten Freunden köstliche Tafeln und wenn er mit ihnen lustig gezecht hatte, durchzog er mit ihnen nächtlicher Weile die stillen Straßen von Assisi mit lautem Geschrei, singend und jubelnd. Doch war er immer höflich und artig und floh niedrige Gesinnung. Seine Eltern hatten nichts dagegen, denn sie liebten ihn zu sehr und waren reich. War er auch verschwenderisch mit seinem Vermögen, so floss doch immer ein guter Teil davon den Armen zu, denn er hatte sich zur Pflicht gemacht, nie einen Dürftigen ohne Almosen von sich zu weisen, wenn dieser im Namen Gottes es von ihm begehrte. Eines Tages aber entließ er jedoch, in großer Geschäftigkeit, einen Armen ohne Trost und Gabe. Sogleich aber machte er sich deshalb bittere Vorwürfe, lief dem Armen nach und verbesserte seinen Fehler. – Durch seine Liebe, Sanftmut und sein gefälliges Wesen erwarb er sich die Zuneigung der Einwohner der Stadt und man gab ihm den schönen Namen „Blume der Jugend.“ Jedoch seine Neigung zur Heiterkeit und lustigen, auch manchen abenteuerlichen Streichen hätte ihn auf gefährliche Abwege bringen können, weshalb ihn Gott mit einer schmerzlichen Krankheit heimsuchte. Geduldig ertrug er sie und schon fing ein Licht an, in ihm aufzugehen, das ihm die Eitelkeit der Welt erkennen ließ; allein kaum war er genesen, als er sich wieder von den Zauberbildern der trügerischen Welt verlocken ließ. Er hatte einen hohen, ritterlichen Sinn und mochte sich gerne auszeichnen. Da geschah es, dass ihm einst träumte, er sähe einen großen Palast, ganz von Waffen angefüllt und die Mauern rings mit glänzenden Schildern geschmückt. Als er fragte: Wem gehören diese Waffen und dieses Schloss?, da erhielt er die Antwort: „Dir und deinen Rittern.“

Beim Erwachen dachte er nach über seinen Traum, und in der Meinung, er sei bestimmt, ein berühmter Ritter zu werden, machte er sich allen Ernstes auf den Weg, um nach Neapel zu ziehen und dort im Kampfe sein Ziel zu erreichen. Allein auf dem Weg in die Stadt Spoleto kommend, wird er krank. In einer schlaflosen Nacht hörte er eine Stimme, die fragte. „Was willst du?“ Franz entdeckte offenherzig die Wünsche seines Herzens. Da sprach die Stimme: „Franziskus, wer von beiden kann dir mehr Gutes erzeigen, der Herr oder der Diener?“ „Der Herr“, erwiderte Franz. „Wohlan“, fuhr die Stimme fort, „warum aber verlassest du den Herrn um des Dieners, den Lehensherrn um des Vasallen willen?“ Da rief Franziskus aus: „O mein Gott! Was soll ich denn tun?“ – Und die Stimme sprach: „Kehre zurück in dein Land, dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst; denn das Gesicht, das du gesehen hast, wird geistlich erfüllt werden, nicht nach menschlicher Macht, sondern nach Gottes Ordnung.“

Franziskus folgte dem Ruf und kehrte wieder nach Assisi zurück, um dort ruhig die Befehle des Herrn zu erwarten. Dort aber angekommen, sammelten sich alsbald seine guten Freunde wieder um ihn und wählten ihn zum Vorstand ihrer Gesellschaft und ihrer Vergnügungen. Da geschah eines Tages, dass seine Genossen nach einem köstlichen Mittagsmahl singend und jubelnd durch die Stadt zogen. Franziskus aber hielt sich wider seine Gewohnheit von ihnen etwas entfernt, und sang nicht mit, sondern schritt langsam, in Nachdenken versunken, daher. Dies bemerkend fragten ihn die Freunde: „Warum bist du nicht wie wir, denkst du etwa daran, eine Frau zu nehmen?“ „Ihr habt es getroffen“, erwiderte er, „ich werde eine Frau nehmen, so edel, so reich, so schön, dass keine ähnliche auf der weiten Welt gefunden werden mag.“ Es war nämlich der Geist des Herrn über ihn gekommen, hatte sein Herz ergriffen und mit solch innerer Freude und Süße erfüllt, dass er stille stehen musste. Später sagte er, wenn man ihn zur selben Zeit hätte in Stücke zerhauen, er würde sich nicht bewegt haben. – Von dieser Stunde an ward ihm die Welt zum Eckel, er fing an zu verschmähen, was er bisher geliebt, und ergab sich mit inbrünstiger Liebe dem Gebet und der Pflege der Armen. Er hatte sich die vollkommene Armut zur Braut gewählt, sie war die Frau, die er sich vermählen wollte, und so groß wurde seine Mildtätigkeit gegen die Armen, dass er bereit war, all seine Habe, selbst sein Leben für sie hinzugeben.

Eines Tages hatte er sich tief in die Betrachtungen versenkt; da erschien ihm Jesus am Kreuz und er hörte die Stimme: „Willst du zu mir kommen, so verleugne dich selbst, nimm dein Kreuz auf dich und folge mir.“ Jetzt war sein Entschluss gefasst. Er wollte nämlich gänzlich arm dem armen Jesus nachfolgen. Er machte eine Reise nach Rom, um die Gräber der heiligen Apostel zu besuchen und beim Herausgehen aus der Kirche mischte er sich unter einen Haufen Bettler, die dastanden, gab dem Dürftigsten seine Kleider, hüllte sich dafür in Lumpen und verweilte den ganzen Tag unter dem Säulengang der Kirche, die Vorübergehenden um Almosen bittend. Er wollte hier gleichsam seine Lehrjahre in der Armut beginnen und in der Torheit des Kreuzes Christi sich üben. Nach Assisi zurückgekehrt, musste er, wie alle, die sich Gott ganz hingeben wollten, harte Anfechtung erdulden. Der böse Feind zauberte ihm mit lebhaften Farben die Ergötzlichkeiten der Jugend, die schönen Kleider, die köstlichen Tafeln, die frohen Gesänge und lustigen Abenteuer vor Augen und fragte ihn, ob er dies alles wohl verlassen und ein armes, verachtetes Leben sich wählen könne und im Stand wäre, solches Elend der Armut zu tragen. Auch seine Zechgenossen traten zu ihm heran, lachten seines Ernstes, verspotteten sein Beginnen und fragten ihn höhnend, ob er sich noch immer eine Frau nehmen wolle? Er aber antwortete ihnen wie früher: „Ja“, und blieb unerschütterlich in seinem Vorsatz; auch die Versuchungen überwand er im heißen, tränenvollen Gebet zu Gott, der ihn mit hoher Freude im Innern des Herzens lohnte.

Eines Tages wanderte Franziskus, in Trauer versenkt, über die Fluren von Assisi der alten Kirche St. Damian zu, um dort seine Andacht zu verrichten. In flammender Inbrunst vor den Füßen des Gekreuzigten betend, hörte er dreimal die Worte: „Franziskus, gehe hin und stelle mein Haus wieder her, das du so in Trümmern verlassen siehst.“ Der Heilige, in der Meinung, es sei ihm aufgetragen, die St. Damianskirche, die sehr verfallen war, wieder herzustellen, steht auf, und dem Priester der Kirche begegnend, gibt er ihm Geld aus seinem Beutel, damit er Öl für die Lampe vor dem Cruzifix beischaffe, und eilt dann nach Hause. Dort nimmt er aus seines Vaters Laden mehrere Stücke Tuch, reitet damit nach Foligno, verkauft dort Tuch und Pferd und eilt dann wieder zur Kirche zurück, wo er das Geld dem Priester zur Ausbesserung der Kirche anbietet und bei ihm zu bleiben verlangt. Der Priester, obwohl arm, nimmt das Geld nicht an, gestattet aber dem Heiligen, bei ihm zu wohnen. Dieser aber warf das Geld auf das Kirchenfenster.

Indessen hatte sein Vater, Peter Bernardone, von dem Benehmen seines Sohnes gehört. Vom heftigen Zorn entbrannt, geht er mit mehreren Freunden nach St. Damian, um seinen Sohn zur Rede zu stellen. Dieser aber verbarg sich in eine Höhle, wo er unter heißen Tränen zu Gott um Hilfe flehte. Nachdem ihm endlich klar geworden war, dass er allen menschlichen Trost fahren lassen und nur auf Gott allein mehr vertrauen müsse, verließ er die Höhle und kehrte sonder Furcht und Zagen nach Assisi zurück. Als er so abgemagert und abgehärmt durch die Straßen der Stadt ging, hielten ihn die Bewohner für einen Wahnsinnigen, ja man warf ihn sogar mit Kot und Steinen und verfolgte ihn noch mit Spott und Schimpf. Er aber lobte innerlich seinen Herrn und Gott, dankte ihm für die Schmach und ging ruhig seines Weges. – Da stürmt plötzlich sein Vater daher, zieht ihn in das Haus, schlägt ihn unter Scheltworten und sperrt ihn in ein finsteres Loch, um ihn von seinem Vorhaben abzuwenden. Auch diese Misshandlung duldete Franziskus freudig, und wurde dadurch noch mehr in seinem Vorsatz bestärkt. Bald darauf reiste sein Vater fort und sogleich öffnete die liebende Mutter das Gefängnis ihres Sohnes und suchte ihn durch süße Worte anderen Sinnes zu machen. Da sie aber nichts ausrichten konnte, ließ sie ihn frei ziehen, worauf er, Gott lobend, wieder nach St. Damian eilte. Kaum aber kam der Vater nach Hause, ging der Lärm von neuem an; er schalt die Mutter und suchte seinen Sohn, der aber nun furchtlos vor sein Angesicht trat und ihn also anredete: „Vater, deine Misshandlungen und dein Gefängnis achte ich für nichts, und mit seligster Freude leide ich für den Namen Jesu Christi.“ Dem Vater war sehr um das Geld und Pferd zu tun, das Franziskus, nach seiner Meinung verschwendet habe; da er aber das Geld auf dem Fenster der Kirche fand, besänftigte sich sein Zorn einigermaßen. Jedoch befürchtend, sein Sohn habe noch mehr Geld zurückbehalten, verklagte er ihn beim Gericht und beim Bischof. Franziskus erschien vor dem Bischof und als ihn derselbe mit zutraulichen Worten ermahnte, dem Vater das Geld zurückzugeben, antwortete er wie trunken von seliger Gottesliebe: „Herr, ich werde ihm alles, was sein ist, zurückgeben, sogar meine Kleider“, und alsbald sich entkleidend, fuhr er weiter: „Hört und versteht es wohl! Bis zur Stunde habe ich Peter Bernardone meinen Vater geheißen, hierfür darf ich aber sicher und frei sagen: Unser Vater, der du bist im Himmel, bei dem ich all mein Vermögen, meine ganze Hoffnung, mein Vertrauen und allen Trost meines Erbteiles hinterlegt habe.“ Alle Anwesenden weinten. Der Bischof umarmte ihn, mit Tränen in den Augen, und gab ihm seinen Mantel, bis ihm die Kleider eines bischöflichen Dieners gebracht wurden. Jetzt hatte Franziskus nach dem Willen Gottes vollständig mit der Welt gebrochen; er hatte nichts mehr von ihr und sie keinen Teil mehr an ihm. Frei und ungehindert konnte er seine hohe Aufgabe lösen, „die Welt durch Demut und Liebe dem Herrn zu erobern, indem er der Mindere, der Geringste unter den Menschen, würde.“ Er zählte damals 25 Jahre.

Im Herzen voll des Trostes, sich frei zu sehen von allen Banden, die ihn bisher an die Welt fesselten, begab er sich an einen einsamen Ort, um mit Jesus allein zu sein. Auf dem Wege sang er laut das Lob Gottes. Eintretend in ein Gehölz, traten ihm die Räuber in den Weg und fragten ihn barsch, wer er wäre. „Ich bin“, erwiderte er, „der Herold des großen Königs.“ Über diese Antwort erzürnt, schlugen ihn die Räuber und warfen ihn in eine mit Schnee und Eis gefüllte Grube. Er aber sang fort mit lauter Stimme lobend den Schöpfer und alle Kreaturen, und gelangte an die Pforte eines Klosters, wo er als Bettler Almosen empfing und einige Tage verweilte. Von da kam er nach Gubbio, wo ihn ein Bewohner der Stadt erkannte und ihm die Kutte eines Einsiedlers, einen Gürtel und Stab schenkte. In diesem Kleid der Buße besuchte er die Spitäler und Hütten der Aussätzigen, pflegte sie mit aller Zärtlichkeit, wusch ihre Wunden, reinigte sie vom Eiter und küsste sie voll Liebe. Einst begegnete er einem Menschen, dessen Gesicht vom Krebs angefressen war. Franziskus umarmte und küsste ihn und der Kranke war geheilt.

Immer noch in der Meinung, er sei von Gott berufen, die Kirche des heiligen Damian herzustellen, sammelte er hierzu Almosen, wobei er viele Unbilden von seinen Freunden ertragen musste, und machte sich an den Bau der Kirche, wobei er als Handlanger diente. Sein Vater war höchst erbittert über das Betteln seines Sohnes und überhäufte ihn deshalb, so oft er ihm begegnete, mit Schimpfworten. Da suchte Franziskus einen elenden Bettler auf, nahm ihn zu seinem Begleiter und sprach zu ihm: „Du bist nun mein Vater; komm, wir wollen unser Almosen teilen, und wenn du siehst, dass Peter Bernardone mir flucht, dann segne mich.“ Und so geschah es auch. Als er hierauf wieder seinem Vater begegnete und dieser ihm fluchte, sprach er demütig zu ihm: „Du glaubst wohl nicht, dass mir Gott einen anderen Vater geben könne, der mich statt deiner Verwünschungen segnet?“ Als eines Tages sein jüngerer Bruder ihn in einer Kirche vor Frost zittern sah, ließ ihn dieser spottend fragen, ob er ihm nicht für einen Pfennig Schweiß verkaufen wolle? Franziskus aber entgegnete sanft: „Diesen Schweiß? – ich werde ihn Gott teuer verkaufen!“

Nachdem er die Kirche zum heiligen Damian hergestellt hatte, machte er sich an die Ausbesserung des Portiunkula-Kirchleins, so genannt, weil selbes auf einem kleinen Grundstück stand, das einer Benediktiner-Abtei bei Assisi gehörte und wo sich Franziskus niedergelassen hatte. Diese kleine Kirche liebte er sehr, weil sie der seligsten Jungfrau und den heiligen Engeln geweiht war und er zur Himmelskönigin und zu den seligen Geistern besondere Andacht hatte. Im Jahre 1207 war die Kirche hergestellt. Zwei Jahre später hörte er unter der heiligen Messe die Worte aus dem Evangelium lesen: „Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Geld in euren Gürteln tragen; auch keine Tasche auf dem Weg, noch zwei Röcke, noch Schuhe noch Stab haben.“ Hingerissen von diesen Worten rief er aus: „Dies ist’s, was ich suche, dies ist’s, was ich von ganzem Herzen wünsche“, und sogleich warf er seinen Geldbeutel, seinen Stab und seine Schuhe von sich, zog ein grobes, rauhes Gewand von aschgrauer Farbe an, nahm einen Strick zum Gürtel und fing nun an, den Menschen Buße zu predigen. Er sprach mit solcher Salbung und Innigkeit zu den Zuhörern, dass alle weinen mussten. Mit den Worten des Heilandes, die er seinen Aposteln anbefohlen, grüßte er alle Menschen: „Der Herr sei mit euch, der Herr gebe euch den Frieden.“

Entstehung des Franziskanerordens - Das Wirken des hl. Franziskus

Bald sammelten sich Schüler um ihn, die entschlossen waren, mit ihm den Weg der Armut und Demut zu wandeln und der damals ganz in das Irdische versunkenen Menschheit Sehnsucht nach höheren und unvergänglichen Dingen einzupflanzen. Der Erste, der sich dem heiligen Franziskus anschloss, war Bernhard von Quintavalle, ein reicher Bürger der Stadt Assisi. Dieser wollte sich überzeugen, ob die Lossagung des Heiligen von allem Irdischen in der Liebe zu Jesus wirklich gegründet oder nur eine Laune sei, und lud ihn, um ihn zu beobachten, zu einem Gastmahl ein. Nach dem Mahl schliefen sie in einem Zimmer beisammen. Berard stellte sich nur schlafend, Franziskus aber kniete sich nieder, streckte seine Arme in Kreuzesform aus und sprach unaufhörlich unter einem Strom von Tränen dieselben Worte: „Mein Gott und mein alles.“ Jetzt erkannte Bernard, dass Franziskus wahrhaft ein Mann Gottes sei und folgte ihm nach. – Der zweite war Peter Katano, ebenfalls ein Bewohner von Assisi, und der dritte der engelreine Ägidius. Alle drei bewohnten nun mit dem Heiligen eine arme kleine Zelle bei der Portiunkulakirche, nachdem sie alles, was sie besaßen, verkauft und den Armen geschenkt hatten. Die Zelle war so klein, dass sich die frommen Bewohner kaum darin bewegen konnten; aber eben diese kleine arme Zelle duftete von dem Wohlgeruch der himmlischen Tugenden, welche Franziskus mit seinen Gefährten übte, und wurde die Wiege zu dem über die ganze katholische Kirche in der Welt verbreiteten Franziskanerorden. Bereits waren elf Brüder um den Heiligen versammelt, alle von seinem Geist durchdrungen und von seiner Liebe entflammt. Eines Tages versammelte er sie um sich, sprach zu ihnen in hoher Begeisterung von der Lieblichkeit der Armut und von ihrem Beruf, die Sünder zur Buße zu rufen; alsdann sendete er sie, den Weg in der Gestalt des Kreuzes nach den vier Weltgegenden teilend, hinaus zu den Völkern, um ihnen Buße zu predigen. Nichts gab er ihnen mit als seinen Segen. Sie aber, auf Gott allein vertrauend, zogen sie zwei und zwei von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, überall den Ruf: „Tut Buße“ erschallen lassend, und wenn man sie fragte: „Wer seid ihr?“, dann gaben sie zur Antwort: „Wir sind Büßende und kommen von Assisi.“ Sie lebten von Almosen, das sie wieder mit den Armen teilten, und die Spitäler und Kirchen waren ihre Herberge. Schmach und Verachtung, Spott und Hohn, Hunger und Durst, selbst arge Misshandlungen mussten sie dulden; aber freudig und gelassen duldeten sie alles und lobten Gott dafür. Gerade aber diese freudige Geduld erweichte viele Herzen und viele wurden durch ihre Worte und ihr Beispiel bekehrt. Nach einiger Zeit kamen sie bei ihrem heiligen Vater Franziskus wieder zusammen, der ihrer sehnsüchtig harrte, erzählten getreu, was ihnen begegnete und führten miteinander ein ungemein strenges und armes, aber wahrhaft englisches Leben. Während dieser Zeit verfasste der heilige Franziskus eine gemeinschaftliche Regel, nach welcher alle Brüder leben sollten, und eröffnete dann seinen Gefährten den Wunsch, nach Rom zum Papst zu gehen, und ihre Genossenschaft sowie die Regel bestätigen zu lassen. Nun wanderten alle nach Rom, wo damals der große Papst Innozenz III. die heilige Kirche Gottes als Oberhirt regierte. Der heilige Franziskus, gehüllt in ärmliche, rauhe Kleidung, barfuß, einen Strick um die Lenden, erschien vor ihm und trug ihm sein Anliegen vor. Allein der Papst wies ihn ab. Jedoch in der Nacht sah der Papst im Gesicht eine Palme zu seinen Füßen emporwachsen, die ein schöner mächtiger Baum wurde. Von Gott erleuchtet, erkannte er, dass dieser Baum den armen Franziskus bedeute; auch sah er, wie die Kirche des Lateran dem Einsturz nahe war und wie ein Mann sie gestützt und gehalten habe, und in diesem Mann erkannte er wieder den Heiligen. Auf dieses hin, und da Franziskus mit treffenden Worten sein Vorhaben auseinandersetzte, erhielt er vom Papst die mündliche Bestätigung seiner Regel und den apostolischen Segen. Voll Freude kehrte nun Franziskus mit den Brüdern nach Assisi zurück in jene kleine Hütte, die so eng war und niedrig, dass der Heilige die Namen der Brüder an die Balken schreiben musste, damit jeder sein Örtchen wissen, wo er beten und ruhen konnte, ohne den anderen zu belästigen. Oft litten sie den bittersten Mangel, aber immer waren sie freudigen Mutes, vertrauend auf Gott, der ihnen auch einen besseren Wohnort anwies. Der Abt der Benediktiner bei Assisi schenkte nämlich dem Heiligen und seiner Genossenschaft die Kirche Portiunkula. Von da zieht er nun täglich mit seinen Brüdern aus in die Städte und Dörfer und predigt durch Beispiel und Wort den Menschen Buße und Umkehr zu Gott. Und fast jeden Abend kehrte er heim, begleitet von neuen Brüdern, die er für Gott und seinen Orden gewann. Menschen aller Stände, Hohe und Niedere, Weltliche und Geistliche, Männer und Frauen taten Buße und richteten ihr Leben nach seiner Anweisung ein.

Auch mehrere Jungfrauen, darunter Klara, die Tochter des Ritters Scissi von Assisi, verließen die Welt, lebten einsam in strenger Armut und erhielten vom heiligen Franziskus eine eigene Regel. So enstand der Orden der heiligen Klara, der heute noch blüht.

Da die Zahl der Brüder, welche, angezogen von dem wunderbaren Leben des Heiligen und seiner Genossen, in den Orden traten, schon bedeutend geworden war, hielt der Heilige im Jahr 1216 die erste allgemeine Versammlung oder ein Generalkapitel derselben, in welchem sie sich miteinander in brüderlicher Liebe und Eintracht unterredeten, ihre Freuden und Leiden mitteilten, einander trösteten und aufmunterten, und neue Beschlüsse für das Heil der Seelen fassten. Diejenigen, welche nun Gottes Geist und Gabe zum Predigen hatten, sie mochten nun Geistliche oder Laien sein, gelehrt oder ungelehrt, wurden von Franziskus gesegnet, ausgesendet je zwei und zwei, in den benachbarten Gegenden, ja auch in entfernten Ländern, Buße zu predigen. Zu schön sind die Worte, welche der Heilige bei dieser Gelegenheit an die Brüder richtete, als dass ich sie nicht hierhersetzen möchte. „Im Namen des Herrn“, sprach er, „gehet je zwei und zwei auf de Weg demütig und ehrbar, schweigend und betend zu Gott in euren Herzen... Und obgleich ihr reist, sei dennoch euer Wandel so demütig und geistlich, als wenn ihr in euren Zellen oder in der Wüste wärt. Denn wir tragen überall unsere Zellen mit uns. Der Leib ist die Zelle und die Seele der Einsiedler, der darinnen wohnt, um zu beten und Gott zu gedenken. Darum hilft auch die Zelle wenig, wenn die Seele nicht ruhig in ihrer Zelle bleibt. Also sei euer Wandel unter den Menschen, dass, wer euch hört oder sieht, den Vater im Himmel preise. Verkündigt allen den Frieden, sprechend: „Der Herr gebe euch Frieden!“ Gleichwie ihr aber Frieden predigt mit dem Mund, so bewahret ihn auch in euren Herzen. Reizt niemand zum Zorn, sondern führt alle durch eure Sanftmut zum Frieden und zur Eintracht. Denn dazu sind wir berufen, dass wir die Verwundeten heilen, das Gebrochene verbinden und die Irrenden zurückführen. Viele scheinen jetzt Glieder des Teufels zu sein, die künftig Jünger Jesu sein werden. Von diesen und ähnlichen Worten ermuntert und gestärkt, gingen dann die armen Brüder in die Welt, ohne Furcht, etwas zu verlieren, weil sie nichts hatten noch verlangten, und gewannen dem Herrn viele tausend Seelen. Im Jahre 1219 hielt Franziskus das zweite Generalkapitel zu Portiunkula. 5000 Brüder waren beisammen, alle eines Herzens und eines Sinnes, alle brennend von Liebe zu Gott und den Menschen. Im Häuflein verteilt saßen sie auf dem Boden mit gottseligen Reden oder innigem Gebet beschäftigt. Ringsum herrschte heilige Stille. Kleine Hütten von Holz waren ihre Wohnungen. Die bloße Erde oder Stroh waren ihr Bett, ein Stein oder Stück Holz ihr Kopfkissen, ihr Tisch die bloße Erde, ihre Speise war hartes Brot, ihr Trank Wasser. Nirgends sah man größere Armut und doch größere Freude und Zufriedenheit als in der Mitte dieser guten Brüder. Der Seligste unter allen war Franziskus, aus seinem Mund strömten die süßesten Worte und man konnte sich nicht satt hören, wenn er sprach von der heiligen Armut, Einfalt und Demut, von der Liebe des guten Hirten Jesus. Seine Reden waren ungekünstelt, Beten war sein Studium und der Geist Gottes, der ihn leitete, sprach auch aus ihm. Wenn er ausging zu predigen und in die Städte und Dörfer kam, blies er auf einem elfenbeinernen Horn, das er bei sich trug. Waren auf den Schall die Leute versammelt, so fing er an mit wunderbarer Einfalt und Lieblichkeit zu reden; eine Mauer oder ein Schiff oder ein Stein bei einem Hauseck war dann seine Kanzel. Seine Worte aber, sagt der heilige Bonaventura, der sein Leben beschrieb, waren wie brennendes Feuer, das eindrang in die Tiefe des Herzens und es plötzlich veränderte. Einige seiner Brüder wollten ihn bisweilen bereden, dass er etwas lesen oder studieren solle für seine Predigten. Allein er vermochte es nicht. Als er einst in Rom vor dem Papst und seinen Kardinälen eine Rede halten musste, hatte er sich sorgfältig darauf vorbereitet. Sowie er aber die studierte Predigt halten wollte, wusste er nichts zu sagen. Nun erzählte er demütig, was ihm begegnet war, betete dann inbrünstig um die Gabe des heiligen Geistes und siehe da, jetzt hielt er eine so eindringliche Rede, dass aller Herzen erweicht wurden und jedermann sah, dass der Geist des Herrn aus ihm rede. Furchtlos tadelte er die Fehler der Großen, und obwohl er die Laster mit scharfen Worten angriff, sprach er doch zugleich so annehmlich, dass man ihn immer mit der größten Ehrfurcht anhörte. Unaussprechlich groß war seine Liebe zu den unsterblichen, durch das Blut Christi erkauften Seelen. Häufig weinte er bitterlich über die armen Sünder, unablässig betete er für ihre Bekehrung, und mit dem zärtlichsten Mitleid umfing er sie. Einmal kamen drei berüchtigte Banditen zur Wohnung der Brüder und begehrten Speise. Der Vorsteher aber wies sie mit harten Worten ab. Als man dieses dem Heiligen berichtete, schmerzte es ihn sehr und er befahl dem Bruder, sogleich Brot und Wein zu nehmen, die drei Räuber im Wald aufzusuchen und ihnen dasselbe vorzusetzen. Dann sollte er sie demütig um Verzeihung bitten und ihnen das Versprechen machen, dass in Zukunft für ihren Unterhalt gesorgt werde, wenn sie ihren gottlosen Wandel verließen. Unterdessen begab sich Franziskus ins Gebet, flehte zu Gott um die Bekehrung der Räuber, und siehe da, bald darauf kehren diese Männer zurück, bereuen ihre Taten, ändern ihr Leben und bleiben Gott getreu bis zum Ende. Diese inbrünstige Liebe des Heiligen für die Rettung unsterblicher Seelen trieb ihn öfters an, zu den Ungläubigen zu gehen und ihnen das Evangelium zu verkünden. Deshalb zog er mit einigen Brüdern nach Spanien, um von da aus nach Afrika überzusetzen und den Sultan der Sarazenen dortselbst zu bekehren und des Martertodes zu sterben. Allein als er ein Schiff besteigen wollte, ergriff ihn plötzlich eine Krankheit und so musste er wieder nach Italien zurückkehren, doch nicht, ohne in Spanien durch seine Worte und Wunder zahlreiche Seelen für Gott gewonnen und Klöster seines Ordens gestiftet zu haben. Endlich im Jahre 1219, da die Sehnsucht, für Jesus und den Glauben an ihn des Martertodes zu sterben, im Herzen des Heiligen immer größer wurde, gelang es ihm, nach Ägypten zu kommen, gerade als die Kreuzfahrer zum sechsten Mal versuchten, das heilige Grab in Jerusalem zu erobern. Er sagte ihnen voraus, dass sie gegen den Sultan von Ägypten die Schlacht verlieren würden, wenn sie ihn angriffen, was auch richtig eintraf, und begab sich furchtlos in das Lager der Ungläubigen zum Sultan. Im Lager wurde er verspottet und geschlagen und endlich gebunden vor den Sultan geschleppt, der ihn fragte, von wem und warum er gesendet sei. Mutig gab Franziskus zur Antwort, dass der allerhöchste Gott ihn sende, um ihm und seinem Volk den Weg des Heiles zu zeigen, und nun predigte er mit solcher Kraft von dem Einen und dreieinigen Gott und von Jesus Christus, dem Heiland der Welt, dass der Sultan höchst erstaunte. Ja, Franziskus erbot sich sogar, zum Beweis, dass er die Wahrheit predige, durch ein großes Feuer zu gehen. Doch der Sultan, tief erschüttert von den Worten des Heiligen, getraute sich nicht aus Furcht vor seinem Volk, den christlichen Glauben anzunehmen, bot aber dem Heiligen reiche Geschenke an, die dieser verschmähte, empfahl sich seinem Gebet und ließ ihn wohlbehalten in das christliche Lager wieder zurückkehren. Von da aus durchzog Franziskus das heilige Land und kehrte dann wieder nach Italien zurück, ohne seinen Wunsch, für Christus zu sterben, erreicht zu haben; denn Gott hatte ihn zu höheren Dingen bestimmt. Durch ihn sollte die heilige Armut Christi der habsüchtigen, genusssüchtigen Welt vor Augen gestellt und ihrem Hochmut die Demut des Herrn veranschaulicht werden. – Niemand aber liebte die Armut mehr als er, sie war seine Braut, seine Geliebte, ihr hatte er sich für immer vermählt. Wie andere ihre Schätze, so bewahrte er die Armut. Er wollte niemand ärmer sehen als sich. Als er einmal einem Bettler begegnete, der halb nackt war, sprach er zum Bruder, der mit ihm ging: Die Armut dieses Mannes hat uns große Schmach angetan; denn dieser hat mehr von der Armut als wir. Ein anderes Mal begegnete er einem Armen, der keinen Mantel hatte, sogleich gab ihm der Heilige den seinigen, und als ihn der Bruder hindern wollte, sprach er: „Lass mich, ich habe den Mantel nur so lange entlehnt, bis ich einen finden würde, der ärmer ist denn ich.“ Wurde er von einem Reichen zur Tafel geladen, so bettelte er zuvor sein Brot und aß es bei dem Tisch. So machte er es bei einem Kardinal, der ihn sehr liebte. Als dieser ihn deshalb tadelte, sprach er: „Herr! Ich muss meiner armen Kinder, so nannte er seine Brüder, Vorbild sein! Diese sollen wissen, dass ich lieber mit ihnen an einem armen Tisch sitze und gebetteltes Brot esse als an der Tafel der Reichen gute Speisen genieße.“ Das Almosenbrot ist heiliges Brot, das Gottes Lob und Liebe geheiligt hat. Denn wenn ein Bruder um Almosen bittet, so spricht er: „Gelobt und gebenedeit sei der Herr unser Gott“ und dann: „Gebt uns ein Almosen um der Liebe Gottes willen!“ So sehr sich aber der heilige Franziskus von allem entblößte und niemals für den morgigen Tag sorgte, so gebrach es ihm und seinen Brüdern niemals an dem nötigen Unterhalt. Oft, wenn sie gar nichts hatten und hungrig am leeren Tisch saßen, kam wunderbare Hilfe. Mit dieser vollkommenen Armut verband der Heilige die strengste Bußfertigkeit. So lange er gesund war, aß er kaum etwas Gekochtes; wenn er ausging, zu predigen, genoss er aber, was man ihm vorsetzte. Die bloße Erde war gewöhnlich sein Bett und sein Tisch. Ein einziger grober Rock war auch in der größten Kälte seine Kleidung. Seinen Leib nannte er nur seinen Bruder Esel. Gewöhnlich schlief er sitzend, das Haupt auf ein Stück Holz oder Stein gelehnt. Was er aß, vermischte er oft mit Wasser, sogar mit Asche. Jährlich hatte er acht Fastenzeiten. Wenn er nicht betete oder predigte, beschäftigte er sich mit nützlicher Handarbeit. Dasselbe verlangte er von den Brüdern. Wer nicht arbeiten wollte, den nannte er Bruder Fliege, und sagte: „Die Lauen, die sich nicht demütig an die Arbeit begeben, werden aus Gottes Mund ausgespieen.“ Die Brüder, besonders die ersteren, folgten ihm so eifrig in dieser Bußfertigkeit nach, dass er sich öfters genötigt sah, ihrer Strenge Einhalt zu tun. Einstmals sollte ein kranker Bruder durch den Genuss von süßen Weintrauben erquickt werden. Der Bruder wollte sich aber dieses Genusses enthalten. Da nahm Vater Franziskus den Bruder bei der Hand, führte ihn, ohne etwas zu sagen, in den Garten und aß dort vor seinen Augen Trauben, damit er sich nicht scheute, ebenfalls zu essen. So streng aber der Heilige gegen sich war, so voll Liebe und Güte war er gegen alle Menschen und selbst gegen die Tiere. Er war von Natur aus schon zur Milde und zum Erbarmen geneigt, als ihn aber das Feuer der göttlichen Liebe ergriff, da schmolz sogar sein Herz von lauter Güte und Liebe gegen alle Kreaturen. In den Armen und Leidenden sah er nur den für uns arm gewordenen und leidenden Heiland. Kein Ding war ihm selbst so nötig und lieb, das er nicht dem ersten, besten Armen, dem er begegnet, hingegeben hätte. Weder Mantel, noch Kappe, noch Bücher sparte er. Auf seinen schwachen Schultern trug er ihre Päcke, wenn sie ihm auf dem Weg begegneten. Er diente ihnen, wo er nur konnte. Im Winter begegnete ihm einst ein Weib, das schlecht bekleidet war. Sogleich gibt er ihr seinen Rock mit dem Bedeuten, dass sie sich einen Schurz darauf fertigen solle. Das Weib eilt damit fort, kehrt aber wieder um, als sie bemerkt, dass der Rock zu einem Schurz nicht hinreicht; Franziskus, voll Mitleid, hat nichts mehr zum Geben. Er wendet sich zum Bruder, der ihn begleitete und spricht: „Hörst du, was dies arme Weib sagt? Lass uns aus Liebe zu Gott Kälte leiden und gib ihr dein Kleid, damit sie eine Schurz erhält.“ Der Bruder gehorchte sogleich. Einstmals hatten ihm die Brüder einen neuen Mantel machen lassen. Da kommt ein Mann, der weinend erzählt, dass ihm sein Weib gestorben sei und viele Kinder hinterlassen habe. Der Heilige gibt ihm sogleich seinen Mantel mit den Worten: „Nimm ihn, aber gib ihn niemanden, der ihn dir nicht teuer bezahlt.“ Wollten nun die Brüder den Mantel wieder haben, so mussten sie ihn mit Geld auslösen, und dem armen Mann war geholfen. Ein anderes Mal, da im ganzen Haus nichts vorhanden war, das man einer armen Frau reichen konnte, ließ er ihr eine kostbare Schrift des Neuen Testaments reichen, und in einer anderen großen Not ließ er sogar für die Armen den Altarschmuck in der Kirche verkaufen. – Absonderlich groß war des Heiligen Liebe gegen die Kranken und Aussätzigen, deren es damals überall gab. Er pflegte sie selbst wie eine Mutter, wusch sie, bekleidete sie und gar oft geschah es, dass sie unter seinen Händen gesund wurden. Auch die unvernünftigen Tiere schloss er nicht von seiner Liebe aus, und Gott der Herr verlieh ihm wieder jene Macht über die Natur, die Adam durch die Sünde für sich und seine Nachkommen verloren hatte. Als er einst junge Tauben auf den Markt bringen sah, kaufte und ernährte er sie, damit sie nicht geschlachtet würden. „Warum“, sprach er in kindlichen Worten zu ihnen, „warum, ihr Schwesterchen (er nannte alles Bruder und Schwester, sogar Krankheit und Tod), habt ihr euch fangen lassen, ich will euch vom Tod erretten und ernähren.“ Wie sie größer geworden, ließ er sie wieder fliegen. Wenn er Lämmer zur Schlachtbank führen sah, fing er zu weinen an, gedenkend des unschuldigen Jesus, der sich schweigend wie ein Lamm für uns zur Schlachtbank führen ließ. Er kaufte die Lämmer dann los und ließ sie laufen oder führte sie mit sich. So lief ihm in Rom immer ein Lämmlein nach, das er dann einer frommen Frau schenkte. Dieses Lämmlein ging mit der Frau in die Kirche und blieb dort ruhig. In der Frühe kam dasselbe an das Bett der Frau und weckte sie zum Gottesdienst. – Zu Assisi hatte der Heilige ein weißes Lämmlein, das beim Gebet der Brüder in der Kirche seine Knie beugte und bei der Wandlung den Kopf zur Erde neigte, anbetend seinen Schöpfer. Der Gesang der Vögel bewegte jedesmal den Heiligen zum Gebet und zur Lobpreisung Gottes. Einst umgab ihn bei seiner Rückkehr aus dem Morgenland zu Venedig eine Menge Vögel. Da sprach der Heilige zu seinem Begleiter: „Unsere Brüder, die Vögel, loben Gott den Herrn, lass uns mitten unter ihnen die Tagzeiten beten.“ Nun hoben die Vögel ein so lautes Gezwitscher an, dass sich die beiden Betenden nicht mehr verstehen konnten. Der Heilige aber rief ihnen zu: „Meine Brüder Vögel! Höret so lange mit eurem Gesang auf, bis wir unser schuldiges Gebet geendet haben.“ Sogleich schwiegen sie und sangen erst wieder als es der Heilige erlaubte. Als er einst im Flecken Alviano auf der Straße predigte, die Schwalben aber, die ringsum ihre Nester hatten, so laut zwitscherten, dass man ihn kaum verstehen konnte, rief er ihnen zu: „Schwestern da oben, ihr habt nun sattsam geredet, es ist Zeit, dass auch ich zum Wort komme, darum höret jetzt schweigend das Wort Gottes an, bis ich geendet habe.“ Die Schwalben schwiegen sogleich und rührten sich nicht von der Stelle. Bei seiner Zelle zu Portiunkula stand ein Feigenbaum und auf demselben saß eine Grille, die ihn öfters durch ihre Stimme zum Lob Gottes angeregt hatte. Wenn er sie rief, kam sie sogleich auf seine Hand geflogen, und wenn er sie aufforderte, Gott zu loben, dann fing sie sogleich zu schwirren und zu zirpen an. Endlich gab er ihr Urlaub und sie flog davon, ohne sich mehr sehen zu lassen. Alles, was in der Natur draußen lebte, schwebte und blühte, das liebte er und hob sein Herz zu Gottes Lob. Keinen Wurm wollte er zertreten, und wenn die Brüder im Garten und Feld etwas abschnitten, so bat er sie, sie möchten doch etwelche Blümlein und Kräutlein stehen lassen zum Lob dessen, der eine Lilie in den Tälern und eine Blume des Feldes genannt wird. Gar oft, wenn die Liebesglut zu Gott in seinem Herzen hell aufloderte, wandelte er auf dem Feld umher und forderte alle Geschöpfe auf zum Lob und Preis ihres Schöpfers. Wunderbar strömten dann aus seinem Mund die herrlichsten Gesänge, Worte voll himmlischen Klanges! Zur heiligen Weihnachtszeit erreichte oft seine Liebesglut den höchsten Grad. Da wünschte er, dass alle Tiere Gott lobten, und wäre es in seiner Macht gestanden, er hätte alle Wege und Stege der Städte und Dörfer mit Getreide bestreut, nur damit die Vögel noch mehr Ursache hätten, Gott zu loben. Dabei führte ihn auch seine Liebe auf einen sinnigen und liebevollen Gedanken, nämlich die Krippe des Jesuskindes darzustellen. Mitten im Wald, unweit Grecio, ließ er einen Stall bauen und in demselben war, nebst Heu und Stroh, ein Ochs und Esel; der Opferaltar war die Krippe. Um Mitternacht stiegen nun die Brüder mit Fackeln in der Hand aus ihren Zellen herab, vom Volk begleitet, Lieder singend. Im Stall angekommen, wurde die heilige Messe gelesen, wobei Franziskus diente. Hierauf predigte er so lieblich von Jesus, dem Knaben zu Bethlehem, und lud alle so herzlich zur Liebe des göttlichen Kindes ein, dass alles in Tränen zerfloss. Er nannte Jesum nur das Kind oder den Knaben von Bethlehem, und so oft er seinen heiligsten Namen aussprach, leckte er seinen Mund ab, als hätte er Honig gegessen. Von daher schreibt sich der Gebrauch, zu Weihnachten in den Kirchen sogenannte Krippen aufzustellen. Ich vermag nicht alles niederzuschreiben, was uns die Geschichte von der Liebe und Güte des Heiligen gegen alle Geschöpfe erzählt und der wunderbaren Gewalt, die er über sie hatte. Es genügt hierherzusetzen das Wort eines gelehrten Mannes:

Des Schöpfers Wink gehorchte dieser Mann, darum waren ihm auch die Geschöpfe untertan.

Der heilige Franziskus war einer der demütigsten und gehorsamsten Heiligen, die je gelebt haben. Er hielt sich wahrhaftig für den verächtlichsten aller Menschen, und wünschte auch für einen solchen gehalten zu werden, daher waren ihm Beschimpfungen immer willkommen. Einst wollte ihn Bruder Pazifikus prüfen und sprach zu ihm: „Bruder Franziskus, was denkst du von dir?“ Er antwortete: „Mich dünkt, dass ich wohl der größte Sünder bin.“ Wie nun der Bruder entgegnete, er könne dies nicht mit gutem Gewissen sagen, gab er zur Antwort: „Wäre unser Gott einem Sünder, wie bös er auch sei, mit so großer Erbarmung zuvorgekommen und gefolgt wie mir, so glaube ich, er hätte sich weit dankbarer gezeigt wie ich.“ Wie aber der Heilige die Tugend der Demut und des Gehorsams, diese Grundlagen aller Heiligkeit, verstanden und geübt, erhellt aus folgenden Worten: „Nehmt“, sprach er zu den Brüdern, „einen toten Körper, legt ihn, wohin ihr wollt, er widersetzt sich nicht, und wird er an einen anderen Ort hingetragen, er beklagt sich nicht; setzt man ihn auf einen hohen Stuhl, so sieht er nicht in die Höhe, sondern niederwärts; legt man ihm ein Purpurkleid an, so wird er nur noch hässlicher; ebenso ist ein demütiger, gehorsamer Mensch, der nie fragt, warum oder wohin er gesandt wird; auch nicht begehrt, dort oder dahin gesandt zu werden, der in der Demut bleibt, wenn ihm ein Amt anvertraut wird, und sich um so viel schlechter achtet, als er geehrt wird.“ Seine tiefe Demut war auch Ursache, dass er sich nie zum Priester, sondern nur zum Diakon weihen ließ. Er glaubte für eine so hohe Würde nicht rein genug zu sein. So sehr er von Gottes Geist erleuchtet war, zog er doch immer den letzten Bruder zu Rat. Auf seinen Reisen pflegte er immer dem Bruder, der ihn begleitete, Gehorsam zu leisten. Um nur den Gehorsam üben zu können, legte er schon früh sein Vorsteheramt nieder, und wollte für den geringsten Bruder gehalten und als solcher behandelt werden. Wie innig, wie flammend der Heilige aber Gott liebte, das ist nicht zu beschreiben; er war in Wahrheit ein Seraph in Menschengestalt. Von dem Liebesfeuer, das in ihm glühte, erglänzte sein Gesicht, glühte sein ganzer Leib. Einst befand er sich auf dem Berg Alverno, den ihm ein Ritter, den er durch seine Predigt bekehrt hatte, schenkte. Hier in schauerlicher Wüste hatte er sich eine kleine Hütte, fern von der Wohnung der Brüder, erbaut. Dort brachte er ganz allein viele Tage im Gebet zu, nur der fromme Bruder Leo durfte ihn täglich zur bestimmten Zeit besuchen. Nun kommt einmal zur Mitternacht der gute Bruder in die Hütte des Heiligen, findet ihn aber nicht. Der Mond schien hell am Himmel, es war eine sternhelle Nacht, als Bruder Leo in den Wald trat, um den Heiligen zu suchen, von dem er vermutete, dass er am einsamen Ort bete. Nach längerem Suchen findet er ihn endlich auf den Knien im Gebet liegend. Leise tritt Leo herbei, um zu horchen, ob er etwas verstehen könne. Da sieht er den Heiligen Augen und Hänge zum Himmel erheben und hört die Worte: „O lieber Herr! Wer bist du, o mein allersüßester Gott! Und wer bin ich, armes Würmlein, und dein geringer Knecht.“ Dieselben Worte wiederholte der Heilige oft und oft. Wie nun Bruder Leo in höchster Spannung die Augen auf den Heiligen richtet, sieht er eine hellleuchtende Feuerflamme vom Himmel auf Franziskus niedersteigen und aus dem Mund des Heiligen eine kleine Flamme derselben entgegenziehen, und aus der Flamme kam eine Stimme, welche mit dem heiligen Mann redete, und der er antwortete, ohne dass aber Leo die Worte hören konnte. Als nun die Flamme verschwand, wollte Bruder Leo sich unbemerkt fortschleichen, stieß aber an, es entstand ein Geräusch und Franziskus bemerkte den Bruder. „Sage mir“, sprach der Heilige zum erschrockenen Bruder, „du Schäflein Gottes, was machst du hier? Hab ich dir nicht geboten, dass du mich nicht beobachten solltest? Nun befehle ich dir zu sagen, was du gesehen!“ Leo erzählte gehorsam von dem Gesicht, das er geschaut und bat dann schmeichelnd den Heiligen, ihm zu sagen, wie das Gespräch gelautet, das er gehört, aber nicht verstanden habe. Franziskus, der den Bruder Leo wegen seiner kindlichen Einfalt besonders lieb hatte, willfahrte ihm und sprach: „O Leo, Tierlein Jesu Christi, mein lieber Bruder! Du sahest zwei Lichter, das eine war ein großes und das andere eine schöne Flamme. Das eine gab mir zu erkennen meinen Herrn und Gott und das andere mich selbst, meine Gebrechen und den Willen des Herrn meines Gottes. Und wie ich sprach: O lieber Herr! Wer bist du und wer bin ich? Da ward ich zu Gott hingezogen und beschaute den Abgrund der unermesslichen Güte Gottes und die klägliche Tiefe meiner eigenen Unwürdigkeit. Darum sprach ich: „Wer bist du, o höchster Herr, und ich, ein verächtlicher Erdenwurm!“ Nach diesen Worten gab der Heilige Bruder Leo den Auftrag, ihm nicht mehr nachzusehen. Diese Liebe des Heiligen, welche ihn öfters sichtbar in die Luft emporhob, so dass er frei in derselben wie ein Vogel schwebte, dieser Erde ganz entrückt, wurde immer mehr und mehr angefacht durch die beständige Betrachtung des bitteren Leidens des Heilands. Nur wenn er an das Leiden des Herrn dachte, musste er bitterlich weinen. Einst begegnete ihm ein frommer Mann, der die Ursache dieser Tränen nicht kannte und fragte ihn, was ihm fehle? „Ich weine“, antwortete Franziskus, „wegen des Leidens Christi, und ich sollte billig die ganze Welt durchwandeln und weinen, weil man die unaussprechliche Liebe Jesu so wenig erkennt und zu Herzen fasst.“ Gar oft war er in die Betrachtung des Leidens des Herrn so versenkt, dass er laut wehklagend die tiefste Einsamkeit suchte, um sich ausweinen zu können. Dort lud er die Vögel des Himmels, die Bäume und die Felsen ein, mit ihm das Leiden des Herrn zu beweinen. Da geschah es, dass Franziskus auf dem Berg Alverno weilend mit innigster Liebe den gekreuzigten Heiland betrachtete, und wie er glühend vor Sehnsucht sich zu Gott erhebt im Gebet, erscheint ihm eine Gestalt gleich einem Seraph am Kreuze hängend. Zwei leuchtende Flügel waren über sein Haupt erhoben, zwei waren zum Fliegen ausgespannt, zwei umhüllten den Körper. Als der Heilige diese himmlische Gestalt schaut, ergreift Wonne und Schmerz zugleich sein Herz; er sieht leuchtende Strahlen auf seine Seite, seine Hände und Füße sich niedersenken und in diesem Augenblick empfängt er die Wundmale Jesu an seinem Leib; er ist wahrhaft in Liebe mit Jesus gekreuzigt. Die Wunden an seinem Leib bluten, aber sorgfältig verbirgt er sie und erst in den zwei letzten Jahren seines Lebens wurden sie von mehreren Personen gesehen. Nach seinem Tod aber wurden sie von unzähligen Volkshaufen betrachtet und geküsst. Dies war wohl einer der höchsten Liebeserweise des Heilands gegen seinen Diener, der ihm so treu nachfolgte; aber eine andere Gnade für die ganze heilige Kirche wurde ihm schon früher zuteil. Wir haben schon gehört, wie er voll Verlangen, die Menschen zur Buße und Bekehrung zu bewegen, überall predigte und selbst zu den Mohammedanern ging, um sie für Christus zu gewinnen. Er betete und weinte beständig um die Bekehrung der Sünder. Es war im Jahre 1221, da Franziskus 38 Jahre zählte, als er in seiner kleinen Zelle auf den Knien liegend, eben wieder für die Bekehrung der Sünder betete, da erschien ihm ein Engel und gebot ihm, in die Kirche zu kommen. Es war dies die bekannte Kirche „Portiunkula“. In der Kirche fand der Heilige unseren Herrn Jesus Christus, seine Mutter und viele himmlische Geister. Christus sagte zu ihm: „Franziskus, verlange von mir, was du zum Heil und Trost der Völker und zu meiner Ehre wünscht.“ – Auf dieses hin sprach Franziskus: „Allerheiligster Vater, ich flehe zu dir, obgleich ich ein Sünder bin, du mögest den Menschen die Gnade gewähren, dass alle, welche diese Kirche besuchen, nachdem sie einem Priester gebeichtet haben, vollen Ablass von allen ihren Sünden gewinnen. Und ich bitte die allerseligste Jungfrau, deine Mutter, die Fürsprecherin des Menschengeschlechtes, sie möge sich für die Erfüllung meines Gebetes huldreich verwenden.“ Da neigte sich Maria zu ihrem geliebten Sohn und unterstützte die Bitte ihres Dieners, worauf Christus weiter sprach: „Was du begehrst, ist viel, doch wirst du noch größere Gnaden empfangen. Ich gewähre deine Bitte, allein derjenige, welchem ich auf Erden die Gewalt gegeben, zu binden und zu lösen, muss alles bestätigen.“ Schon am folgenden Morgen reiste Franziskus nach Rom zum Stellvertreter Jesu, dem Papst Honorius III., erzählte ihm, was ihm begegnet und Christus gewährt hat, und der Papst bestätigte ihm den vollkommenen Ablass für alle, welche die Portiunkula-Kirche besuchen und dort reumütig beichten, jedoch nur für einen Tag des Jahres. – Zwei Jahre später reiste Franziskus wieder nach Rom, durch ein wunderbares Gesicht dazu aufgefordert und erhielt vom Papst die Erlaubnis, den heiligen Ablass für den zweiten August jeden Jahres und für ewige Zeiten verkünden zu dürfen. Wie viele tausend seitdem schoon die schöne Portiunkula-Kirche besucht haben, um diesen Ablass, der jetzt auf alle Pfarrkirchen ausgedehnt ist, Vergebung ihrer Sünden und die Gnade der Bekehrung erlangt haben, wer kann sie zählen? So belohnte Jesus das Gebet und die Tränen seines Dieners für die Bekehrung der Sünder! Unermüdet hatte der Heilige mit seinen Brüdern für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen gearbeitet; sein Orden breitete sich überall aus, besonders, nachdem er vom Papst Honorius im Jahr 1223 feierlich bestätigt war. Männer aus allen Ständen drängten sich herbei, um arme, mindere Brüder zu werden. – Ebenso wollten Frauen die Welt verlassen und in den strengen Orden der heiligen Klara treten, die eine geistliche Tochter des heiligen Franziskus gewesen ist, und unter seiner Leitung schnell den Gipfel der größten Heiligkeit erstieg. Es ging damals eine eigentümliche Bewegung durch die katholische Christenheit, angefacht von den Worten und Beispielen des heiligen Franziskus und seiner Brüder. Die Herzen von Tausenden wurden entflammt zu bußfertigem Sinn, zu dem Entschluss, ihre Seelen zu retten. – Selbst viele Eheleute wollten dem Heiligen nachfolgen und ein armes, in Christo verborgenes Leben führen. Da fiel der Heilige, von Gott erleuchtet, auf den Gedanken, noch einen Orden zu stiften, dem auch Weltleute aus allen Ständen beitreten könnten, ohne gerade die Welt und ihre gewöhnlichen Geschäfte zu verlassen und sich durch besondere Gelübde zu binden. Dies ist der Ursprung des dritten Ordens des heiligen Vaters Franziskus.... Dieser Orden erhielt die feierliche Bestätigung mehrer Päpste und viele geistliche Gnaden. Selbst viele Päpste, Bischöfe, auch Kaiser udn Könige, Christen aus allen Ständen waren Mitglieder dieses Ordens, der bereits eine große Menge Heiliger zählt. Nachdem nun der heilige Franziskus so unbeschreiblich viel Gutes in der Welt getan und das Werk, das ihm Gott aufgetragen, vollbracht hatte, sollte er den Lohn empfangen, der ihm schon lange im Himmel aufbewahrt war. Aber zuvor musste er noch eine harte Schule innerer und äußerer Leiden durchgehen. Oft setzte ihm der böse Feind mit den heftigsten Anfechtungen zu, oft befiel ihn die größte Traurigkeit und Verlassenheit, auch im Orden selbst musste er manche Unordnung erleben, die ihn tief betrübte. Dazu kamen schmerzliche Krankheiten. Durch sein vieles Weinen war eer beinahe blind geworden und musste sich deshalb mit blühendem Eisen brennen lassen. Vierzig Tage lang konnte er ohne die heftisten Schmerzen kein Licht ansehen. Oft konnte er, besonders in den letzten Tagen seines Lebens, kein Glied des Leibes mehr rühren. Zuletzt zehrte er bis auf Haut und Knochen ab, und als ihn deshalb ein Bruder in Einfalt ermahnte, er möge doch Gott bitten, dass er ihm die Schmerzen lindere, verwies es ihm der Heilige und sprach: „Wenn ich nicht deine lautere Absicht kennte, so würde ich dich nicht mehr bei mir dulden, - weil du es wagst, die Gerichte Gottes zu tadeln.“ Hierauf erhob sich der heilige Kranke, obwohl totschwach vom Bett, fiel auf seine zitternden Knie und betete: „Mein Herr und mein Gott, ich danke dir für alle Schmerzen und bitte dich, wenn es dir also gefällig ist, dass du sie noch hundertfältig vermehren wollest. Denn das ist mir das Angenehmste, dass du mich hier mit Leiden züchtigst, und mein größter Trost ist es, dass dein Wille geschehe.“ Seine Krankheiten nannte er nur seine lieben Schwestern, und den Tod, der immer näher kam, seinen Bruder. Eines Tages befiel ihn ein heftiges Blutbrechen; die Brüder befürchteten sein Ende und baten ihn um seinen Segen und einige Worte zum Andenken. Der Heilige ließ nun den Bruder Benedikt kommen, der während seiner Krankheit die heilige Messe im Zimmer las, und folgendes als seinen letzten Willen niederschreiben: 1) Zum Zeichen und Andenken meines Segens und Testaments sollen sich die Brüder allzeit lieben, wie ich sie geliebt habe und noch liebe. 2) Sie sollen allzeit lieben meine geehrte Frau, die Armut und 3) Sie sollen allzeit ihren Vorgesetzten getreu gehorsam sein. Es segne und bewahre sie der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen. Während er in den heftigsten Schmerzen der Wassersucht dalag, ließ er sich schöne Lieder vorsingen, sang selbst mit und war immer heiter und freudig im Herrn, sich sehnend auf die Stunde des Todes, die ihm geoffenbart war. Als wenige Tage vor seinem Tod der Arzt an sein Bett trat und ihm auf sein ernstes Befragen erklärte, dass seine Krankheit unheilbar sei, streckte der Heilige seine Arme aus nach Jesus am Kreuz und rief aus: „Willkommen soll mir sein mein Bruder der Tod!“ und nun stimmte er mit den Brüdern Angelus und Leo einen wunderbaren Lobgesang an. Bisher wurde er in einer kleinen Zelle neben dem Kloster der heiligen Klara sorgsam gepflegt, dann, als er tödlich krank geworden war, nahm ihn der Bischof von Assisi in seine Wohnung auf, und als er die Nähe des Todes fühlte, begehrte er nach Portiunkula in seine Zelle gebracht zu werden. Dort angekommen, ließ er einees Morgens alle Brüder zu sich kommen, legte ihnen, da er beinahe blind geworden war, die Hände auf und segnete sie; dann ließ er Brot bringen und in Stücklein brechen, segnete es und reichte jedem ein Stücklein zum Zeichen der Liebe. Alsdann ließ er sich auf die bloße Erde niederlegen, faltete seine Hände und sprach: „Lebt wohl, meine Kinder, ich sage euch allen Lebewohl; - bleibt allzeit in der Furcht des Herrn. Trübsal und Versuchung naht heran; selig diejenigen, die beharren bis zum Ende. Ich aber gehe zu Gott und empfehle euch seiner Gnade.“ – Nun sangen die Brüder Leo und Angelus den Sonnengesang des Heiligen, in welchem er alle Geschöpfe, zuletzt den Tod, zum Lob Gottes einlädt; dann ließ er sich das Leben des Herrn aus der heiligen Schrift vorlesen, und als dieses geendet war, stimmte er den 141. Psalm an, und bei den Worten: „Führe aus dem Körper meine Seele, damit ich preise deinen Namen; die Gerechten warten mein, damit du mir wohltust“, verließ seine reine Seele den Leib und schwang sich empor zu Gott, den sie mit der Glut eines Seraphs geliebt, um ewig in Liebe mit ihm vereint zu sein. Der Heilige starb am 4. Oktober, im Jahr 1226, im Alter von 45 Jahren. Als man seinen Leichnam wusch und kleidete, konnte man auch deutlich seine Wundmale, die er immer verbarg, betrachten. An seinen Händen und Füßen zeigten sich schwarze Nägel, aussehend wie eiserne, aber durch göttliche Kraft aus seinem Fleisch gebildet. Die Seitenwunde glich vollkommen der Seitenwunde Jesu, sie war schön rot, wie eine blühende Rose. Am Sonntag nach seinem Tod wurde der heilige Leib feierlich in der Kirche St. Georg zu Assisi beigesetzt. Hier, wo er zum ersten Mal gepredigt, sollte er seine Ruhe finden. Papst Gregor IX. Kam ein Jahr danach selbst nach Assisi, untersuchte die vom Heiligen zahlreich gewirkten Wunder und versetzte ihn im Jahr 1228 feierlich unter die Zahl der Hieligen. Auf seinen Wunsch wurde der Grund zur jetzigen prachtvollen Kirche in Assisi gelegt, und als sie vollendet war, wurde der Leib des Heiligen dahingebracht. Im Laufe der Zeit ging die Kenntnis des Grabes des Heiligen verloren, denn die Einwohner von Assisi hatten seinen Leichnam bei der Versetzung in die neue Kirche weggenommen. Endlich nach beinah 600 Jahren, im Jahr 1818, wurde er nach sorgfältigem Nachgraben unter dem Hochaltar der Kirche gefunden. Aus dem Grab duftete ein lieblicher Wohlgeruch hervor. Jetzt ruhen die heiligen Gebeine desselben unter einem prächtigen Grabmal in der herrlichen Kirche zu Assisi, welche die Kunst zu einem der schönsten Tempel der Welt gemacht hat. Der heilige Franziskus wird gewöhnlich abgebildet in Franziskanerkleidung, mit den fünf Wundmalen Christi bezeichnet, eine Lilie in der Hand.


- Sorge vor allem, dass der Geist des Gebetes in dir nicht erlösche. - Der Teufel verlangt nur einen Faden von uns, aus diesem macht er ein großes Seil. - Niemand weiß, wieviel Demut und Geduld er hat, so lange ihm alles nach Wunsch geht. - So viel Demut und Geduld jemand zeigt, wenn er von denen verfolgt wird, die ihm Gutes tun sollten, so viel hat er und nicht mehr. - „Selig sind die Armen im Geiste.“ Viele Menschen fasten, beten und züchtigen ihren Leib, aber von einem einzigen Wörtchen, das ihnen zuwider ist oder wenn ihnen das geringste Unrecht geschieht, werden sie alsbald geärgert und verwirrt. Diese sind nicht arm im Geiste; denn wer wahrlich arm im Geiste ist, der hasst sich selbst und liebt auch die, die ihn auf die Backen schlagen. - Dies ist die wahre Ehre, dass man alle Ehre dem Herrn gebe, ihm getreu diene und für jede Gabe danke. - Ein wahrer Diener Gottes ist der, welcher Heiliges denkt, redet und tut. - Das Gut, das ich in der Ewigkeit erwarte, ist so groß, dass mir jedes gegenwärtige Vergnügen eine Pein ist.


(Quelle: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Regensburg 1884)