Unschuldige Kinder
Das Fest der heiligen unschuldigen Kinder
Unter den heiligen unschuldigen Kindern, welche von der katholischen Kirche am heutigen Tage als Martyrer verehrt werden, verstehen wir jene Knäblein, welche auf Befehl des Königs Herodes, des sogenannten Großen, umgebracht wurden, um darunter den neugebornen König der Juden zu treffen und aus dem Leben zu schaffen. Zur Zeit, als Jesus Christus Christus geboren wurde, regierte zu Jerusalem mit königlicher Gewalt der wegen seiner Grausamkeit allenthalben bekannte Herodes. Dieser war nicht aus dem Geschlechte der Juden, sondern ein Ausländer (Idumäer) und deswegen bei den Juden verhaßt. Herodes wußte dies wohl; deswegen fürchtete er, man möchte ihn von dem Throne stürzen, und ließ zur Sicherheit mehrere Personen von Ansehen hinrichten, von denen er argwohnte, als strebten sie ihn nach der Krone. Nun geschah es, dass die drei Weisen aus dem Morgenlande (Oriente) nach Jerusalem kamen, den neugebornen König, der ihnen durch einen Stern angezeigt wurde, zu suchen und anzubeten; sie zweifelten nicht, in der Hauptstadt des ganzen Judenlandes sichere Nachricht davon zu empfangen. Sie fragten denn auch ohne Scheu:
Der König Herodes befürchtete, dieser neugeborne König der Juden könnte ihn vom Throne stoßen; deshalb befahl er, als die heiligen drei Könige, obwohl er es verlangt hatte, dennoch nicht zu ihm zurückkehrten, den Kindermord in der angegebenen Absicht. Die gottselige Anna Katharina Emmerick erzählt ihn nach der erhaltenen Offenbarung also:
Herodes ließ unter mehreren Vorwänden Soldaten an verschiedene Orte um Jerusalem, bei Gilgal, Bethlehem und bis Hebron hinlegen und befahl, die Zahl der Kinder auszuforschen. Die Soldaten lagen bei dreiviertel Jahren an diesen Orten. Johannes Baptist war zwei Jahre alt und wieder einige Zeit heimlich bei seinen Eltern gewesen, als Herodes den Kindermord befahl. Ehe aber Herodes den Befehl ergehen ließ, dass die Mütter ihre Knäblein, bis zum 2. Jahre alt, vor die Obrigkeit bringen sollten, flüchtete die hl. Mutter Elisabeth, durch die Erscheinung eines Engels gewarnt, mit ihrem kleinen Johannes wieder in die Wüste. Jesus war ungefähr anderthalb Jahre alt, und er weinte und trauerte einen ganzen Tag, als ihm in Egypten der Mord der Kinder durch einen Engel angezeigt wurde.
Die Kinder wurden an sieben verschiedenen Orten ermordet. Nachmittags kamen die Mütter mit ihren Knaben, vom jüngsten bis zum zweijährigen, aus Hebron, Bethlehem und noch einem anderen Orte nach Jerusalem in verschiedenen Haufen. Sie wurden alle in ein großes Gebäude geführt, und die sie begleitenden Männer zurückgesendet. Sie zogen alle ganz fröhlich heran; denn sie glaubten, eine Belohnung für ihre Fruchtbarkeit zu erhalten, wie man ihnen versprochen hatte. Das Gebäude war etwas abgelegen, nicht weit von dem nachmaligen Wohnhause des Pilatus. Man führte die Mütter durch den Hof in zwei Seitengebäude. Als sie sich hier eingesperrt sahen, begannen sie zu weinen und zu wehklagen. In diesem Jammer blieben sie die ganze Nacht. Am folgenden Morgen fand der Mord der unschuldigen Kinder statt. Herodes war auch gegenwärtig mit einer Krone auf dem Haupte und sah mit anderen aus einem Fenster des Saales zu.
Die Mütter wurden einzeln mit ihren Kindern aus dem Seitengebäuden in die große Halle unten im Hintergebäude gerufen. Beim Eintritt wurden ihnen die Kinder von den Soldaten abgenommen und durch das Tor in den Hof gebracht, wo etwa zwanzig beschäftigt waren, sie mit Schwertern und Spießen in den Hals zu stechen und so zu ermorden. Man kleidete sie nicht aus. Das Morden dauerte bis gegen den Abend. Die Kinder wurden in demselben Hofe in einer Grube verscharrt. Ihre Zahl betrug vielleicht mehr als siebenhundert (im ganzen mehrere Tausend). Die Stelle des Kindermordes in Jerusalem war der nachmalige Richthof (Gerichtshof) unweit von dem Gerichtshause des Pilauts. Als Jesus am Kreuze gestorben war, stürzte die Grube der ermordeten Kinder ein, es erschienen ihre Seelen, und sie zogen von dannen.
In der Nacht auf den Kindermord wurden die weinenden und wehklagenden Mütter gebunden in einzelnen Haufen von Soldaten in ihre Heimat zurückgeführt. Die katholische Kirche hat diese wegen Jesus ermordeten unschuldigen Kinder immer als Martyrer verehrt.