Christophorus
Fest
25. Juli
Die anmutige Legende vom heiligen Christophorus
In vielen Kirchen sieht man auf oder neben den Altären die Bildsäule eines großen, starken Mannes mit einem abgerissenen Baumstamm in der Hand, das Christkindlein auf der Schulter. Das ist der heilige Christopherus, zu deutsch
Er stammte aus Canaan und war ein Heide mit Namen Reprobus, das heißt Verworfener, welchen Namen er zuvor mit Recht getragen, weil er gar sehr dem Heidentum ergeben war. Seine Gestalt und seine Kraft war wie die eines Riesen; wild und hochmütig war sein Sinn und Gemüt. Er hatte ein unstätes Leben geführt und immer gar stolz getan mit seiner Stärke. Da nahm er sich denn einst in seinem Übermut vor, den mächtigsten und größten Herrn auf Erden aufzusuchen und nur diesem zu dienen.
Keinem Andern will ich dienen,
als dem Mächtigsten der Welt,
wandern will ich und will suchen,
bis ein König mir gefällt.
Nur ein Herr so groß und mächtig,
dass ihm alle untertan,
dass ihm alle sind Verfallen,
weil er sie bezwingen kann!
Gesagt, getan. Er macht sich auf den Weg, zieht über Berg und Tal durch mancherlei Länder, bis er endlich zu einem König kam, dem viel Volk untertan gewesen und den man ihm als den Mächtigsten angepriesen. Er tritt in seine Dienste und der König hatte viele Freude an dem starken Riesen. Da
eines Tages zog ein Sänger,
in des Königs Hallen ein,
sang zur Harfe viele Lieder,
wo der König saß beim Wein.
Und er sang in alten Sagen
von des Satans Gewalt,
da bekreuzigt sich der König,
als das Lied vom Teufel schallt.
Reprobus hatte fleißig zugehört; da sah er den König das Zeichen des Kreuzes machen, als der Sänger den Satan nannte. Sogleich erhob er sich, trat zum König und fragte ihn, was er für ein Zeichen gemacht? Der gab ihm zur Antwort:
„So,entgegnete Reprobus, fürchtest du eines Andern Macht? Ich kann bei dir nimmer bleiben und will den aufsuchen, der gewaltiger ist als du – den Satans.“ Und er ging in die Wildnis hinaus und suchte den bösen Feind.
Da kamen durch die Waldesnacht
zwölf Ritter angeritten,
und einer saß auf hohem Roß
geharnischt schwarz inmitten.
Es weht von seinem Helm ein Busch
von roten Feuergluten,
es spritzt seines Roßes Huf
hoch auf wie Flammen Fluten.
So war Satan mit seinem Genossen, die in dunkler Nacht verborgene Wege zogen. Kühn trat ihm Reprobus entgegen und bot ihm seine Dienste an. Bald war das Bündnis geschlossen, der wilde Riese ist des Satans Knecht. Nun
Sie zogen über Feld und Haid,
da stand ein schlichtes Kreuz am Steg,
das Bild des Heilands hing daran.
Es mied Herr Satans den Weg, und wandte schnell sich um zur Flucht,
die ganze Schaar entfloh mit ihm.
„Herr Satans, den ich gesucht,
was fliehst du vor dem Zeichen da?“
Satan aber sprach: „Das Bild muss ich allerwegs fliehen, denn es stellt Christus den Herrn dar, der mich am Kreuze bezwungen.“ So will ich von dir lassen und den suchen, dessen Macht größer ist als die deine!“
Und sogleich ging er seines Weges weiter. Lange wanderte er umher, bis er an einem Fluss im Walde einen Einsiedler traf. Diesen fragte er, ob er ihm nicht sagen könne, welches der mächtigste König wäre, denn nur diesem wolle er dienen. Da nannte ihm nun der Einsiedler unsern Jesus Christus und sprach:
dem Du fortan sollst dienen;
Allmächtig ist er, liebevoll
uns Menschen hier erschienen.
Doch ist sein Reich nicht auf der Erde,
es ist im Himmel droben,
wo ihn der Engel heil'ge Schaaren
in ihren Psalmen loben.
Entsagung ist der fromme Dienst,
den dieser Herr begehret;
Drum bete, faste, mache nun,
Reprobus aber sprach: „Ich kann nicht beten, nicht fasten und nicht machen, ich will Christus auf andere Weise dienen.“ Da führte ihn der Einsiedler an den Fluss und sprach: „Hier baue Dir eine Hütte und trage über den Fluss auf deinen starken Schultern die Wanderer aus Liebe zu Deinem Herrn.“
Reprobus tat also. Unverdrossen und in aller Demut trug er Tag und Nacht die Wanderer in des Stromes Wellen an das Ufer. So machte er es lange Zeit. Da geschah es, dass er eines Nachts ein kleines Kindlein rufen hörte, es über den Fluss zu tragen. Sogleich erhob er sich von seinem Lager, nahm barmherzig das Kindlein auf die Schulter und trug es, auf seinen starken Stock gelehnt, durch die Wellen. Aber als er mit dem Kindlein mitten im Flusse stand, da steigen die Fluten immer höher und höher und das Kindlein wurde immer schwerer und schwerer. Reprobus musste nicht mehr weiter zu kommen und voll Angst rief er:
Da sprach das Kindlein:
und nach diesen Worten tauchte das Kind den starken Riesen unter die Wellen des Flusses und sprach weider:
Das Kindlein verschwand; Christophorus stieg bebend an das Ufer, steckte seinen Stock, wie ihm geheißen, in die Erde, und sah ihn grünen und blühen. Da fiel er nieder zur Erde, gelobte dem Herrn Jesus ewige Treue und hielt Wort. Denn als ihn ein König der Heiden zwingen wollte, den Götzen zu opfern, blieb er Christus treu, legte sein Haupt unter das Beil und starb für Christus, seinen Herrn dessen Reich kein Ende nimmt und dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden! Mit ihm, dem König aller Könige, herrscht er nun im Himmelreiche.
Schlusswort
Christliche Seele, willst Du auch mit Christus herrschen ewiglich, so musst Du in aller Demut ihm dienen wie Christophorus. Dienen musst Du, zum Dienen bist Du geboren, es kommt nur darauf an, welchen Herrn Du dienen willst. Dienest Du der Welt, so bist Du betrogen, denn sie kann Dir nicht geben, was sie verspricht; dienest Du der Sünde, dann ist Dein Herr der Satan, der seinen Knechten mit der Hölle lohnt. Diese beiden elenden, aber grausamen Herren, die Welt und der Satan, hat Jesus am Kreueze überwunden, ihre Macht und Herrlichkeit flieht wie ein Schatten vor seiner Herrlichkeit. Jesus Christus allein ist der Herr, der starke, heilige, unsterbliche, allmächtige Gott, ihm sollst, ihm musst Du dienen, wenn Du Ruhe und Friede hier, Seligkeit dort erlangen willst. Wenn Du auch Christi Herrschaft jetzt nicht anerkennen, wenn Du Dich auch unter sein süsses Joch nicht beugen willst, Du musst doch noch seine Herrschaft anerkennen und sei es auch in der Hölle! Was willst Du also tun, o Seele, welchem Herrn Willst Du dienen?...
(Quelle: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes. Regensburg 1884)