Seele
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- Angelika - |
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Die Unsterblichkeit der Seele
Es ist wahr, wir sind durch verschiedene Bande der Natur und der bürgerlichen Gesellschaft in dieser Welt gebunden, wir sind Vieles teils unserem Leibe und seiner Erhaltung, teils unsern Freunden und Anverwandten, teils der Familie, in der wir leben, teils auch dem Vaterlande, dem wir angehören, schuldig, und wir dürfen nichts von allem dem verletzen, was uns diese zeitlichen Verbindungen zur Pflicht machen, sonst würden wir allenthalben Verwüstungen und Unordnungen anrichten. Allein dabei dürfen wir auf jene Verpflichtungen, die uns an Gott binden, nicht vergessen, diese sind die ersten und vorzüglichsten. Oder wenden wir nur die Frage des Heilandes im Evangelium: "Wessen ist das Bild und die Umschrift?" auf unsere Seele an. Wessen ist ihr Bild?" ist es nicht Gottes? Warum wollen wir also Gott entziehen, was ihm angehört? Warum vernachlässigen so viele Menschen das Heil und die Sorge ihrer Seele? Hat sie denn einen geringeren Wert als der Leib? Hat sie vor dem Leibe nicht den Vorzug der Unsterblichkeit?Muss uns also nicht das jenseitige Glück unserer Seele, ihr künftiger Zustand schon antreiben, hier zu sorgen, daß sie dort jene Glückseligkeit erreiche, nach der einem jeden Menschen ein unabweisbarer Trieb ins Herz gelegt ist? Oder sollte die Seele ein bloßer Hauch sein, der dahinschwindet und in nichts zurückkehrt? Ferne sei von uns ein solcher Gedanke. Rein! die Seele verdient unsere größte Sorge, denn sie ist Gottes Ebenbild, sie ist unsterblich.
Die Vernunft stellt als erstes Kennzeichen der Wahrheit eines religiösen Lehrsatzes die allgemeine Übereinstimmung aller Völker der Erde auf. "Sind alle Völker von einer Sache einer Meinung," sagt der römische Weltweise Cicero, "so ist dies die Sprache der Natur." Eine solche Wahrheit ist dann hinlänglich durch das bei allen Völkern gleichlautende Gefühl dargetan, und sie bezweifeln, oder leugnen, heißt sich von der Menschheit lossagen, heißt kein Mensch, sondern ein Ungeheuer sein. Nun ist aber eben die allgemeine Meinung, die Übereinstimmung aller Menschen auf der Erde in keiner Lehre laut sprechender, als gerade in der Lehre vom Dasein eines höchsten Wesens und von der Unsterblichkeit. Ich umgehe alle Völker von den drei schon den Alten bekannten Weltteilen, weil diese immer in solcher Verbindung mit eineander standen, dass ein spitzfindinger Freidenker inwenden könnte, unter diesen Völkern sei der Glaube an die Unsterblichkeit von einem Volke, das zuerst daran glaubte, zum andern und so weiter verbreitet worden. Ich weise also auf solche Völker hin, die sich in dem lange unentdeckten Weltteile Amerika in seiner Verbindung mit andern Völkern befanden, und noch als rohe Naturmenschen lebten. Auch bei diesen fand man bei ihrer Entdeckung den Glauben an die Unsterblichkeit. Lerius, ein Engländer, der sich eine Zeit lang bei den wilden Einwohnern von Toupinamboult in Brasilien aufhielt, sagt uns von diesen Leuten: "Es ist keine Nation in der Welt zu finden, die weniger Religion habe, als diese; dennoch könne er zum Beweise, dass mitten aus der dichtesten Finsternis, in der sie sich befinden, einige Lichtstrahlen hervorleuchten, für gewiss behaupten, dass sie nicht nur einige Kenntnis von der Unsterblichkeit der Seelen haben, sondern solche mit größter Gewissheit glauben." Nein - dieser Stimme der Natur können wir nicht widersprechen, die allgemeine Übereinstimmung aller Völker in der Lehre von der Unsterblichkeit ist einer der stärksten Beweggründe, sie zu glauben. Weil alle Menschen besorgt sind, was sie nach ihrem Tode werden sollen, so lehrt uns unsere Natur stillschweigend die Unsterblichkeit.
Allein so überzeugend dieser einzige Grund von der Unsterblichkeit ist, so weiss die Vernunft dennoch aus der Beschaffenheit des Menschen selbst und aus Gottes Eigenschaften die Wahrheit der Unsterblichkeit noch deutlicher zu bestätigen. Wenn wir unsere Seele, dieses unbegreifliche Ebenbild Gottes, betrachten so entdecken wir in derselben die vortrefflichsten Anlagen und Eigenschaften, wir werden in derselben Fähigkeiten gewahr, die uns wunderbar vorkommen müssen. Der Mensch hat eine unersättliche Begierde, zu wissen, und vermöge einer ihm angebornen Fähigkeit kann er sich auch zu einem sehr hohen Grad von Weisheit und Wissenschaft erschwingen; er hat einen Trieb nach Wahrheit in sich, und ist sich solcher Anlagen bewußt, duch die er dieselbe erreichen und finden kann. Aber er sieht wohl ein, dass, wenn er auch noch so große Weisheit und Wissenschaft hat, dennoch viele Dinge sind, die er nicht einsieht und nicht weiß, obgleich seine Wißbegierde darnach strebt; er erkennt, dass die Wahrheit hiniegen mit einem dunklen Schleier umhüllt ist, und dass tausend Gefahren sich finden, welche die Entdeckung der Wahrheit nicht nur unsicher machen, sondern sogar die Lüge in das Gewand der Wahrheit kleiden. Sollte nun der Mensch alle diese Anlagen und Fähigkeiten, diese Wißbegierde und diesen Wahrheitstrieb von seinem Schöpfer nur auf einige Tage dieses Lebens, für die kurze Spanne dieser Zeit empfangen haben? Schon die Vernunft sagt - nein. Diese Fähigkeiten und Anlagen, diese schönen Triebe, die auf der Erde oft nicht befriedigt werden können, müssen jenseits ihr Ziel erreichen, dassf ordert der Begriff, den wir uns von der Weisheit Gottes machen müssen. Oder sollte Gott den Menschen mit seinen großen Anlagen und Fähigkeiten nur darum begabt haben, um ihn auf der Erde mit dem beständigen, aber nie erfüllten Verlangen, seine Fähigkeiten zu ersättigen, zu quälen? Auch in jedem Kinde liegen alle Anlagen und Fähigkeiten der Erkenntnis, der Weisheit und der Trieb nach Wahrheit, es stirbt aber schon nach weinigen Stunden seines Daseins, wozu also die Verschwendung so himmlischer Gaben an einem Geschöpfe, dass sich solcher Vorzüge nie bewußt werden sollte, dass in wenigen Stunden wieder in das Nichts zurückkehren sollte, aus dem es gekommen? Die erhabenen Eigenschaften der Menschen beweisen also auch ihre Unsterblichkeit , und die Weisheit Gottes lässt uns über die Richtigkeit deses Schlusses seinen Zweifel mehr übrig.
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