Niketius
Fest
Lebensbeschreibung
Der hl. Bischof Niketius von Trier war nach der Erzählung Gregor's von Tours (de vitis P. P. c. 17), welcher sich auf dessen Schüler, den Abt Aredius von Limoges beruft, mit der Tonsur schon auf die Welt gekommen. Dies ist natürlich dahin zu verstehen, dass er schon als Kind entschiedenen Beruf für den Ordens- und Priesterstand zu erkennen gab. Ob er wirklich, wie Brower vermutete, aus der Auvergne stammte, ist ungewiss. In neuester Zeit ist die Vermutung ausgesprochen und durch Berufung auf Venantius Fortunatus, welcher den Heiligen einen Mailänder nennt, wahrscheinlich gemacht worden, dass er aus Mailand gebürtig war (vgl. Lütolf, Glaubensboten, S. 260). Hiernach wäre auch das Kloster, in welchem er längere Zeit als Abt wirkte, in der Tat nicht zu Limoges, sondern etwa am Komer See, nämlich zu Comacina (insula Lariensis), zu suchen. Als Bischof Abrunculus (nicht Rusticus) von Trier starb, wurde er durch den König Theoderich I. von Austrasien, wahrscheinlich im Jahr 527, statt des vom Klerus gewünschten Gallus zu seinem Nachfolger ernannt.
Mit ihm nahm (Friedrich, K.-Gesch. Deutschl. II. 181) die Trierer Kirche wieder einen Aufschwung, wie sie ihn zur Zeit ihrer großen Bischöfe Maximinus und Paulinus (s.d. d.) gesehen hatte. Er gewährt, wie ein anderer Geschichtsschreiber sagt (Rettberg, K.-Gesch. Deutschl. II. 181), das anziehende Bild eines Kirchenfürsten, der mit hierarchischem Ernste die so schwierige Aufgabe der geistlichen Führung der kaum bekehrten zügellosen fränkischen Großen durchzuführen wusste. Strenge Askese für sich und die ihn umgebenden Geistlichen, Wohltätigkeit und Aufopferung für Unterdrückte, reine und volle Orthodoxie allem Häretischen gegenüber, waren die Mittel, wodurch er der rohen fränkischen Kraft Achtung abgewann. Gleich bei seinem Einzuge in Trier trat er dem Übermute des Gefolges, das ihm der König mitgegeben, sehr entschieden entgegen. Als sie nämlich bei der letzten Rast, dicht vor der Stadt, die losgebundenen Pferde schonungslos in die Saaten trieben, drohte er ihnen sofort mit der Exkommunikation und zwang sie so zur Schonung des Getreides. Seine Hirtentreue und Aufopferung übertraf alle Erwartung. Furchtlos wandte er gegen die Fleischesvergehen der fränkischen Großen kirchliche Zensuren an. Als er dieselbe Strenge selbst gegen die Könige und deren Hofleute übte, wurde er von Chlotar I. verbannt. Das Exil erhöhte seinen Ruf. Einst kam zu ihm ein Mann mit langem Bart- und Haupthaar, der aus einem Seesturm auf dem Mittelmeer sich nur durch Anrufung des Gottes des Niketius gerettet und gelobt hatte, vor einem Besuche bei ihm sich nicht zu scheren.
Um Herstellung und Erneuerung der Gotteshäuser erwarb er sich große Verdienste. Täglich predigte er dem Volke, nahm er das Bekenntnis seiner Sünden entgegen und bat er um die Nachlassung derselben. Auch ein befestigtes Schloss mit dreißig Türmen erbaute er unterhalb Trier an der Mosel. Die Künstler hierzu berief er aus Italien, an deren Spitze ein gewisser Rufus stand. Seine Wirksamkeit erstreckte sich über die Grenzen seines Bistums. An Clodoswinde, Gemahlin des Longobardenkönigs Alboin, eine fränkische Prinzessin, erließ er eine Aufforderung, ihren Gemahl vom Arianismus abzubringen. Er beweist die Wahrheit der kathol. Lehre aus der Wunderkraft der Kirche und der Reliquien bei den Rechtgläubigen und deren Ohnmacht bei den Arianern. Den Kaiser Justinian warnte er wegen seiner monophysitischen Tendenzen in sehr scharfer Weise. Auf den Synoden seiner Zeit war er ein eifriges Mitglied. Wir finden ihn im Jahr 535 zu Klermont, in Auvergne, 549 zu Orleans auf dem 5. Konzil, 550 zu Auvergne und ebenso zu Toul, 553 zu Paris. Außer mehreren Briefen haben sich zwei Schriften liturgischen Inhalts von ihm erhalten; die eine führt den Titel: De vigiliis servorum Dei (von den Nachtwachen der Diener Gottes), die andere: De bono psalmodiae (von dem geistlichen Nutzen des Psalmensingens).
Aus beiden (übersetzt von Mandernach, März 1850) leuchtet seine tiefe, innige Frömmigkeit, seine Demut, sein Eifer für Gottes Ehre und seine Gelehrsamkeit deutlich hervor. Überdies hat er ohne allen Zweifel was er Andern anrät selbst in vollkommener Weise geübt. So sehr der Schlaf notwendig sei, führt er in der ersteren Schrift aus, um die zur Arbeit des Tages nötigen Kräfte zu bewahren und zu stärken, so sei es gleichwohl auch bei Weltleuten nichts Ungewöhnliches, auch noch einen Teil der Nacht zu ihren Geschäften zu verwenden. Um so weniger dürfe dies solchen missdeutet werden, welche der geistlichen Übungen wegen das Gleiche zu tun pflegen. Hierauf zeigt er den großen Nutzen des nächtlichen Gebetes aus der Erfahrung und aus Beispielen der heil. Schrift. Im Schlusse sagt er unter Anderem: »Gut ist allerdings die Betrachtung und das Gebet bei Tage, aber zur Nachtzeit ist es viel gnadenreicher und wirksamer; bei Tag hindert uns das Geräusch verschiedener notwendiger Arbeiten und Geschäfte an der Sammlung des Geistes, vielfache Sorge zerstreut den Sinn, die Nacht aber ist still und ruhig, den Betenden sehr tauglich und den Wachenden angenehm, weil man von den täglichen Geschäften frei ist und sich mit voller Sammlung vor das Angesicht Gottes stellen kann.« Hieran anschließend ermahnt er mit eindringlichen Worten zu einem wahrhaft frommen Psalmengesang, indem er in der zweiten Schrift zeigt, wie wohlgefällig derselbe dem lieben Gott sei und wie nützlich für uns: »durch die Psalmen werden wir ergötzt, durch die Gebete befruchtet, durch die eingestreuten Lektionen genährt.« Es geht uns wie Gästen, die um so vergnügter sind, je mehr die Speisen abwechseln; ebenso nämlich werden wir durch die Verschiedenheit der Lesung und der Hymnen reichlich bedient. Zuletzt folgt eine Anleitung zum andächtigen und erbaulichen Gesang und eine Warnung vor den Fehlern, die sich dabei leicht einschleichen. (Beide Abhandlungen vollständig bei d'Achery, spicil. I. 221–225.)
Ebenso atmen auch seine noch vorhandenen Briefe Frömmigkeit und Gelehrsamkeit. Kein Wunder, dass er nach dem Zeugnisse Gregors von Tours auch vom Volke wegen seiner bewunderungswürdigen Rednergabe, seiner guten und wunderbaren Werke sehr gerühmt wurde, denn er glänzte durch das Verdienst des Almosens, der Nächstenliebe und vollendeten Heiligkeit (hist. Franc. X. 29. de gl. conf. c. 94). Gegen sich karg, hatte er (Friedrich, l. c. S. 184) stets offene Hände für die Notleidenden jeder Art. Der Verbannte fand bei ihm einen zweiten heimatlichen Herd. Seine Hilfe war jedem sicher. Von ihm ging kein Hungernder ungesättigt hinweg, er trocknete allen Armen die Tränen und beseitigte die Klagen der Trauernden. In Allem was er forderte ging er mit eigenem Beispiele voran. Seinen Tod setzt man gewöhnlich ins Jahr 566. Er wurde mit den Ehren eines Heiligen bei St. Maximin beigesetzt und an seinem Grabe geschahen bald wunderbare Heilungen. (Mart. I. 314.) Im Jahr 942 wurden seine Reliquien mit denen anderer Heiligen vom hl. Hildulphus feierlich erhoben. Das Mart. Rom. nennt ihn gleichfalls am 6. Dezember.
(Quelle: nach Vollständiges Heiligen-Lexikon von J.E. Stadler, F.J.Heim und J.N. Ginal, Augsburg 1858-1882, digitalisiert und mit freundlicher Genehmigung von Digitale Bibliothek, Verlag Directmedia Publisching GmbH, CD DB 106, http://www.zeno.org, von FJM überarbeitete Fassung)