Thomas-Becket

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Der heilige Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury und Märtyrer

Fest

29. Dezember

Das Leben und Wirken des Hl. Thomas

Der heilige Thomas ward zu London in England im Jahre 1117 als Sohn adeliger, frommer, aber wenig bemittelter Eltern geboren, welche ihn frühzeitig zur Gottesfurcht anleiteten und in den Wissenschaften unterrichten ließen. Sowohl in der Frömmigkeit als in der Gelehrsamkeit nahm Thomas so zu, dass er von Geistlichen und Weltlichen hoch geschätzt und vom König Heinrich II. zum Reichskanzler 1157 erhoben wurde. Dieses Amt verwaltete er zum Wohle der Untertanen, bis im Jahre 1162 der erzbischöfliche Stuhl zu London durch den Tod Theobalds, der den Thomas schon lange zuvor zum Priester geweiht und zum Erzdiakon erwählt hatte, erledigt wurde. Der König nannte aus eigenem Antriebe Thomas zum Nachfolger des Verstorbenen. Lange Zeit widerstrebte der Heilige, doch musste er, denn Willen Gottes erkennend, die hohe, aber sehr beschwerliche geistliche Würde eines Erzbischofs auf sich nehmen. Als solcher befliss er sich, ein Leben zu führen, welches seinen Untergebenen zu einem Vorbild dienen sollte. Der Eifer für die Ehre Gottes und für das Heil seiner Untergebenen hatte sein Herz ganz eingenommen. Er unterließ nichts, was er hierzu für notwendig oder dienlich erachtete. Die Armen und Notleidenden genossen den größten Teil seiner Einkünfte; das wenigste wendete er zum eigenen Unterhalte an, da er von allem Hochmute, aller Pracht und allem Wohlleben entfernt, vielmehr der beständigen Abtötung seiner selbst ergeben war.

Eine so auferbauliche Lebensweise machte den neuen Erzbischof bei Gott und den Menschen angenehm. Da er aber einige geistliche Güter, welche der Kirche vom Könige und von anderen unrechtmäßig entzogen worden waren, von den ungerechten Besitzern zurückforderte, indem er dies für seine Gewissenspflicht hielt, wiegelte man einen Teil des Volkes wider ihren Hirten auf und man suchte auch den König selbst von der Liebe und Hochschätzung desselben abzuziehen. Auch andere Ursachen kamen hinzu. Es waren aber einige bei Hofe, die dem König in den Kopf setzten, der Heilige habe die Rechte des Königs verletzt, und ihm allein als dem Könige käme die Beurteilung und Bestrafung sowohl der Geistlichen als Weltlichen zu. Er hätte allen ohne Ausnahme zu gebieten, er solle sich seine Rechte nicht schmälern lassen; es wäre schimpflich für ihn, dass die Geistlichen sich seiner Gewalt entziehen wollten. Damit noch nicht zufrieden, brachten sie den König dahin, dass er verschiedene Gesetze ergehen ließ, welche den Rechten und Freiheiten der Kirche entgegen waren.

Der Heilige Thomas legte die Kanzlerwürde nieder, verteidigte aber unerschrocken die Rechte der Kirche und war fest entschlossen, lieber das Leben zu lassen, als in etwas einzuwilligen, was dem seinem Gott und der Kirche geleisteten Eide widerstrebte. Hierdurch verlor er alle Gunst des Königs; und weil er wohl voraus sah, dass noch größere Unruhen zu befürchten wären, wenn er im Reiche verbliebe, so ergriff er mit zwei Geistlichen heimlich die Flucht, reiste nach Rom, erklärte dem Papst Alexander III. mündlich, was sich ereignet hatte, und bat ihn demütigst, einem anderen das Erzbistum zu übertragen. Der Papst lobte zwar seine Standhaftigkeit, aber seiner Bitte gab er kein Gehör, sondern riet ihm, unterdessen irgendwo ruhig zu verweilen, bis der König zur Erkenntnis seines Unrechtes käme. Daher begab sich der heilige Erzbischof in das Zisterzienserkloster Pontigny in Frankreich, und lebte da in großer Strenge und Heiligkeit. Aber so weit ging der König in seinem Hasse gegen Thomas, dass er den Mönchen in Pontigny sagen ließ, er würde alle Klöster ihres Ordens in England zerstören, wenn sie seinen Feind Thomas länger bei sich behielten; daher entfernte sich der Heilige freiwillig aus demselben. Der König Ludwig VII. in Frankreich, davon benachrichtigt, reiste selbst zu dem heiligen Erzbischöfe und führte ihn in ein anderes Kloster nach Sens, welches den Namen von der hl. Columba hat. In diesem verblieb er so lange, bis der König in England sich (nach sieben Jahren) wieder mit ihm aussöhnte. Der Heilige verwaltete sein Amt wie zuvor mit größtem Eifer, ohne sich wegen der ihm zugefügten Unbilden in mindesten zu beklagen. Allein seine Feinde ließen ihm nicht lange Ruhe. Sie verleumdeten ihn abermals bei dem König als einen Mann, der auf sein und das ganze Reiches Verderben sinnen würde.

Das Martyrium des hl. Thomas

So ungereimt und handgreiflich falsch diese Anklage immer war, so wurde sie doch von dem Könige geglaubt; daher sprach er mehrmals in seinem Zorne:

„Kann ich denn in meinem Reiche von einem einzigen Priester keine Ruhe haben? Ist denn niemand, der mich von einem so hochmütigen Manne befreien kann?“

Einige aus dem Anwesenden meinten nun, sie würden dem Könige einen Gefallen tun, wenn sie Thomas aus dem Wege räumten. Daher rotteten sie sich zusammen, kamen nach Canterbury und gingen mit bewaffneter Hand der Kirche zu, wo der heilige Bischof der Vesper beiwohnte. Sobald die anwesenden Geistlichen von der Ankunft dieser Mörder Nachricht bekamen, wollte sie die Kirchentüren zuschließen; der heilige Thomas aber gestattete es nicht. „Die Kirche,“ sprach er, „ist keine Festung, wo man sich zur Gegenwehr setzen soll; und ich will mein Leben gerne für die Kirche Gottes aufopfern.“ Inzwischen drangen die Verschworenen in die Kirche ein, und einer derselben rief gleich beim Eintritt: „Wo ist der Reichsverräter Thomas?“

„Hier bin ich,“

antwortete der heilige Thomas,

„doch kein Reichsverräter, sondern ein Priester Gottes, der bereit ist, für Gott und dessen Kirche sein Blut zu vergießen. Dieses allein befehle ich euch im Namen Gottes, dass ihr keinem von den Meinigen einen Schaden zufüget.“

Hierauf kniete er vor dem Altare nieder, empfahl Gott dem Herrn, der Mutter Gottes, dem hl. Dionysius und den anderen heiligen Schutzpatronen sich und seine Kirche. Er hatte das Gebet noch nicht vollendet, da führte einer der verwegensten Bösewichte mit seinem Schwerte einen solche Streich, dass er dem heiligen Erzbischof das Haupt zerspaltete, im Jahre 1170 am 29. Dezember.

Die übrigen folgten ihm sogleich in der Gottlosigkeit nach und gingen so grausam mit dem heiligen Erzbischof um, dass der Antritt des Altars mit dem Gehirn, und der ganze Umkreis mit dem Blute desselben bespritzt wurde. Hierauf plünderten sie die erzbischöfliche Wohnung und zerstörten alles, was sie erreichen konnten. Die Geistlichen, welche aus Furcht und Schrecken geflohen waren, kamen nach dem Abzug der Meuchelmörder wieder zu dem Leibe des Heiligen und bestatteten denselben mit großer Ehrerbietung zur Erde. Bei Ausziehung der Kleider fand man ein härenes Bußkleid.

Der König, welcher die Ermordung nicht befohlen, aber doch durch oben gemeldete Reden dazu die Veranlassung gegeben, wirkte sehr strenge öffentliche Buße und bestrafte die Mörder. Thomas wurde 1173 vom Papst Alexander III. heilig gesprochen.

Beherzigung

1. Der heilige Thomas hat lieber in die Ungnade des Königs fallen und alle seine Güter verlieren wollen, als in solche Dinge einzuwilligen, welche er ohne Beleidigung Gottes nicht zugeben konnte, obschon er sich dadurch bei dem Könige in die höchste Gnade hätte setzen können. Hiermit hat er gezeigt, dass er die Gnade Gottes höher schätzte, als die Gnade des Königs. Und dieses recht und billig; denn was nützt einem Christen alle Gnade der Menschen, wenn er Gott zum Feinde hat? Was schadet ihm hingegen alle Ungnade der Menschen, wenn er Gott zum Freunde hat? Gott hätte den heiligen Thomas, seinen Diener, befreien und vor dem Zorn des Königs beschützen können. Er hat es aber nicht getan; damit die Welt ein Beispiel hätte, dass man lieber sterben, als die Gnade Gottes durch eine Sünde verlieren sollte. Lerne von diesem Heiligen, dass du niemals Menschen zuliebe Gott beleidigen mögest.

2. Der heilige Thomas zeigte nicht den mindesten Schrecken, nicht die geringsten Unruhe, als er seine Mörder vor sich sah. Warum? Er war bereit, zu sterben. Wer sich beizeiten zum Tode vorbereitet und in der Gnade Gottes verharrt, den wird der ankommend Tode gar nicht, aber sehr wenig beunruhigen und ängstigen. Wie ginge es dir, wenn du noch vor dem Ende dieses Jahres sterben müsstest? Vielleicht wie dem Könige Saul oder dem gottlosen Antiochus, die vor Schrecken und Angst nicht gewusst haben, wo sie sich hinwenden sollten? O! Ein sicheres Zeichen, dass du dich zum Sterben noch nicht bereitet hast. Warum aber nicht? Willst du etwa ohne Vorbereitung sterben? Ach, das nicht, sagst du, sonst stürbe ich ja ganz gewiß unglücklich. Was dann? Willst Du etwa so handeln, wie jene törichten Jungfrauen, welche ihre Lampen erst zurichten wollten, als der Bräutigam schon in der Nähe war? O! Gib acht, dass es dir nicht wie diesen ergehe. Sie waren nicht bereit, da der Bräutigam ankam; sie wollten sich erst bereiten; aber eben deswegen, weil sie nicht bereit waren, sind sie von der himmlischen Hochzeit ausgeschlossen worden. Jene allein sind zugelassen worden, welche bereit gewesen sind. Ach! Sich erst bereiten wollen, wenn der Tod schon abruft, hat schon vielen Tausenden ein unglückliches Sterben gebracht. Gib acht, dass es Dir nicht ebenso ergehe.

„Tut Buße“,

ermahnt der heilige Augustin,

„ehe der Tod ankommt; denn wenn ihr solche erst in der letzten Krankheit tun wollt, o! wie hart wird es euch fallen. Warum dieses? Weil alle Gedanken eines Kranken nur dahin gehen, wie er sich eine Linderung in seinen Schmerzen verschaffen könne.“

(Quelle: Goldene Legende: Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, Wilhelm Auer, Matthäus Vogel,1904 nach von FJM überarbeiteter Fassung)