Kirchengebote
Der Sinn der Kirchengebote
Außer dem Lehramt und Priester-Amt hat Christus der Herr seiner Kirche auch das Hirten-Amt übertragen.
Vermöge dieses Amtes besitzt die hl. Kirche die Vollmacht, die Gläubigen im Namen Jesu Christi zu leiten und zu regieren und durch weise Gesetze, angemessene Vorschriften und Gebote auf der Bahn des Heils zum ewigen Leben zu führen.
Die Gläubigen aber, die zu der Herde Christi gehören, haben die strenge Pflicht, der Kirche Gehorsam zu leiten und ihre Gebote getreu und gewissenhaft zu beobachten.
Das die Kirche das Recht habe, Gebote zu geben, davon überzeugt uns schon ein Blick auf die Einrichtung und den Zweck der Kirche.
Die katholische Kirche ist ein sichtbares, geistliches Reich, eine große Gesellschaft, die über die ganze Welt ausgebreitet ist. Nun hat jede Gesellschaft einen bestimmten Zweck, und dessentwillen sie errichtet ist. Zur Erreichung dieses Zweckes stehen jeder Gesellschaft gewisse Mittel zu Gebote. Ebenso stehen an der Spitze jeder Gesellschaft Vorgesetzte, denen es zukommt, die einzelnen Glieder nach dem Zweck der Gesellschaft zu leiten.
Alles dies trifft nun zu bei der von Jesus Christus gestifteten Gesellschaft, die die katholische Kirche heißt. Ihr Zweck ist der heiligste erhabenste und edelste den es geben kann; er geht über die Zeit hinaus und liegt in der Ewigkeit; das hohe Ziel hinaus und liegt in der Ewigkeit; das hohe Ziel, das der Kirche vorgesetzt ist, die Rettung der durch das Blut Jesu Christi erkauften unsterblichen Seelen, ist die Erreichung der ewigen Seligkeit, zu der sie ihre Kinder mit mütterlicher Liebe und Sorgfalt führt.
Hilfen auf dem Weg zur Seligkeit
Um dieses schöne Ziel zu erreichen, hat Jesus Christus seiner Kirche viele und heilsame Mittel übergeben.
Es sind vor allem das hl. Messopfer und die hl. Sakramente.
Aber auch das Hirtenamt gehört zu diesen Mitteln. Kraft des Hirtenamtes sollen nämlich die rechtmäßigen kirchlichen Obern die Gläubigen durch zweckdienliche Gebote, Anordnungen und Gesetze zu einem christlichen gottgefälligen Lebenswandel anleiten.
Die kirchlichen Obern sind aber die Bischöfe,“ der hl. Geist gesetzt hat, die Kirche Gottes zu regieren“ (Apg. 20,28), vor allem der oberste Bischof, der römische Papst,“ der Nachfolger des hl. Petrus, der Statthalter Jesu Christi, das Haupt der ganzen Kirche, der Vater und Lehrer aller Gläubigen, dem von Christus im hl. Petrus die volle Gewalt, die ganze Kirche zu weiden, zu regieren und zu leiten, übertragen worden ist“ ( Kirchenversammlung Florenz )
Der Papst, die Bischöfe und die ihnen untergeordneten Priester verwalten demnach in der Kirche eine göttliche Gewalt, eine Gewalt, die ihnen Jesus Christus der göttliche Stifter der Kirche, übergeben hat.
In dieser Gewalt ist auch die Vollmacht eingeschlossen, durch weise Gebote und zweckmäßige Vorschriften der Kirche zu leiten. Ohne dieses Mittel könnte die Kirche auch gar nicht bestehen.
Keine Gesellschaft, sie mag groß oder klein sein, hat bestand ohne Ordnung, ohne Regel und Gesetz.
Deshalb hat auch jede Familie ihre bestimmte Hausordnung, jede Gemeinde ihre besondern Einrichtungen, jedes Reich seine eigenen Gesetze, seine Vorgesetzten, die das Recht und die Pflicht haben, das Ansehen der Gesetze aufrecht zu halten.
Sollte dies bei der hl. Kirche, der größten Gesellschaft die es auf Erden gibt anders sein? Gewiss auch sie könnte nicht bestehen und ihre Bestimmung nicht erreichen, wenn, sie keine gegebenen Macht besäße, wenn niemand in ihr das recht, hätte, diese Gebote zu geben, und niemand die Pflicht hätte, Gebote zu geben, und niemand die Pflicht hätte, diese Gebote zu erfüllen. Ihre Einheit müsste aufhören, alle Ordnung sich lösen, und eine Verwirrung müsste zutage treten, die notwendige den Untergang der Kirche herbeiführen würde.
Darum sagt der hl. Augustin:“ Die wahre Religion kann nicht bestehen, wenn sie nicht mit einer Macht und Gewalt betraut ist, vermöge deren sie ihren Angehörigen gebieten kann, was sie für ihr ewiges Heil als notwendig erachtet, und der sich alle unterwerfen und vollkommenen Gehorsam leiten müssen.“ So überzeugt uns schon die Vernunft, das die Kirche das Recht besitzen müsse, Gebote zu geben. Aber auch ein Blick in die hl. Schrift lehrt uns dies. Christus der Herr hat tatsächlich die Kirche beauftragt und bevollmächtigt, die Gläubigen zu leiten und zu regieren.
Vor seinem Heimgang zum Vater sprach der auferstandene Heiland zu seinen versammelten Aposteln:“ Wie mich der Vater gesandt hat, so sende auch ich euch“ (Joh 20,21).
Damit hat der Herr den Aposteln die gleiche Vollmacht übergeben, die er selbst zum Heil der Menschen von seinem himmlischen Vater empfangen hatte. Er wollte sagen: die Gewalt, die mir der Vater zur Entsündigung und Heiligung der Menschen , zur Gründung und Regierung der Kirche gegeben hat, gebe ich auch euch.
Christus der oberste Hirt
Nun ist Christus nicht bloß unser Erlöser, sondern auch unser oberster Hirt, Gesetzgeber und Richter.
Übertragung des Hirtenamtes auf die Apostel
Wenn er nun alle seine Gewalt den Aposteln übertragen hatte, so hatten sie auch die gesetzgebende Gewalt inne und waren befugt, gleich ihrem göttlichen Meister die Kirche zu regieren. Das dies die Absicht des göttlichen Heilandes war, geht ganz klar aus den Worten hervor, die er schon früher zu den Aposteln gesprochen hatte:“ Wer euch hört, hört mich, und wer euch verachtet, verachtet den, der mich gesandt hat“ (Lk 10,16) Ebenso aus den Worten:“ Wenn jemand auf die Kirche nicht hört, so sei er dir wie der Heide und Zöllner“ (Mt. 18,17). Wiederum sprach Jesus zu seinen Aposteln: „Wahrlich, ich sage euch, was ihr immer auf Erden binden werdet, wird auch im Himmel gebunden sein; und was ihr immer auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt.18,18). Die Ausdrücke „binden“ und „lösen“ bedeuten die Gewalt, Gesetze zu geben, die im Gewissen binden, d.h. verpflichten, und Gesetze aufzuheben, so das man von ihrer Beobachtung im Gewissen gebunden, gelöst ist.
Binde und Lösegewalt
Wenn nun der Herr den Aposteln die höchste Binde und Lösegewalt übergibt, so ernennt er sie hiermit zu den eigentlichen Gesetzgebern, Hirten und Regenten seiner Kirche. Ferner sagte er zu den Aposteln: „Gehet also hin, und lehrt alle Völker und tauft sie und lehrt sie alle Völker und tauft sie.
Und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe“ (Mt.28,19.20). Die Apostel sollten also die Völker der Erde nicht bloß lehren, d.h. sie in den christlichen Wahrheiten unterrichten und ihnen die hl. Sakramente spenden, sondern auch darauf bringen, das die christliche Lehre von allen befolgt wird.
Somit sind die Apostel die obersten Leiter der Kirche und haben als solche die Gewalt, alle zur Beobachtung des göttlichen Gesetzes zweckmäßigen Anordnungen zu treffen. Endlich sprach der Herr zu Petrus noch insbesondere: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe“ (Joh 21,16ff). Petrus wird also zum Hirten der Kirche bestellt; er empfängt von Jesus über alle Glieder der Kirche die gleichen Rechte, die ein Hirt über seine Herde hat.
Der Hirt ist aber der Führer der Herde; dies muss ihm folgen, muss dahin gehen, wohin er sie treibt. Sie ist in seine Gewalt gegeben. Das nämliche Recht hat nun Petrus Kraft des ihm übertragenen Hirtenamtes über die ganze Kirche erhalten; er ist ihr oberster Leiter, was er anordnet, muss geschehen, jeder gläubige, Priester wie Laie, ist ihm Gehorsam schuldig.
Die Apostel, die die Aufträge ihres göttlichen Meisters am besten verstanden hatten, haben von dem ihnen durch Christus verliehenen Recht Gebrauch gemacht und verschiedene Anordnungen gegeben, wie es die Umstände erforderten.
Entstehung der Kirchengebote
So hielten sie zu Jerusalem ein Konzil (Kirchenversammlung) und gaben darauf einige Gebote, und zwar unter dem Hinweis, das sie unter dem beistand des hl. Geistes selber handelten. „ Es hat dem hl. Geist und uns gefallen“ (Apg 15,28), sprachen sie, als sie die betreffenden Gebote auferlegten.
Der hl. Petrus traf verschiedene Anordnungen, um das Verhalten der Gläubigen sowohl bei den gottesdienstlichen Versammlungen als auch im häuslichen und bürgerlichen Leben zu regeln.
Von ihm berichtete auch die Apostelgeschichte: „ Er durchreiste Syrien und Cilicien und bestärkte die Kirchen, indem er befahl, die Gebote der Apostel und Vorsteher zu befolgen“ (15,41).
Die Apostel drangen aber auch mit allem Nachdruck darauf, das ihre Vorschriften beobachtet wurden.
Der hl. Paulus drohte den Korinthern wiederholt mit geistlichen Strafen, wenn sie seine Anordnungen nicht befolgen wollten. Ja, er drohte nicht bloß, sondern machte auch von seiner Strafgewalt Gebrauch.
Auch die Nachfolger der Apostel, der Papst und die Bischöfe, haben stets das gleiche Recht ausgeübt und durch Verordnungen, Gebote und Gesetze die ihnen anvertrauten Gläubigen regiert und auf der Bahn des Heils geleitet.
Infolge dessen sind im Lauf der Zeiten eine Menge Kirchengesetze entstanden, die von allgemeinen Kirchenversammlungen oder von den Päpsten für die ganze Christenheit, oder von den Bischöfen für ihren Kirchensprengel gegeben wurden. S
o kam es, das schon vor vielen Jahrhunderten ein eigenes kirchliches Gesetzbuch vorhanden war, das diese Gesetze enthielt.
Wenn nun jeder Staatsbürger die Gesetze des Reiches, dessen Untertan er ist, befolgen muss, soll dann nicht auch der katholische Christ gehalten sein, die Gesetze und Gebote seiner Kirche, des Reiches Gottes auf Erden, zu beobachten? Die weltlichen Fürsten haben ihre Gewalt von Gott, und man muss ihnen darum, um des Gehwissens willen gehorchen. Aber auch die kirchlichen Obern haben ihre Gewalt von Gott, ja sie haben diese Gewalt unmittelbar von Jesus Christus erhalten.
Kein irdischer König hat unmittelbar in Person von Gott Krone und Reich erhalten, wohl aber ist dies bei den Aposteln der Fall. Ihre Gewalt, die Gewalt der Kirche, stammt wahrlich von oben und ist göttlichen Ursprungs.
Die kirchlichen Obern befehlen also als Stellvertreter Jesu Christi, in seinem Namen und nach seiner Anweisung. Jesus hat seine Gläubigen an die Kirche und an ihre Hirten gewiesen und sie ihrer Leitung anvertraut.
Die Kirchengebote sind darum der ausgesprochene Wille Gottes, den Jesus Christus durch das Hirtenamt seiner Kirche verkündet.
Daraus folgt, das der katholische Christ beim Heil seiner Seele verpflichtet ist, der Kirche Gehorsam zu leisten und ihre Gebote gewissenhaft zu beobachten.
Die Erfüllung dieser Pflicht, der Gehorsam gegen die Kirche, ist aber auch so recht eigentlich eine katholische Tugend, und in der Übung dieser Tugend offenbart sich das katholische Bewusstsein, der Kirchliche Sinn.
„ Die Beobachtung der kirchlichen Gebote ist ein äußeres Lebenszeichen und wahres Bekenntnis des Glaubens, eine Ermunterung für alle, eine Stärkung, der religiösen Gesinnung für viele. Die Nichtbeobachtung der Kirchengebote verrät gewöhnlich in einem höheren Grad als die Übertretung der Gebote Gottes eine innere schlechte Gehsinnung; es ist gewöhnlich nicht die Hitze oder die Gewalt einer Leidenschaft, sondern die Kirche entfremdete Gesinnung, der verkehrte Wille, der zum Ungehorsam gegen die Kirche treibt. Wo aber diese Gehsinnung der gänzlichen Unterwürfigkeit fehlt, wo man auch nicht einmal äußerlich der Kirche gehorsam erweisen will, da ist die Rebe vom Weinstock abgeschnitten und der Grund zu allem möglichen Verkehrtheiten gelegt.
"Nun denn, „gehorcht euern Vorstehern und seid ihnen untertan; denn sie wachen als solche, die für eure Seelen Rechenschaft geben sollen, damit sie dies mit Freuden tun, und nicht mit Seufzern; denn das bringt euch keinen Nutzen ( Hebr 13,17)
Q: Illustriertes. Hausbuch von P. Franz Tischler Imp. 1908
Der Katechismus der katholischen Kirche von 1993 nennt in Nr. 2042
fünf Kirchengebote:
1. Du sollst an Sonn- und Feiertagen der heiligen Messe andächtig beiwohnen. (Sonntagspflicht)
2. Du sollst deine Sünden jährlich wenigstens einmal beichten.
3. Du sollst wenigstens zur österlichen Zeit sowie in Todesgefahr die heilige Kommunion empfangen.
4. Du sollst die gebotenen Feiertage halten.
5. Du sollst die gebotenen Fasttage halten.