Das hohe Glueck

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Das hohe Glück des katholischen Christen

Wenn wir das Auge des Glaubens oeffnen und die Schoenheit und Herrlichkeit der katholischen Kirche, ihre heilige Gruendung, ihre wunderbare Ausbreitung und Erhaltung, ihre Bestimmung und Wirksamkeit, ihre Leiden und Verfolgungen, ihre Erfolge und Triumphe betrachten, so erweitert sich unser Herz in heiliger Freude, wir fuehlen das unvergleichliche Glueck, zur wahren, alleinseligmachenden Kirche Jesu Christi zu gehoeren, und wir moechten mit Bossuet vor der ganzen Welt erklaeren: „O heilige, roemische Kirche, Mutter der Kirchen und Mutter aller Glaeubigen, von Gott erwaehlte Kirche, um seine Kinder in dem naemlichen Glauben und in der naemlichen Liebe zu vereinigen; immer werden wir aus dem innersten Grund unsers Herzens an der Einheit festhalten! Moechte ich eher mich selbst vergessen, als dass ich dein vergesse, o roemische Kirche! Es klebe meine Zunge an meinem Gaumen, wenn ich dein nicht mehr gedaechte und dich nicht hielte für die erste meiner Freuden!“

Was es heiße, ein katholischer Christ zu sein, das zeichnet uns der Voelkerapostel reicht schoen in den Worten: „Ihr seid nicht mehr Gaeste und Fremdlinge, sondern ihr seid Mitbuerger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, auf erbaut auf dem Grund der Apostel und Propheten, indem Christus Jesus selbst der Eckstein ist, in dem der ganze Bau zusammengefuegt ist und heranwaechst zu einem heiligen Tempel im Herrn, auf dem auch ihr mit erbaut werdet zu einer Wohnung Gottes im Geist“ (Eph. 2,19-22).

Die hl. Katholische Kirche ist der Bau Gottes (1 Kor 3,9), zu dessen Eckstein Jesus gesetzt ist (Eph 2,20). Kann es eine hoehere Auserwaehlung geben, als diesem hehren Gottesbau anzugehoeren, den die Pforten der Hoelle nicht ueberwaeltigen werden? Die hl. Kirche ist die Wohnung Gottes unter den Menschen (Off 21,3), der Tempel Gottes, das Haus Gottes (1 Ptr. 4,17). Kann es für das Kind Gottes einen besseren Anteil geben, als zu wohnen im Haus des Herrn und zu ruhen an der Seite, an dem Herzen seines Gottes? Die hl. Kirche ist der Weinberg des Herrn (Mt 20,1); den katholischen Schriften ist demnach das schoene Los zuteil geworden, ein Arbeiter im Weinberg des Herrn zu sein und um goettlichen, ewigen Lohn dienen zu koennen. Die hl. Kirche ist das Reich Gottes auf Erden (Apg. 3,8); wer anders sind die Kinder, die Buerger und die Erben dieses Reiches als eben die treuen Glieder der Kirche? Die hl. Kirche ist die Herde Christi (Luk 12,32); wer also zur Kirche gehoert, gehoert zu den Schaeflein Christi und wird von Jesus, dem guten Hirten, gefuehrt, genaehrt gepflegt und beschuetzt. Die Hl. Kirche ist das Volk Gottes (1 Petr. 2,10); wie selig das Volk, dessen Gott der Herr ist! Die hl. Kirche ist das Schifflein Petri (Luk 5,1). Welch eine Sicherheit, auf diesem Schifflein, auf dem sich der Herr selber befindet, und das er selbst lenkt und leitet, durch die Stuerme dieses Lebens hinueberzufahren in den sicheren Hafen der Ewigkeit! Die Kirche ist die hl. Braut des Herrn, die er sich mit seinem Blut erworben und erkauft hat (Eph 5,23-25). „Er hat ihn als Haupt ueber die gesamte Kirche gegeben, die sein Leib ist“ (Eph 1, 22-23). „Wisset ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind“ (1 Kor 6,15). Welch ein Trost, von einem solchen Braeutigam geliebt, von einem solchen Haupt geleitet, geheiligt und beseligt zu werden! Die Hl. Kirche ist die Arche des Neuen Bundes, in der alle, die sich ihr anvertrauen, sicher an das Gestade der glueckseligen Ewigkeit gelangen.

Als das Werk und die Stiftung Jesu Christi traegt die hl. Katholische Kirche allein alle Merkmale an sich, die sie zur wahren Kirche Christi stempeln. Sie ist einig in ihrem Glauben, in ihrer Lehre, in ihrem Leben und Gottesdienst, in ihren Sakramenten und in dem einen Oberhaupt, das alle Glieder dieses geheimnisvollen Koerpers zusammenhaelt und leitet. Ein Pulsschlag belebt diesen heiligen Leib. Er fließt aus dem goettlichen Herzen Jesu und durchdringt das letzte Glied, das in der Einheit mit ihr lebt und bleibt. Durch diese Einheit erkennen wir, dass wir Buerger einer hoehern Welt sind, wo immer wir uns auf Erden befinden moegen.

Sie ist heilig und traegt diesen Ehrentitel seit den apostolischen Zeiten. Sie ist das Abbild Jesu Christi und erneuert fortwaehrend sein Leben in sich. Sie ist von ihrem Stifter gegruendet, um die Welt zu heiligen; und sie traegt alle Mittel in sich, jeden, der sich von ihrer Hand leiten laesst, zur Heiligkeit zu fuehren. Es sind aber auch die schoensten Fruechte der Heiligkeit am Lebensbaum der Kirche schon gediehen und gedeihen unter ihrer Gnadensonne noch immerfort. An diesem Lebensbaum ist jeder katholische Christ ein Zweig, und es ist sein Lebensziel, dafuer zu sorgen, dass er ein frischer, lebendiger und heiliger Zweig sei und kein abgestorbener.

Sie ist allgemein oder katholisch der Zeit und dem Raum nach. Sie reicht hinauf bis zum Anfang der Welt und wird waehren bis zum Ende der Zeiten. Im Vorbild steht sie schon im alten Bund vor uns; auch haben die alten Propheten in den herrlichsten Bildern den Wunderbau des Neuen Bundes verkuendet, die der kommende Erloeser aufrichten wird, und der nimmer vergehen, sondern sich am juengsten Tag in das himmlische Jerusalem verklaeren wird. Wie der Zeit nach, so ist die hl. Kirche allgemein auch dem Raum nach. Sie hat sich ueber den ganzen Erdkreis ausgebreitet und in jeder Zone unter allen Voelkern und Geschlechtern der Erde ihren erobernden Fuß festgesetzt. Wie das Kreuz des Heilandes von Golgota aus seine Arme nach allen Himmelsrichtungen ausgespannt, so hat die hl. Kirche von Rom, ihrem Mittelpunkt aus, die ganze Welt umfasst. So war es stets und so ist es jetzt, und so wird es immer sein. So sehr ist die hl. Kirche allgemein oder katholisch, dass sie nicht bloß selbst diesen Namen traegt, sondern sogar von ihren Feinden also genannt wird. Der katholische Christ gehoert also zu der von Christus gestifteten Weltkirche.

Sie ist die apostolische Kirche, denn sie erscheint in ununterbrochener Reihenfolge als die rechtmaeßige Erbin der dreifachen Gewalt, des Lehramtes, des Priesteramtes und des Hirtenamtes, das Christus den Aposteln uebertragen hat. Wie der Stammbaum Jesu Christi hinaufgeht bis zu König David und weiter bis zu Abraham und Adam, so reicht auch in der katholischen Kirche die ununterbrochene Reihe der Hirten und Vaeter hinauf bis zu Petrus, der aus der Hand des Herrn die Schluessel des Gottesreiches empfangen hat. „Welch ein Trost“, so duerfen wir mit Bossuet ausrufen, „zu sehen, dass man von Pius ohne Unterbrechung aufsteigt bis zu Petrus, der von Christus zum Fuersten der Apostel eingesetzt wurde! Welche Reihenfolge, welch wunderbare Verkettung! Wenn unser Geist das Beduerfnis hat, in den Fragen der Religion Autoritaet, Festigkeit und Gewissheit zu besitzen, wo gibt es eine groeßere Autoritaet als die katholische Kirche!“ So ist die sichtbare Reihenfolge der rechtmaeßigen Hirten ein Unterpfand der unsichtbaren Abstammung der geistlichen Gewalten, ein Erweis des rechtmaeßigen Ueberganges der Regierungs- und Weihegewalt von einem Oberhirten auf den andern, angefangen von den Aposteln bis auf Papst Pius X., der heute das Steuerruder der Kirche haelt. In der ununterbrochenen Reihenfolge der geistlichen Vaeter der Kirche hat Gottes Vorsehung vor allen Augen des Zusammenhang dargestellt, der alle Gemeinden der katholischen Kirche als Reben lebendig verbindet mit dem Rebstock, der Christus ist. Die hl. Kirche ist apostolisch: das ist das schoene Adelsdiplom und das goettliche Siegel, das ihrem Stammbaum und Geschlechtsregister aufgepraegt ist. Sie erscheint so als das Haus Gottes, gebaut auf dem Felsen Petri und dem Fundament der Apostel und der Propheten, wo Christus der Grund- und Eckstein ist.

Die hl. Kirche ist apostolisch und besitzt hierin die Buergschaft ihrer unverwuestlichen Dauer. Sie ist auf dem Felsen gebaut, dem die hoellischen Maechte nicht anhaben koennen. Von ihr gilt das Wort des hl. Paulus: „Jesus Christus gestern und heute; und derselbe in Ewigkeit“ (Hbr. 13,8). Die Kirche, die an ihrem Haupt unverbruechlich und treu festhaelt, kann nicht zugrunde gehen. Sie ist unzertrennlich mit ihm verbunden. Von ihm stroemt alle Kraft in die Glieder, und das Haupt wird sich seinen Leib nicht nehmen und abtrennen lassen. Daher koennen wir auch bei den groeßten Stuermen der Welt vertrauensvoll auf unser Haupt Jesus Christus hinblicken. Einzelne Personen, ganze Gemeinden und ganze Laender haben sich im Lauf der Zeiten von der Kirche getrennt, aber die Gnade, die in ihr fließt, ihren Geist und die Verheißungen, die ihr der Heiland gemacht hat, konnten sie bei ihrer Trennung von ihr nicht mit sich nehmen oder ihr rauben. Sie verdorrten deswegen wie ein Ast, der sich vom Baum losgerissen hat. Die Kirche aber, die als die apostolische in Jesus Christus wurzelt und von seiner Lebenskraft lebt und wirkt, wird durch ihn bis zum Ende der Tage bestehen. Die Kraft und die Gnade des Heilandes wird nie versiegen noch von irgend einer feindseligen Macht gehemmt oder unterdrueckt werden (Ehrler). „Es gibt manche Feinde der Kirche“, sagte schon der Augustin, „die meinen, die Kirche sei im Absterben und ihr Name gehe unter, ja es nahe die Zeit, wo es keine Christen mehr geben werde. Aber waehrend sie so sprechen, sterben sie selber dahin. Die Kirche jedoch setzt ihr Leben fort und predigt die Kraft Gottes jedem nachfolgenden Geschlecht.“ Dieses Wort hat sich seitdem unzaehligemal wiederholt. „Der Kirche ist es eigen, dass sie gerade dann siegt, wenn sie verwundet wird“ hl. Hilarius. So begreifen wir das beruehmte Bild unsers deutschen Kuenstlers, der uns den Fels Petri mit der segenspendenden Kirche darstellt, wie er umbrandet ist vom Weltmeer der Zeit und angegriffen von Irrlehrern, Abtruennigen und gaenzlich Unglaeubigen.

Aus all dem koennen wir aber ermessen, welche Ehre und Freude, welcher Ruhm und Vorzug, welche Zuversicht und Siegesgewißheit, welcher Segen und Trost, mit einem Wort, welches Glueck darin liegt, ein Glied der heiligen, katholischen Kirche zu sein. „Zu ihr (der katholischen Kirche) neigen wir alle hin, auf den Knien verlangen wir nach ihr“ (Perthes). So moege denn aus Herz und Mund unser Jubellied erklingen:

Gott Dank, daß ich katholisch bin

Und stets geschuetzt vor falschen Lehren; Katholisch sein ist mein Gewinn, Nie soll der Irrtum mich betoeren. Katholisch bin und heiße ich, Katholisch leb´ und sterbe ich; So werd ich nicht verderben;

Katholisch ist gut sterben.

Der kirchliche Sinn

Sehr verschieden ist das Verhalten des Weltmenschen und das des guten, treuen Katholiken seiner hl. Kirche gegenueber.

Der Weltmensch hat fuer die hl. Kirche sein Interesse; ihre Anliegen und Leiden dringen nicht an sein Herz, ihre Freuden und Triumphe lassen ihn kalt; ihren Gnadenmitteln steht er fern oder benuetzt sie nur selten, flau oder fast nur aus menschlichen Ruecksichten; um ihre heiligen Gebraeuche kuemmert er sich nicht; das Wahre, Gute und Schoene, das in ihnen liegt, beruehrt ihn nicht; ueber ihre Gesetze, Gebote und Anordnungen geht er leichtsinnig hinaus und fuerchtet nicht ihre Androhungen; an ihren Segnungen nimmt er seinen Anteil; fuer ihren weihevollen und ergreifenden Gottesdienst hat er kein Verstaendnis; ihre heiligen Zeiten und Feste gehen an ihm spurlos vorueber.

Der gute, treue Katholik hingegen haengt mit unerschuetterlicher Treue und Ergebenheit an der hl. Kirche; er bleibt ihr stets mit hl. Verehrung und Begeisterung zugetan; er freut und ruehmt sich, ihr Sohn, ihr Kind zu sein und liebt sie als seine treu besorgte Mutter. Er haelt an ihrer Einheit, an ihrem Glauben, an ihrer Lehre unverbruechlich fest, durchdringt sich mit ihrem Geist und ihren Grundsaetzen und laesst sich davon leiten; er steht in allen Lagen und Verhaeltnissen mutig und entschieden zur hl. Kirche, tritt für sie ein, bleibt ihr gehorsam und erfüllt selbst ihre Wuensche; er lebt, fuehlt und wirkt mit der hl. Kirche.

Im einzelnen bezeigt der treue Sohn der Kirche seine Ergebenheit gegen sie, indem er die drei Pflichten gewissenhaft erfuellt, die dem katholischen Christen gegen die hl. Kirche obliegen, die Pflicht des Glaubens, des Gehorsams und der Liebe.

1.Zunaechst also haengt der gute katholische Christ mit ganzer Seele an der hl. Kirche durch den Glauben, durch den kirchlichen Sinn. Die heilige Kirche ist die goettliche Stiftung, die Braut des Herrn, der geheimnisvolle Leib Jesu Christi; sie ist belebt von dem hl. Geist, den er ihr eingehaucht hat; sie ist ausgestattet und geschmueckt mit dem unendlich reichen Erbe der Verdienste des Gottmenschen, an denen alle in Fuelle teilnehmen, die ihre lebendigen Glieder sind; und damit sie als Gotteswerk und als die Gruendung Jesu Christi sogleich erkannt wuerde, hat er ihr mit seinem Blut die Merkmale auf die Stirne gedrueckt; sie sollte sein die eine, heilige, allgemeine (katholische) und apostolische Kirche, gegruendet auf dem Felsen Petri. Ihr hat der Herr die Hinterlage des Glaubens uebergeben mit dem Auftrag, die frohe Botschaft des Evangeliums allen Voelkern zu verkuenden; er hat sie bestellt zur unfehlbaren Lehrerin der Menschheit, zur „Saeule und Grundfeste der Wahrheit“ (1 Tim 3,15), zum sichern Leitstern auf der Bahn des Heiles; und sie genießt in der Verwaltung ihres heiligen Lehramtes den Beistand ihres goettlichen Stifters (Mt 28,20) und des Hl. Geistes (Joh 16,13). Demnach lehrt und unterweist die hl. Kirche im Namen und im Auftrag Jesu Christi; ihr Mund ist Gottes Mund, ihr Wort das reine und lebendige Wort Gottes; durch sie leuchtet uns die Sonne der Wahrheit, die die Finsternis des Irrtums verscheucht und helles Licht auf den Pfad zum himmlischen Vaterland wirft.

Erfuellt von diesen Gesinnungen umfaengt der treue Katholik den Glauben der hl. Kirche und bekennt und verteidigt ihn mit der ganzen Innigkeit und Kraft seiner Seele. Der heilige Glaube ist in seinen Augen ein so hohes Gut, dass er mit einem hl. Augustin bekennt: „Kein Reichtum, keine Schaetze, keine Ehrenstellen, kein Kleinod der Welt ist so kostbar als der katholische Glaube.“ Er denkt an das beruehmte Wort des hl. Enprian: „Wer sich von der wahren Kirche trennt, der trennt sich von den Verheißungen der wahren Kirche, von den Belohnungen Christi. Er ist ein Fremdling, ein Unheiliger, ein Feind. Der kann Gott nicht zum Vater haben, der die Kirche nicht zur Mutter hat.“ Der Geist der Kirche ist der Geist Jesu Christi. Stets war es darum das Kennzeichen der wahren Glaeubigen, ihre Gesinnungen und Grundsaetze in Sachen der Religion mit den Lehren und Absichten der hl. Kirche in Uebereinstimmung zu bringen. „In allem, was den Glauben und die Sitten betrifft, mag es sich nun um eine endgueltige Entscheidung oder um die Billigung oder um die einfache Annahme durch die Kirche handeln, ist die Grundlage, auf die sich jeder Katholik stuetzt, fest und unerschuetterlich, naemlich die Autoritaet (das Ansehen) Gottes, der durch seine Kirche spricht. Jeder Glaubensartikel, jede Entscheidung, jeder Beschluss muß auf das Ansehen und das Recht der Lehrgewalt der Kirche hin angenommen werden, nicht nach dem Gefuehl, dem Willen und dem Urteil des einzelnen.“ (Gemeinsames Hirtenschreiben der Bischoefe Englands, 1901) Nur so erfuellt der Katholik die Mahnung des Apostels: „Ihr aber, Geliebteste, bauet euch fest auf euern heiligsten Glauben“ (Jud 20).

2. Sodann erweist sich der katholische Christ als treuen Sohn seiner hl. Kirche durch vollen und willigen Gehorsam. Es ist eben Gott und sein eingeborener Sohn, dem er gehorcht, denn wer sich gegen die Kirche auflehnt, der lehnt sich gegen seinen Gott und Richter auf! „Wer euch hoert, hoert mich, und wer euch verachtet, verachtet mich; wer aber mich verachtet, verachtet den, der mich gesandt hat“ (Luk 10,16). Gar lieblich hat der goettliche Heiland das Verhaeltnis seiner Glaeubigen zu ihm und zur Kirche im Gleichnis vom guten Hirten veranschaulicht.

"Die Schafe hoeren seine Stimme; und er ruft seine Schafe mit Namen und fuehrt sie heraus; ... er geht vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm nach, weil sie seine Stimme kennen" (Joh 10,3.4). Noch immer schreitet Jesus in der Person der kirchlichen Obern und Vorsteher als Hirt vor seiner Herde her. Wer zu dieser Herde gehoeren will, muß auf seine Stimme achten. Christi Stimme ist die Stimme seiner Stellvertreter, die in seiner Kirche das Hirtenamt verwalten.

3. Der glaeubige Christ bezeigt endlich seine treue Ergebenheit gegen die hl. Kirche, durch die innigste Liebe. Die Kirche verdient unsere Liebe im vollsten Sinn. Wir nennen sie so schoen und innig unsere Mutter, und sie ist es in der edelsten, heiligsten und besorgtesten Weise. Als unsere Mutter erweist sich die Kirche von unserer Wiege bis zu unserm Grab und darueber hinaus. Kaum hatten wir das Licht der Welt erblickt, so erschien die Kirche an unserer Seite, nahm uns in ihre Arme, um uns durch das Bad der Wiedergeburt zu reinigen und zu heiligen. Als Kinder Gottes und Erben des Himmels, angetan mit dem Kleid der Unschuld und geziert mit der heiligmachenden Gnade, gab sie uns den gluecklichen Eltern zurueck. Als wir zum Gebrauch der Vernunft gelangten, naehrte sie uns mit der Milch ihrer Weisheit und Lehre und suchte uns kindliche Gottesfurcht und reine Liebe zu Jesus, zur Tugend, zur Unschuld einzuhauchen. Sie entfaltete vor unsern kindlichen Augen die Feier des Gottesdienstes, die Pracht ihrer Feste, den Schmuck ihrer Altaere, um unser junges Herz mit Sehnsucht nach der hoehern Heimat des Himmels zu erfuellen und uns vor den Lockungen der Welt zu bewahren. Mit heißem Verlangen wartete dann die Kirche den schoensten Tag unseres Lebens ab, um uns in der ersten hl. Kommunion die Speise der Engel, das Brot der Starken und das Unterpfand des ewigen Lebens zu reichen. Und als die Zeit der jugendlichen Gefahren und Kaempfe begann, salbte sie uns mit dem Hl. Geist, weihte uns zu Soldaten und Streitern Christi und ruestete uns mit uebernatuerlicher Kraft aus, damit wir den Glauben standhaft zu bekennen und ihm ungeachtet aller Anfechtungen von Seiten der Feinde des Heiles treu zu bleiben vermoechten. Und war es der Fall, daß unser jugendliches Herz unter der Gewalt der boesen Versuchungen und unter dem Reiz der Verfuehrungskuenste unterlag, da zeigte sich die Kirche noch mehr als unsere zaertliche und bekuemmerte Mutter; sie reinigte unsere Seele im heiligen Bußgericht und gab uns das erstorbene Leben der Gnade und den Frieden des Herzens zurueck.

Und wie die Kirche all ihren Kindern liebreich und segnend zur Seite steht, so bietet sie für die einzelnen Staende und Verhaeltnisse besondere Gnaden und Segnungen. Sie fuehrt den Juengling und die Jungfrau hin zum Altar und segnet ihren Bund, oder sie fuehrt sie als gottgeweihte Seelen in ihr innerstes Heiligtum. Und erst welche Mutterliebe offenbart die hl. Kirche, wenn unsere Lebenskraft abnimmt und wir mit schwachen Tritten dem Grab zuwanken! Da erscheint sie als troestender Engel an unserm Krankenbett, versoehnt uns mit Gott, floesst uns Vertrauen und Ergebenheit in den goettlichen Willen ein, staerkt uns durch die hl. Wegzehr zum letzten Streit und tilgt durch das hl. Sakrament der letzten Oelung die Ueberbleibsel und die Folgen der Suenden, damit wir getrost vor den goettlichen Richter hintreten koennten. Und ihre Liebe ist staerker als der Tod. Sie legt unsern Leib in geweihte Erde und betet für die hingeschiedene Seele. Und wenn Freunde oder Angehoerige nicht mehr am Leben sind oder uns laengst schon vergessen haben, so ist es immer noch die hl. Kirche, die am Altar und in ihren Gebeten unser gedenkt und für unsere ewige Ruhe zum Herrn fleht. Welch eine Mutter! Wer sollte eine solche Mutter nicht lieben!

Unvergleichlich schoen mahnt uns Papst Leo XIII., die hl. Kirche zu lieben: "Wer, wie es seine Pflicht ist, den christlichen Glauben annimmt, wird dadurch, weil ein Kind der Kirche, Untertan dieser Kirche, er wird ein Mitglied jener groeßten und heiligsten Gesellschaft, die der roemische Papst Kraft seines Amtes unter dem unsichtbaren Haupt Jesus Christus, mit hoechster Machtvollkommenheit zu regieren hat. Wenn wir nun durch das Naturgesetz verpflichtet sind, unser Vaterland, in dem wir geboren und erzogen sind, besonders zu lieben und zu verteidigen, so daß jeder gute Buerger selbst den Tod für sein Vaterland nicht scheuen darf, dann ist es eine noch weit hoehere Pflicht der Christen, stets der Kirche in Liebe zugetan zu sein. Denn die Kirche ist die heilige Stadt des lebendigen Gottes, fuer Gott ins Leben getreten und von Gott gestiftet; sie pilgert zwar noch auf Erden, aber ruft, belehrt und fuehrt die Menschen zur ewigen Seligkeit im Himmel. Wir muessen unser Vaterland lieben; denn von ihm haben wir das hohe Gut des irdischen Lebens empfangen; aber noch groeßere Liebe muessen wir der Kirche entgegenbringen, der wir das ewige Leben der Seele verdanken. Da es recht ist, die Gueter der Seele hoeher zu schaetzen als die Gueter des Leibes, so sind auch unsere Pflichten gegen Gott viel heiliger als gegen die Menschen. Wenn wir uebrigens richtig urteilen wollen, muessen wir sagen, dass die uebernatuerliche Liebe zur Kirche und die natuerliche Liebe zum Vaterland Schwestern sind, erzeugt von demselben ewigen Vater, da Gott selbst der Urheber und die Quelle beider ist; folglich ist ein Konflikt zwischen beiden Pflichten nicht moeglich." (10. Jänner 1890)

So wollen wir denn mit einem hl. Augustin aus dem innersten Herzensgrund sprechen: "Lasst uns alle die Kirche lieben, lasst uns einer so liebenden, so besorgten, so weise leitenden Mutter unzertrennlich anhangen." O heilige, katholische Kirche, unsterbliche Braut Jesu Christi, Stadt Gottes, "selig sind alle, die dich lieben, und die sich freuen deines Friedens" (Tob 13,18).

Aber wie koennen, wie sollen wir unsere Liebe gegen die hl. Kirche bezeigen? Gar schoen antwortet Bischof Aug. Egger: "Um ein wahrer Katholik zu sein, muss man sich der Kirche gegenueber in das Verhaeltnis des Kindes zur Mutter zu finden wissen. Man braucht deswegen nicht blind zu sein gegen Moos und Spinngewebe und andere Dinge, welche die Kirchenmauern verunstalten; die Kirche ist es auch nicht und hat viel derartiges zu beklagen; aber die glaeubige Erfassung ihrer Beziehung zu Christus und ihrer Beziehung zu uns verpflichtet uns ihr gegenueber zu kindlichem Vertrauen, zu kindlicher Ergebenheit, zur Gemeinsamkeit der Gesinnungen und Interessen, wie sie zwischen Mutter und Kind selbstverstaendlich sind. Das ist es, was man den kirchlichen Geist nennt. Wo dieser fehlt, ist das ein Mangel an echt katholischer Gesinnung. Wenn manche Katholiken gegen die Kirche das Gefuehl in sich tragen, als sei sie nur eine Stiefmutter, so kommt dies daher, dass sie sich selber auf Grund irgend welcher Schiefheiten in die Stimmung eines schmollenden Stiefkindes hineinspekuliert haben." Und Bischof Korum aeussert sich in einem Hirtenbrief: "Es gibt in jeder Familie einen eigenen Geist, eigene Gebraeuche und Anschauungen, die in engstem Zusammenhang stehen mit dem innern Leben der Familie, mit ihrer Vergangenheit und den von den Vaetern ererbten und befolgten Grundsaetzen. Ein Kind, das etwas auf die Ehre seiner Familie haelt, wird diesen Geist nicht veraechtlich von sich weisen, ihn vielmehr im eigenen Leben nach Kraeften zur Geltung zu bringen suchen. So auch der wahre Katholik; er wird es als seine Pflicht, als seine Ehre, seinen Stolz betrachten, stets in inniger Vereinigung mit der Kirche, seiner Mutter zu stehen. Diese Bereitwilligkeit, den Geist der Kirche lebendig in sich aufzunehmen, von ihm sich leiten und fuehren zu lassen, nennt der hl. Ignatius treffend, mit der Kirche denken und fuehlen". Wer diesen katholischen Sinn als ein kostbares Herzensgut bewahrt, wird sich in allem nach den Grundsaetzen der Kirche richten, alls hochschaetzen und ehren, was ihr heilig und teuer ist."

Aber nicht bloss innerlich, sondern auch aeusserlich, in der Tat muessen wir unsere treue Liebe zur hl. Kirche an den Tag legen. "Es gibt drei Klassen taetiger Katholiken", schreibt wiederum Bischof Aug. Egger, "Freunde Christi, die sich wie die Apostel ganz als selbstlose Opfer an seine Sache hingeben; Diener, die sich begnuegen, die ihnen obliegenden Pflichten zu erfuellen; und Tagloehner, die nur an sich selbst denken wie die Streber, Ehrgeizigen u., deren es in allen Staenden gibt und von denen es einst heisst, dass sie ihren Lohn schon empfangen haben. Jeder entscheidet selbst, zu welcher Klasse er gehoeren will, es haengt ab von seinen Absichten und seinem Eifer."

Moechten wir doch nicht zur dritten, sondern zur zweiten, ja zur ersten Klasse gehoeren und uns stets als Freunde Christi und seiner Kirche bewaehren. Dies wird der Fall sein, wenn wir den lebendigsten Anteil an den Schicksalen der Kirche nehmen, wenn wir für die Verbreitung des Reiches Gottes wirken durch Gebet.

"Wer knieend vor dem heiligen Tabernakel - zu Jesu Herzen fuer die Heiden fleht, - auch er schwingt eine Glaubensfackel; - der groesste Missionaer ist das Gebet" (Bruder Norbert D. Cap.). Auch erwartet der liebe Gott von uns, dass wir unsere Anhaenglichkeit gegen die hl. Kirche, soweit wir koennen, auch durch Liebesgaben für die Interessen der Kirche betaetigen.

Der beruehmte Daniel D´Connel (1775 bis 1847), dieser treueste Sohn seiner Heimat und der hl. Kirche, schrieb in sein Testament: "Meinen Leib der vaterlaendischen Erde, mein Herz Rom, meine Seele Gott!" Ein schoenes Vermaechtnis! Moechten auch wir so denken, fuehlen, handeln!

Zur Fahne halt´ich, die ich auserkoren; Die lass ich nicht, ich hab´es Gott geschworen.


Autor: Angelika