Rosa von Lima: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Leben dieser heil. Jungfrau ist von dem [[Dominikaner]] Feuillet (1669) ausführlich und genau beschrieben worden. Älter, aber nicht weniger zuverlässig ist die Bearbeitung von Hansen, welche in mehreren Auflagen erschienen und auch von den Boll. ediert worden ist. Nach diesem Buche und Gonsalez: Rosa occidentalis Indiae ist endlich ihre Lebensgeschichte von Ott ''(Regensburg, 1859)'' in deutscher Sprache erschienen. Wir versuchen im folgenden, in möglichst kurzen Zügen ihr an Tugenden und wunderbaren Erscheinungen reiches Lebensbild darzustellen. Sie wurde am 20. April des Jahres 1586 zu Lima, das amerikanische »Klein-Paris«, auch die Stadt der Könige genannt, in Peru geboren. Ihr Vater hieß Kaspar de Florez, ihre Mutter Maria de Oliva. In der hl. [[Taufe]] erhielt sie den Namen Isabella; als aber die Mutter eines Tags über ihrer Wiege eine liebliche Rose erblickte, die alsbald wieder verschwand, wurde das Kind von jetzt an Rosa genannt. Damit dieser Name sie nicht zur Eitelkeit verleite, bat sie später um die Erlaubnis, ihm die Worte: von St. Maria beisetzen zu dürfen. Die göttliche Gnade erwählte und erweckte sich schon frühzeitig in diesem Kinde ein wunderbares Werkzeug. Schon in ihren ersten Lebensjahren zeigte sie eine übernatürliche Geduld in Leiden und Schmerzen. Als sie 5 Jahre alt war, machte sie zum ersten Male das Gelöbnis beständiger Jungfräulichkeit. In jedes kindliche Vergnügen, so früh erwachte in ihr die Liebe zum Leiden, wusste sie irgend etwas Bitteres und Schmerzhaftes zu mischen. Gegen ihre Mutter übte sie einen so ängstlichen Gehorsam, dass sie ohne ihre besondere Erlaubnis nicht das Geringste in die Hand nahm, selbst wenn sie es zur Verrichtung ihrer Arbeiten nötig hatte. Als ihre Eltern in große Armut gerieten, nähte sie Tag und Nacht, um sie von ihrem Verdienste zu unterstützen. Sie fand denselben im Hause des Rentmeisters Gonsalez, wo sie einmal so angestrengt arbeitete, dass sie vor lauter Erschöpfung umsank. Doch legte sie sich deshalb keine Schonung auf. Außerdem verkaufte sie zu demselben Zwecke Sträuße von Blumen, die sie selbst gezogen hatte. »Der Nutzen ist zwar gering,« dachte sie, »aber mein himmlischer Bräutigam weiß den Gewinn zu vermehren.« Wie sie um Gottes willen arbeitete, so war sie auch unablässig geistig beschäftigt. Der Betrachtung oblag sie ununterbrochen, auch während der Arbeit, dem mündlichen Gebete aber, wenn sie nicht mehr betrachten konnte. Ihre Gebetsmeinung bekräftigte sie im frühesten Alter durch allerlei Abtötungen und Strengheiten. Aller Weltliebe und Eitelkeit gab sie gänzlich den Abschied. Sie kannte keine Schönheit, außer der des göttlichen Wohlgefallens. Nichts floh sie mehr als die Besuche von weltlichen Herrschaften und nichts liebte sie mehr, als die Einsamkeit. Frühzeitig schnitt sie sich die Haare ab, um der Mutter ihren festen Willen, Jungfrau zu bleiben, erkennen zu lassen. Die Lieblichkeit ihres schönen Angesichtes suchte sie durch Fasten und andere drastische Mittel zu zerstören, ihre anmutige Gestalt hüllte sie in ein armes Kleid, und als ihr ein vorteilhafter Heiratsantrag gemacht wurde, duldete sie von der Mutter und den Brüdern lieber harte Schläge und Beschimpfungen, als dass sie ihrem himmlischen Bräutigam untreu geworden wäre. | |||
Mit 15 Jahren erneuerte sie ihr früheres Gelübde und trat 20 Jahre alt, in den dritten Orden des heil. [[Dominikus]]. Sie wählte sich in demselben die hl. [[Katharina von Siena]] zum Vorbilde und bezog eine kleine abgelegene Zelle im Garten ihres Hauses, wo sie die strengsten Bußwerke übte. Auf ihrem Haupte trug sie einen Kranz, der inwendig mit Stacheln besetzt war, um dem dornengekrönten Heilande ähnlich zu sein. Die Geheimnisse des bitteren Leidens verlor sie überhaupt nie aus den Augen. Wenn man sie von sich selbst sprechen hörte, so war sie nichts anders, als eine armselige Sünderin, die nicht verdiente, die Luft des Lebens einzuatmen, das Tageslicht zu schauen und die Erde zu betreten; daher sie beständig die göttliche Barmherzigkeit pries. – Wenn sie von [[Gott]] redete, war sie wie außer sich, und es strahlte das in ihrem Herzen flammende Feuer aus ihrem Gesichte, besonders wenn sie vor dem allerheiligsten Altarssakramente kniete oder die hl. [[Kommunion]] empfing. Ihre Strengheiten waren so groß, dass ihre Beichtväter sie mit Gewalt von denselben zurückhalten mussten. Sie geißelte ihren Leib nicht bloß mit Stricken, sondern mit eisernen Ketten, und zwar so heftig, dass das Blut die Kleider, den Boden und die Wände bespritzte. Ihr nächtliches Lager war so hart, so mit spitzigen Gegenständen, Scherben, Nägeln, Dornen u. dgl. angefüllt, dass es ihr selbst in der Erinnerung Grauen erregte. Kein Büßer hat in dieser Hinsicht mehr getan, als diese unschuldige Jungfrau. Sie tat es aus höherem Antriebe nicht bloß für sich, sondern auch, um die Sünden Anderer abzubüßen, insbesondere für die armen Seelen. Aus Liebe zu [[Jesus Christus|Jesus]] und den Sündern wollte sie, dass kein Glied ihres Leibes unverwundet wäre, auf dass sie Ihm, der nichts Gesundes hatte vom Scheitel bis zur Fußsohle, gleichen möchte. Andererseits litt sie auch viele und schwere Not durch die Bosheit und die Versuchungen des Teufels. Er machte ihr Gemüt finster und traurig, als ob sie in die Hölle verstoßen wäre. Sie fühlte sich dann von Gott und heiligen Gedanken so gänzlich verlassen, dass dieselben ihr nur noch in der Erinnerung an längst vergangene Zeiten gegenwärtig waren. Alles innerliche Licht war erloschen, jede Spur verschwunden. In diese Nacht der Verlassenheit, in welcher es ihr war, als sei eine Mauer von Eisen um ihre Seele geführt, fühlte sie sich 15 Jahre lang alle Tage mindestens eine Stunde, manchmal auch länger verstoßen. In diesem Zustande, so oft derselbe auch wiederkam, konnte sie auch den Trost nicht fassen, dass es wieder besser kommen werde, weil auch ihr Gedächtnis wie gebunden, und die Erinnerung, dass sie Tags zuvor das Nämliche gelitten, völlig entschwunden war. Freilich flog nach der Prüfung ihre Seele mit desto größerem Entzücken an das Herz ihres Geliebten. | |||
Wie ihre Leiden, so waren auch ihre Tröstungen außerordentlich. In solchen Stunden ergossen sich die Flammen der Liebe in ihr Herz und sie konnte im Grunde ihrer Seele nichts anderes sehen und finden, als die hellste und süßeste Gegenwart Gottes. Die Liebe Gottes fühlte sie dann so stark, wie wenn ein reißender Bach mit Ungestüm von den Bergen stürzt. Sie spürte das Wehen eines Windes voll lieblichen Wohlgeruchs; ihre Seele sah sich versenkt in das unerschöpfliche Meer der göttlichen Güte, von sich selbst entäußert durch eine unerklärliche Umwandlung, in welcher sie sich Eins fühlte mit Jesus Christus. Das folgende Gesicht lassen wir sie selbst erzählen: »Ich wurde« sprach sie, »während meiner stillen Betrachtung im Geiste verzückt und sah plötzlich ein wundersam schönes Licht, einen sehr großen, majestätischen Glanz von der überall gegenwärtigen, allerreinsten, unermeßlichen Gottheit ausgehen und sich allenthalben verbreiten. In der Mitte dieses lieblichen Glanzes war ein vielfältig gefärbter Bogen, ganz hell und lichtvoll, über welchen sich noch ein anderer erhob, von gleichem Glanze und gleicher Schönheit, seine Mitte zierte das heilbringende Kreuz unsers Erlösers und war mit Blut besprengt. Ich sah die drei Nagellöcher, oben hing der Titel des Gekreuzigten. Den inneren Umkreis des Bogens erfüllte die glorreiche Menschheit meines Herrn Jesu mit solchem Glanze und solcher Herrlichkeit, dergleichen ich zuvor niemals an Ihm gesehen. Ich erhielt von Ihm so viele Kraft, dass ich ungehindert lange Zeit mit unverwandtem Auge die Glorie des allmächtigen Königs schauen konnte. Sonst sah ich Ihn nur von weitem, und nur bis zur Brust, damals aber schaute ich Ihn ganz, vom Scheitel bis Fußsohle, von Angesicht zu Angesicht. Aus der heiligsten Menschheit Christi aber senkten sich unaussprechlich schöne und hell leuchtende Flammen in den Grund meiner Seele, dass ich glaubte, von den Banden dieses sterblichen Leibes bereits aufgelöst und in die ewige Freude eingegangen zu sein.« Damals hörte sie auch den Heiland mit süßer und heller Stimme rufen: »Jegliche Seele möge erkennen, dass nach dem Maße der Leiden auch das Maß des göttlichen Trostes sei. Nur auf der Leiter des Kreuzes steigt man in das Paradies!« Ihre Nächstenliebe, welche immer die Probe der wahren Gottesliebe ist, äußerte sich besonders in der Liebe zu den Sündern, zu den Ungläubigen und Irrgläubigen, und zu den armen Seelen. | |||
Wir haben schon gesagt, dass sie mit ihnen das Verdienst und den Segen aller ihrer Bußwerke teilte. Man möchte meinen, es hätten ihr die Mittel gefehlt, leibliche Werke der [[Barmherzigkeit]] in großer Zahl zu üben. Einmal erfuhr sie, dass eine Person sich in großer Not befinde. Sie hatte Nichts, um helfen zu können, aber der Opfergeist ersetzte das Fehlende. Sie genoss acht Tage lang nur Brot und Wasser und was sie auf diese Weise erübrigte, gab sie der Armen. Oft pflegte sie die Kranken im eigenen Hause, reinigte sie, verband ihre Wunden, wusch ihre Kleider und besserte ihre Wäsche aus. Wer und woher sie seien, fragte sie nicht, aber die Elendesten und Verlassensten hatten den Vorzug. Sie hatte auch hier bis zur äußersten Selbstüberwindung und heldenmütigsten Abtötung die heil. Katharina von Siena vor Augen. Besonders erbaulich und wie frisches Grün mitten in der Wüste ihrer Leiden und Bußübungen kommt uns vor, dass die Heilige in einem so innigen, trauten Verhältnisse zu der Natur, zu den Blumen und Bäumen im Garten stand. Wenn sie am frühen Morgen die Türe öffnete, lud sie alle Kräuter, Blumen und Gewächse ein, Gott mit ihr zu loben. Und sogleich durchzog den ganzen Garten ein wunderbar liebliches, geheimnisvolles Säuseln und Tönen, die Wipfel der Bäume neigten sich zur Erde, die Vögel singen wunderlieblich an zu singen und die Blumen streckten die duftenden Kelche in die Höhe. Im letzten Jahre ihres Lebens kam während der heil. Fastenzeit alle Tage vor Sonnenuntergang eine Nachtigall vor das Fenster ihres Kämmerleins. Sobald die hl. Rosa das Vöglein sah, rüstete auch sie sich zum Lobe Gottes und hub an: | |||
Philomele, lass dich hören, | |||
Preise Gott mit hellem Ruf; | |||
Ihn, den Höchsten, sollst du ehren, | |||
Ihn, der mich und dich erschuf. | |||
Gott, den Schöpfer, du magst preisen, | |||
Den Erlöser lobe ich, | |||
Und in süßen Sangesweisen, | |||
Hebe unsre Stimme sich. | |||
Auf das Schnäblein! schnell beginne, | |||
Wenn du endest, dann fing' ich. | |||
Alsbald begann das Vögelein seinen Schlag, worauf die heil. Jungfrau ihren Gesang vollendete. Öfter sah sie in der Verzückung ihren himmlischen Bräutigam, der sie aus seiner Seitenwunde trinken ließ, und seine hochgebenedeite Mutter; mit ihrem Schutzengel und der heil. Katharina von Siena hatte sie den vertraulichsten Umgang. Endlich gab ihr eine langwierige und schmerzliche Krankheit neue Gelegenheit, Buße zu üben. »Herr!« sagte sie oft, »dein Wille geschehe, vermehre meine Leiden, aber vermehre auch zugleich deine Liebe in mir!« Ein Stück Holz unter dem Haupte, das Sterbekreuz und die geweihte Kerze in der Hand, entschlief sie nach dem Empfang der hl. Sterbesakramente mit dem Rufe: »Jesus, Jesus sei mit mir!« am 26. August 1617 in ihrem 33. Lebensjahre. Der Erzbischof von Lima wohnte ihrem Leichenbegängnisse bei; das Kapitel, der Senat und die ausgezeichnetsten Genossenschaften der Stadt rechneten es sich zur Ehre, abwechselnd ihren Leib zu Grabe zu tragen. Mehrere durch ihre Fürbitte gewirkte Wunder bestätigte die gerichtliche Untersuchung. Dieselbe hat im Jahre 1630 auf Befehl des Papstes Urban VIII. ihr Leben und ihre Wunder geprüft. Es meldeten sich nicht weniger als 180 Zeugen. Magdalena Tortez, ein Kind, und Antonius Bran, ein Bauernknecht, wurden auf ihre Fürbitte wieder lebendig ''(beide waren bereits beerdigt)''; Elisabeth Durand berührte ihre Reliquien und erhielt die plötzliche Heilung ihres gelähmten Armes; dieselbe Gnade wurde einer schwarzen Frau zu Teil durch die bloße Berührung ihres Kleides. Ihr Grab wurde daher eine Zuflucht aller Leidenden und Unglücklichen, und die Stadt Lima ehrt sie als Schutzpatronin. Auf ihre Fürbitte erlangten und erlangen zahlreiche Sünder und Sünderinnen Gnade der Buße und Bekehrung. Clemens IX. vollzog im Jahr 1668 am 15. April ihre Seligsprechung, und Clemens X. erhob sie im Jahr 1671 unter die Zahl der Heiligen, und setzte ihr Fest auf den 30. August. An diesem Tage steht ihr Name dermalen auch im Mart. Rom. und in dem der Dominikaner. Der 26., ihr Sterbetag, ist gleichfalls in demselben angemerkt. Die Camaldulenser feiern ihr Gedächtnis am 1., die Serviten am 6., die Augustiner-Eremiten am 9. Sept. | |||
Sie wird abgebildet in der Kleidung der Dominikaner-Nonnen, eine Krone mit Stacheln auf dem Haupte, und eine Rose in der Hand. Zu [[Rom]] ist in der Kirche St. Maria alla Minerva zu Ehren der Heiligen eine besondere Kapelle eingeweiht. Folgende Strophen aus ihren Tagzeiten im Dominikaner-Proprium mögen als kurzer Rückblick auf ihr wundervolles Leben und seliges Ende diesen Artikel beschließen: | |||
Haec a parentis ubere | |||
Praeventa donis gratiae | |||
Deoque plena vindicem | |||
Armavit in se dexteram. | |||
Nunc laeta poenitentiae | |||
Largo potitur praemio | |||
Novumque psallit canticum. | |||
Agni sequens vestigia. | |||
Schon früh beschenkt als Kindlein zart, | |||
Mit Gnadengaben jeder Art; | |||
Von Gott erfüllt, mit strenger Zucht, | |||
Hielt sie zurück des Fleisches Wucht. | |||
Und froh genießt den reichen Lohn | |||
Der Buße sie an Gottes Thron, | |||
Dem Lamme folgend; herrlich klingt | |||
Das neue Lied, das sie Ihm singt. | |||
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Version vom 25. Juli 2017, 11:07 Uhr
Fest
nach ordentlichen Ritus-Kalender: 23. August
nach außerordentlichen Ritus-Kalender: 30. August
Lebensbeschreibung
Das Leben dieser heil. Jungfrau ist von dem Dominikaner Feuillet (1669) ausführlich und genau beschrieben worden. Älter, aber nicht weniger zuverlässig ist die Bearbeitung von Hansen, welche in mehreren Auflagen erschienen und auch von den Boll. ediert worden ist. Nach diesem Buche und Gonsalez: Rosa occidentalis Indiae ist endlich ihre Lebensgeschichte von Ott (Regensburg, 1859) in deutscher Sprache erschienen. Wir versuchen im folgenden, in möglichst kurzen Zügen ihr an Tugenden und wunderbaren Erscheinungen reiches Lebensbild darzustellen. Sie wurde am 20. April des Jahres 1586 zu Lima, das amerikanische »Klein-Paris«, auch die Stadt der Könige genannt, in Peru geboren. Ihr Vater hieß Kaspar de Florez, ihre Mutter Maria de Oliva. In der hl. Taufe erhielt sie den Namen Isabella; als aber die Mutter eines Tags über ihrer Wiege eine liebliche Rose erblickte, die alsbald wieder verschwand, wurde das Kind von jetzt an Rosa genannt. Damit dieser Name sie nicht zur Eitelkeit verleite, bat sie später um die Erlaubnis, ihm die Worte: von St. Maria beisetzen zu dürfen. Die göttliche Gnade erwählte und erweckte sich schon frühzeitig in diesem Kinde ein wunderbares Werkzeug. Schon in ihren ersten Lebensjahren zeigte sie eine übernatürliche Geduld in Leiden und Schmerzen. Als sie 5 Jahre alt war, machte sie zum ersten Male das Gelöbnis beständiger Jungfräulichkeit. In jedes kindliche Vergnügen, so früh erwachte in ihr die Liebe zum Leiden, wusste sie irgend etwas Bitteres und Schmerzhaftes zu mischen. Gegen ihre Mutter übte sie einen so ängstlichen Gehorsam, dass sie ohne ihre besondere Erlaubnis nicht das Geringste in die Hand nahm, selbst wenn sie es zur Verrichtung ihrer Arbeiten nötig hatte. Als ihre Eltern in große Armut gerieten, nähte sie Tag und Nacht, um sie von ihrem Verdienste zu unterstützen. Sie fand denselben im Hause des Rentmeisters Gonsalez, wo sie einmal so angestrengt arbeitete, dass sie vor lauter Erschöpfung umsank. Doch legte sie sich deshalb keine Schonung auf. Außerdem verkaufte sie zu demselben Zwecke Sträuße von Blumen, die sie selbst gezogen hatte. »Der Nutzen ist zwar gering,« dachte sie, »aber mein himmlischer Bräutigam weiß den Gewinn zu vermehren.« Wie sie um Gottes willen arbeitete, so war sie auch unablässig geistig beschäftigt. Der Betrachtung oblag sie ununterbrochen, auch während der Arbeit, dem mündlichen Gebete aber, wenn sie nicht mehr betrachten konnte. Ihre Gebetsmeinung bekräftigte sie im frühesten Alter durch allerlei Abtötungen und Strengheiten. Aller Weltliebe und Eitelkeit gab sie gänzlich den Abschied. Sie kannte keine Schönheit, außer der des göttlichen Wohlgefallens. Nichts floh sie mehr als die Besuche von weltlichen Herrschaften und nichts liebte sie mehr, als die Einsamkeit. Frühzeitig schnitt sie sich die Haare ab, um der Mutter ihren festen Willen, Jungfrau zu bleiben, erkennen zu lassen. Die Lieblichkeit ihres schönen Angesichtes suchte sie durch Fasten und andere drastische Mittel zu zerstören, ihre anmutige Gestalt hüllte sie in ein armes Kleid, und als ihr ein vorteilhafter Heiratsantrag gemacht wurde, duldete sie von der Mutter und den Brüdern lieber harte Schläge und Beschimpfungen, als dass sie ihrem himmlischen Bräutigam untreu geworden wäre.
Mit 15 Jahren erneuerte sie ihr früheres Gelübde und trat 20 Jahre alt, in den dritten Orden des heil. Dominikus. Sie wählte sich in demselben die hl. Katharina von Siena zum Vorbilde und bezog eine kleine abgelegene Zelle im Garten ihres Hauses, wo sie die strengsten Bußwerke übte. Auf ihrem Haupte trug sie einen Kranz, der inwendig mit Stacheln besetzt war, um dem dornengekrönten Heilande ähnlich zu sein. Die Geheimnisse des bitteren Leidens verlor sie überhaupt nie aus den Augen. Wenn man sie von sich selbst sprechen hörte, so war sie nichts anders, als eine armselige Sünderin, die nicht verdiente, die Luft des Lebens einzuatmen, das Tageslicht zu schauen und die Erde zu betreten; daher sie beständig die göttliche Barmherzigkeit pries. – Wenn sie von Gott redete, war sie wie außer sich, und es strahlte das in ihrem Herzen flammende Feuer aus ihrem Gesichte, besonders wenn sie vor dem allerheiligsten Altarssakramente kniete oder die hl. Kommunion empfing. Ihre Strengheiten waren so groß, dass ihre Beichtväter sie mit Gewalt von denselben zurückhalten mussten. Sie geißelte ihren Leib nicht bloß mit Stricken, sondern mit eisernen Ketten, und zwar so heftig, dass das Blut die Kleider, den Boden und die Wände bespritzte. Ihr nächtliches Lager war so hart, so mit spitzigen Gegenständen, Scherben, Nägeln, Dornen u. dgl. angefüllt, dass es ihr selbst in der Erinnerung Grauen erregte. Kein Büßer hat in dieser Hinsicht mehr getan, als diese unschuldige Jungfrau. Sie tat es aus höherem Antriebe nicht bloß für sich, sondern auch, um die Sünden Anderer abzubüßen, insbesondere für die armen Seelen. Aus Liebe zu Jesus und den Sündern wollte sie, dass kein Glied ihres Leibes unverwundet wäre, auf dass sie Ihm, der nichts Gesundes hatte vom Scheitel bis zur Fußsohle, gleichen möchte. Andererseits litt sie auch viele und schwere Not durch die Bosheit und die Versuchungen des Teufels. Er machte ihr Gemüt finster und traurig, als ob sie in die Hölle verstoßen wäre. Sie fühlte sich dann von Gott und heiligen Gedanken so gänzlich verlassen, dass dieselben ihr nur noch in der Erinnerung an längst vergangene Zeiten gegenwärtig waren. Alles innerliche Licht war erloschen, jede Spur verschwunden. In diese Nacht der Verlassenheit, in welcher es ihr war, als sei eine Mauer von Eisen um ihre Seele geführt, fühlte sie sich 15 Jahre lang alle Tage mindestens eine Stunde, manchmal auch länger verstoßen. In diesem Zustande, so oft derselbe auch wiederkam, konnte sie auch den Trost nicht fassen, dass es wieder besser kommen werde, weil auch ihr Gedächtnis wie gebunden, und die Erinnerung, dass sie Tags zuvor das Nämliche gelitten, völlig entschwunden war. Freilich flog nach der Prüfung ihre Seele mit desto größerem Entzücken an das Herz ihres Geliebten.
Wie ihre Leiden, so waren auch ihre Tröstungen außerordentlich. In solchen Stunden ergossen sich die Flammen der Liebe in ihr Herz und sie konnte im Grunde ihrer Seele nichts anderes sehen und finden, als die hellste und süßeste Gegenwart Gottes. Die Liebe Gottes fühlte sie dann so stark, wie wenn ein reißender Bach mit Ungestüm von den Bergen stürzt. Sie spürte das Wehen eines Windes voll lieblichen Wohlgeruchs; ihre Seele sah sich versenkt in das unerschöpfliche Meer der göttlichen Güte, von sich selbst entäußert durch eine unerklärliche Umwandlung, in welcher sie sich Eins fühlte mit Jesus Christus. Das folgende Gesicht lassen wir sie selbst erzählen: »Ich wurde« sprach sie, »während meiner stillen Betrachtung im Geiste verzückt und sah plötzlich ein wundersam schönes Licht, einen sehr großen, majestätischen Glanz von der überall gegenwärtigen, allerreinsten, unermeßlichen Gottheit ausgehen und sich allenthalben verbreiten. In der Mitte dieses lieblichen Glanzes war ein vielfältig gefärbter Bogen, ganz hell und lichtvoll, über welchen sich noch ein anderer erhob, von gleichem Glanze und gleicher Schönheit, seine Mitte zierte das heilbringende Kreuz unsers Erlösers und war mit Blut besprengt. Ich sah die drei Nagellöcher, oben hing der Titel des Gekreuzigten. Den inneren Umkreis des Bogens erfüllte die glorreiche Menschheit meines Herrn Jesu mit solchem Glanze und solcher Herrlichkeit, dergleichen ich zuvor niemals an Ihm gesehen. Ich erhielt von Ihm so viele Kraft, dass ich ungehindert lange Zeit mit unverwandtem Auge die Glorie des allmächtigen Königs schauen konnte. Sonst sah ich Ihn nur von weitem, und nur bis zur Brust, damals aber schaute ich Ihn ganz, vom Scheitel bis Fußsohle, von Angesicht zu Angesicht. Aus der heiligsten Menschheit Christi aber senkten sich unaussprechlich schöne und hell leuchtende Flammen in den Grund meiner Seele, dass ich glaubte, von den Banden dieses sterblichen Leibes bereits aufgelöst und in die ewige Freude eingegangen zu sein.« Damals hörte sie auch den Heiland mit süßer und heller Stimme rufen: »Jegliche Seele möge erkennen, dass nach dem Maße der Leiden auch das Maß des göttlichen Trostes sei. Nur auf der Leiter des Kreuzes steigt man in das Paradies!« Ihre Nächstenliebe, welche immer die Probe der wahren Gottesliebe ist, äußerte sich besonders in der Liebe zu den Sündern, zu den Ungläubigen und Irrgläubigen, und zu den armen Seelen.
Wir haben schon gesagt, dass sie mit ihnen das Verdienst und den Segen aller ihrer Bußwerke teilte. Man möchte meinen, es hätten ihr die Mittel gefehlt, leibliche Werke der Barmherzigkeit in großer Zahl zu üben. Einmal erfuhr sie, dass eine Person sich in großer Not befinde. Sie hatte Nichts, um helfen zu können, aber der Opfergeist ersetzte das Fehlende. Sie genoss acht Tage lang nur Brot und Wasser und was sie auf diese Weise erübrigte, gab sie der Armen. Oft pflegte sie die Kranken im eigenen Hause, reinigte sie, verband ihre Wunden, wusch ihre Kleider und besserte ihre Wäsche aus. Wer und woher sie seien, fragte sie nicht, aber die Elendesten und Verlassensten hatten den Vorzug. Sie hatte auch hier bis zur äußersten Selbstüberwindung und heldenmütigsten Abtötung die heil. Katharina von Siena vor Augen. Besonders erbaulich und wie frisches Grün mitten in der Wüste ihrer Leiden und Bußübungen kommt uns vor, dass die Heilige in einem so innigen, trauten Verhältnisse zu der Natur, zu den Blumen und Bäumen im Garten stand. Wenn sie am frühen Morgen die Türe öffnete, lud sie alle Kräuter, Blumen und Gewächse ein, Gott mit ihr zu loben. Und sogleich durchzog den ganzen Garten ein wunderbar liebliches, geheimnisvolles Säuseln und Tönen, die Wipfel der Bäume neigten sich zur Erde, die Vögel singen wunderlieblich an zu singen und die Blumen streckten die duftenden Kelche in die Höhe. Im letzten Jahre ihres Lebens kam während der heil. Fastenzeit alle Tage vor Sonnenuntergang eine Nachtigall vor das Fenster ihres Kämmerleins. Sobald die hl. Rosa das Vöglein sah, rüstete auch sie sich zum Lobe Gottes und hub an:
Philomele, lass dich hören,
Preise Gott mit hellem Ruf;
Ihn, den Höchsten, sollst du ehren,
Ihn, der mich und dich erschuf.
Gott, den Schöpfer, du magst preisen,
Den Erlöser lobe ich,
Und in süßen Sangesweisen,
Hebe unsre Stimme sich.
Auf das Schnäblein! schnell beginne,
Wenn du endest, dann fing' ich.
Alsbald begann das Vögelein seinen Schlag, worauf die heil. Jungfrau ihren Gesang vollendete. Öfter sah sie in der Verzückung ihren himmlischen Bräutigam, der sie aus seiner Seitenwunde trinken ließ, und seine hochgebenedeite Mutter; mit ihrem Schutzengel und der heil. Katharina von Siena hatte sie den vertraulichsten Umgang. Endlich gab ihr eine langwierige und schmerzliche Krankheit neue Gelegenheit, Buße zu üben. »Herr!« sagte sie oft, »dein Wille geschehe, vermehre meine Leiden, aber vermehre auch zugleich deine Liebe in mir!« Ein Stück Holz unter dem Haupte, das Sterbekreuz und die geweihte Kerze in der Hand, entschlief sie nach dem Empfang der hl. Sterbesakramente mit dem Rufe: »Jesus, Jesus sei mit mir!« am 26. August 1617 in ihrem 33. Lebensjahre. Der Erzbischof von Lima wohnte ihrem Leichenbegängnisse bei; das Kapitel, der Senat und die ausgezeichnetsten Genossenschaften der Stadt rechneten es sich zur Ehre, abwechselnd ihren Leib zu Grabe zu tragen. Mehrere durch ihre Fürbitte gewirkte Wunder bestätigte die gerichtliche Untersuchung. Dieselbe hat im Jahre 1630 auf Befehl des Papstes Urban VIII. ihr Leben und ihre Wunder geprüft. Es meldeten sich nicht weniger als 180 Zeugen. Magdalena Tortez, ein Kind, und Antonius Bran, ein Bauernknecht, wurden auf ihre Fürbitte wieder lebendig (beide waren bereits beerdigt); Elisabeth Durand berührte ihre Reliquien und erhielt die plötzliche Heilung ihres gelähmten Armes; dieselbe Gnade wurde einer schwarzen Frau zu Teil durch die bloße Berührung ihres Kleides. Ihr Grab wurde daher eine Zuflucht aller Leidenden und Unglücklichen, und die Stadt Lima ehrt sie als Schutzpatronin. Auf ihre Fürbitte erlangten und erlangen zahlreiche Sünder und Sünderinnen Gnade der Buße und Bekehrung. Clemens IX. vollzog im Jahr 1668 am 15. April ihre Seligsprechung, und Clemens X. erhob sie im Jahr 1671 unter die Zahl der Heiligen, und setzte ihr Fest auf den 30. August. An diesem Tage steht ihr Name dermalen auch im Mart. Rom. und in dem der Dominikaner. Der 26., ihr Sterbetag, ist gleichfalls in demselben angemerkt. Die Camaldulenser feiern ihr Gedächtnis am 1., die Serviten am 6., die Augustiner-Eremiten am 9. Sept.
Sie wird abgebildet in der Kleidung der Dominikaner-Nonnen, eine Krone mit Stacheln auf dem Haupte, und eine Rose in der Hand. Zu Rom ist in der Kirche St. Maria alla Minerva zu Ehren der Heiligen eine besondere Kapelle eingeweiht. Folgende Strophen aus ihren Tagzeiten im Dominikaner-Proprium mögen als kurzer Rückblick auf ihr wundervolles Leben und seliges Ende diesen Artikel beschließen:
Haec a parentis ubere
Praeventa donis gratiae
Deoque plena vindicem
Armavit in se dexteram.
Nunc laeta poenitentiae
Largo potitur praemio
Novumque psallit canticum.
Agni sequens vestigia.
Schon früh beschenkt als Kindlein zart,
Mit Gnadengaben jeder Art;
Von Gott erfüllt, mit strenger Zucht,
Hielt sie zurück des Fleisches Wucht.
Und froh genießt den reichen Lohn
Der Buße sie an Gottes Thron,
Dem Lamme folgend; herrlich klingt
Das neue Lied, das sie Ihm singt.