Petrus Damiani: Unterschied zwischen den Versionen

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==''Das Leben des heiligen Petrus Damianus''==
==''Das Leben des heiligen Petrus Damianus''==

Version vom 22. Februar 2012, 19:18 Uhr

Fest

nach ordentlichen Ritus-Kalender: 21. Februar

nach außerdordentlichen Ritus-Kalender: 23. Februar

Das Leben des heiligen Petrus Damianus

Dieser Heilige wurde um d.J. 988 zu Ravenna geboren, aber wegen großer Armut, auf eine böse Rede eines erwachsenen Sohnes hin, noch als Säugling von der eigenen Mutter verstoßen, so daß er abmagerte, hungerte und fror. Die Frau eines Priesters machte ihr darüber Vorwürfe, so daß die unnatürliche Mutter vom Kindsmorde abstand. Bald starben die Eltern, und ein verheirateter Bruder, der ihn adoptierte, behandelte ihn schlecht. Neben schweren Mißhandlungen hatte er als Schweinhirte noch Hunger und Ungemach jeder Art zu tragen. In dieser schweren Zeit fand er eines Tags ein Geldstück, um welches er, ungeachtet seiner äußersten Armut, für seinen verstorbenen Vater eine heil. Messe lesen ließ. Da nahm sich seiner ein anderer Bruder, mit Namen Damianus (Damiani) an, der ihn wie seinen eigenen Sohn liebte und studiren ließ.

Seine Studien absolvierte er zu Faenza und Parma mit so glänzendem Erfolge, daß er für einen der Gelehrtesten seiner Zeit angesehen wurde. Er wirkte hierauf als Lehrer der geistlichen Wissenschaften in mehreren Klöstern. Oft pflegte er in seinen Jünglingsjahren, wenn die Versuchung heftig war, sich selbst zuzurufen:

»Früher oder später heißt es doch Entsagen; ich will es also jetzt, im frühen Alter tun, weil es Gott viel wohlgefälliger ist, als später.«

Jetzt schon fing er deshalb an, mit eiserner Strenge gegen sich selbst zu verfahren. Spürte er nur einen Funken unreiner Lust, so löschte er ihn augenblicklich, indem er den Körper so lang in kaltes Wasser steckte, bis die Glieder vor Kälte starrten. Dann ging er zum Gebete, und gab so viel Almosen, als er konnte. Den eigentlichen Grund zu seiner Heiligkeit legte er aber zu Fonte Avellano, einem berühmten, der Verehrung des hl. Kreuzes gewidmeten Eremiten-Kloster bei Gubbio in Umbrien. (Eremus S. Crucis Fontis Avellani.) Als es erbaut wurde, lag der hl. Petrus eben in den Windeln, so daß es den Anschein hat, die göttliche Vorsehung habe ihm hier zugleich ein Asyl und eine Werkstätte bereiten wollen, denn beides war dem Heiligen dieser einsame Ort bis ans Ende seines Lebens.

Der hl. Benediktus, obwohl er seinem Orden nicht angehörte, sondern nur mit demselben stets in inniger Liebesgemeinschaft stand, war sein beständiges Vorbild. »Auch er pflegte das einsame Leben und wünschte stets, daß wir seien, was er war,« schrieb der hl. Petrus. Er war und blieb daher ein Mann der vollkommenen Abtödung und des unablässigen Gebetes. Nach der Sitte jener Zeit trug er schwere eiserne Bußringe um seinen Leib. Ein solcher Mann war offenbar tauglich, die Strenge der Einsiedler von Fonte Avellano zu üben. Sie hatten Häuschen, in welchen immer je zwei Brüder in geschiedenen Zellen wohnten. Tag und Nacht dem geistlichen Kampfe obliegend, widmeten sie abwechselnd ihre Zeit dem Psalmengesang, dem Gebete, der Lesung und der Händearbeit.

Der Schlaf war kurz und das Lager hart. Vier Tage in der Woche genossen die Brüder nur Wasser und Brot, am Dienstag und Donnerstag etwas Gemüse, das jeder in seiner Zelle sich selbst zubereitete. Die kleinen Rationen Nahrung wurden durch den Obern verteilt. Nur die Sonn- und Festtage unterbrachen dieses unaufhörliche Fasten. Wein wurde nur zum heil. Opfer und manchmal für Kranke gereicht. Auch gingen die Brüder immer bloßfüssig und legten in den Zellen selbst die Sandalen ab. Die Strenge war so groß, daß selbst ein hl. Petrus Damianus sich nicht einzutreten getraute, ohne zuvor für sich selbst eine vierzigtägige Probe bestanden zu haben.

Nur unter solchen Voraussetzungen konnte er werden, wozu Gott ihn bestimmt hatte, ein strenger Geißler der großen Fehler seiner Zeit und wirklicher Reformator der hl. Kirche. Er forderte Nichts, was er nicht selbst in zehnfach strengerer Weise geübt hätte. Daher kam es, daß er sich beim Besuche des Klosters Clugny höchlich verwunderte, »wie Mönche heilig sein oder heilige Stifter haben könnten, die an Gütern so großen Überfluß besaßen, und zugleich, wie sie nicht heilig sein oder verloren gehen könnten, die mit so viel Ergebung solche Lasten von Mühe tragen und so genau die Klosterzucht einhielten, wie er sich auch an der Fülle der Speisen stieß, während er andererseits bemerkte, wie oft den Fastenden jene Gnadenfülle fehlte, welche sie besaßen.« 

Damals war er bereits Bischof von Ostia und Kardinal. Diese Würde erreichte er aber nur sehr langsam. Zuerst wurde er Procurator, dann im Jahr 1044 Prior zu Fonte Avellano. Als solcher wurde er in verschiedene geistliche Anstalten und Klöster als Reformator und Lehrer berufen. Mit jedem Tage wuchs sein Ansehen. Er trat mit weltlichen und geistlichen Fürsten in Beziehung. Eben um die Zeit seiner Erwählung zum Prior schrieb er an den neu erwählten Papst Gregor VI., wie er hoffe, daß nun die Kirche ihren alten Schmuck nach langer Entehrung wieder anlegen werde. Auch der Kaiser Heinrich II. schenkte ihm sein Vertrauen, und empfahl ihn dem von ihm ernannten Papste Clemens II. als Rathgeber. Der hl. Petrus wirkte in Wort und Schrift, selbst durch persönliches kräftiges Eingreifen und mit unerbittlicher, nicht selten die äußerste Grenze der Strenge berührender Rücksichtslosigkeit, ohne alles Ansehen der Personen, für die Verbesserung der hohen und niedern Geistlichkeit, namentlich der Klöster, und für die Bekehrung der Verirrten.

Papst Leo IX. kündigte ihm so viele Belohnungen im Himmel an, als er Seelen aus den Schlingen des Teufels gezogen habe. Auf diese Weise war durch seine Stellung und Wirksamkeit in der Kirche seine Demut den größten Versuchungen ausgesetzt. Eine gewisse Härte, die mit seinen Reden und Handlungen so innig verbunden sind, wie die Dornen mit dem Rosenstrauche, ist zweifellos dem Einflusse derselben beizumessen. Er wollte in Klöstern und Stiftern überall nicht bloß die ursprüngliche Strenge der Regel wieder herstellen, sondern selbst noch verschärfen. Auch fromme und eifrige Äbte sahen ihn deshalb ungern kommen, oder waren, wie der heil. Hugo von Clugny genötigt, seinen übertriebenen Forderungen und Vorschlägen ernstlichen Widerstand entgegen zu setzen. »So lang ihr den Teig nicht gekostet habt,« sagte ihm dieser, »könnt ihr nicht wissen, ob er Salz nötig hat. Noch habt ihr die Last der Brüder nicht mit einem Finger berührt, könnt also darüber nicht urteilen.« 

Auch die Reformbestrebungen der Päpste damaliger Zeit gingen ihm nicht rasch genug vorwärts, und er befand sich deßhalb nicht selten in einer trüben und bittern Stimmung. Hievon zeugt besonders sein Liber Gomorrhianus, in welchem er den Klerus seiner Zeit, dem Titel entsprechend, in grellen Farben bloßstellte. Daß es ihm aber dennoch bei aller Strenge an der wahren Demut eines echten Einsiedlers nicht fehlte, zeigt uns das Sträuben, welches er seiner Ernennung zum Bischof von Ostia durch Papst Stephan IX. entgegensetzte.

Nur gezwungen nahm er diese Würde an (im J. 1058). Desto mehr gab er sich Mühe, ein treuer und wachsamer Haushalter Gottes zu sein. Da er zugleich das Bisthum Gubbio zu verwalten hatte, so war er auch als Bischof seiner geliebten Einsamkeit nicht ganz entzogen. Mit großem Eifer predigte er in allen Kirchen und Pfarreien seines Bistums so oft er wußte, daß größere Volksscharen zusammen kamen. Auch Krankheiten konnten ihn hievon nicht abhalten, wobei es sich öfter ereignete, daß die Erschöpfung der Leibeskräfte beim Beginne seiner Rede durch die Begeisterung für das göttliche Wort einer solchen Kraftfülle Platz machte, daß er mehrere Stunden zu dem Volke sprechen konnte.

Namentlich beförderte er die Verehrung des heiligen Kreuzes durch die Einführung des Fastens (nicht bloß der Enthaltung von Fleischspeisen) an allen Freitagen und die Liebe und Andacht zur heiligen Mutter Gottes. Dem römischen Stuhle war er mit so überschwänglicher Begeisterung zugetan, daß er behauptete, der Herr habe dem hl. Petrus die Rechte des himmlischen und irdischen Reiches zugleich verliehen. Zu Rom selbst und in vielen andern Städten weckte er durch seine Ermahnungen und Anordnungen vorzüglich in Klöstern und Kanonikaten neues kirchliches Leben. Dabei zeigte er in zahlreichen Liebeswerken an Arme und Notleidende jeder Art, besonders an frommen Anstalten, daß er die bischöflichen Einkünfte, nach dem Wortlaute und Geiste der kirchlichen Gesetzgebung, als Armengut betrachtete, weßhalb er sich in Allem auf die notwendigsten Bedürfnisse beschränkte.

Sein Büchlein »über das Almosen« ist ein sprechendes Zeugnis seines mitleidigen, von christlicher Barmherzigkeit erfüllten Herzens. In dem Büchlein, welches er »über die canonischen Tagzeiten« herausgab, ist die Verdienstlichkeit u. der große Nutzen der Tagzeiten zur jungfräulichen Gottesmutter hervorgehoben. Die Schrift über »das vollkommene Leben der Klosterleute« (de perfectione monachorum) behandelt das dritte Feld, welches der Heilige, wie schon gesagt, mit Vorliebe bebaute. Diesen Zweck suchte er auch durch die Lebensbeschreibungen des heil. Romualdus, deren Abfassung die Boll. schon in das J. 1040 setzen, sowie des hl. Bischofs Rudolf von Gubbio, in dem Leben des hl. Damianus Loricatus, dann in den Lebensbeschreibungen der hl. Odilo von Clugny, Maurus von Cesena, des hl. Eremiten Dominicus u. A., ebenso in zwei Büchlein, die er über den Orden der Eremiten und den Zweck seines eigenen Institutes schrieb, zu fördern.

In einem andern Werkchen empfahl er das Fasten an Samstagen. Auch die Schlechtigkeit und das Verderben der Simonie, gegen welches er aus allen Kräften kämpfte, schilderte er in einer eigenen Schrift, die er an die Kardinäle des römischen Stuhles selbst zu richten den Mut hatte. Die simonistischen Bischöfe teilt er in drei Klassen, von welcher die erste einfach die kirchlichen Ämter um Geld erkauft, die zweite mit schwerer Leibesmühe Dienste leistet, in den Krieg zieht etc. etc., die dritte so redet, wie die Machthaber es wollen. Eine andere sehr schonungslose Abhandlung besprach mit Keilschrift den »Zölibat der Priester.« Überhaupt behandelt er in seinen Schriften alle kirchlichen Streitfragen seiner Zeit kräftig und entschieden. Er gleicht einem Arzte, der stets mit dem Messer und Brenneisen bei der Hand ist. Auch über den Meßcanon verfaßte er eine kurze Auslegung (expositio).

Im Jahre 1059 fanden seine Bestrebungen auf der Lateranensischen Synode feierliche Bestätigung. Es wurde nämlich den Laien verboten, bei beweibten Priestern Messe zu hören und auf das Verbrechen der Simonie die Strafe der Absetzung gesetzt. Um jene Zeit verbesserte er auch die Lebensweise der römischen Kanoniker, die vom gemeinsamen Leben unter einander gänzlich abgewichen waren, aber dafür ein anderes, der priesterlichen Enthaltsamkeit entgegen gesetztes gemeinsames Leben pflogen (in singulis laribus una cum mulierculis saeculariter degebaut). Den größten Kampf hatte er aber in Mailand zu bestehen. Hier war die ganze Diözese voll von beweibten Priestern. Als er mit dem Bischofe Anselm von Lucca dort ankam, entstand ein förmlicher Auflauf. Der hl. Petrus war aber nicht der Mann, der sich schrecken ließ. Seine Beredsamkeit, sein glühender Feuereifer, der Ruf eines Heiligen, der ihm vorausgegangen war, sein ganzes Auftreten gewann in kurzer Zeit das Volk. Bald blieb den beweibten Priestern nichts übrig, als die Unterwerfung. Darauf absolvierte er die Unterrichteteren aus ihnen, welche keusch zu leben versprachen, und übergab ihnen aufs Neue ihre Pfründen, die Übrigen wurden entsetzt, und, wenn sie Buße taten, von der Excommunikation entbunden.

Die Zeit der öffentlichen Wirksamkeit unseres Heiligen umfaßt acht Pontifikate. Während dieser ganzen Zeit suchte er seinen ganzen Einfluß der Verbesserung der kirchlichen Zustände zuzuwenden. Wenn er dem Papste Gregor VI. zu seiner Wahl Glück wünscht, schreibt er:

»Jetzt kann die Taube zur Arche wieder zurückkehren und mit grünendem Ölzweig der Erde den wiedergeschenkten Frieden verkünden; es möge das goldene Zeitalter der Apostel sich erneuern und die kirchliche Zucht unter Eurem klugen Vorsitze wieder aufblühen. Der Geiz, welcher nach bischöflichen Stühlen keucht, möge niedergedrückt, und die Kaufbuden der Wechsler, welche die Tauben der kirchlichen Ämter verkaufen, umgestoßen werden!«

Mit äußerster Indignation erzählt er die Freveltaten einzelner Bischöfe und sagt unverholen, wenn der Bischof von Pesaro wieder in sein Amt restituirt werde, so sei vom römischen Stuhle nichts mehr zu hoffen. Später schrieb er demselben Papste, der ihn wegen Ernennung von Bischöfen beraten zu haben scheint, er kenne in seiner Nähe nicht einen Einzigen, den er empfehlen könnte: »Sie wollen nur vorstehen, kümmern sich aber nicht, ob sie auch nützen.« Ähnlich äußerte er sich gegen Papst Clemens II., als er ihm auf den Wunsch des Kaisers über die zur Verbesserung der kirchlichen Zustände in seiner Gegend notwendigen Maßnahmen berichtete. Er wünscht unnachsichtliche Strenge, außerdem werde die Trauer sich noch lange nicht in Freude verwandeln. Doch wollte er nicht, daß der Klerus gegen einen simonistischen Bischof zur Selbsthilfe schreite; so lange ein kirchlicher Richterspruch gegen denselben nicht ergangen sei, müsse die Geistlichkeit mit ihm verbunden bleiben. Wegen dieses Festhaltens an der kirchlichen Ordnung mußte er sich sogar gegen den Vorwurf, er begünstige auf diese Weise die Simonie, verteidigen. Den liber Gomorrhianus hatte er dem Papst Leo IX. dedicirt; es müsse aber, fügt er bei, der Kundgebung des Übels auch die Heilung im Werke folgen, denn die Lehre des Beispiels vermag mehr als die Lehre des Wortes. Er hatte bei eben diesem Papste wegen verleumderischer Anklagen sich zu rechtfertigen. Obwohl er keines sterblichen Menschen Gunst suche, noch dessen Zorn fürchte, indem er lediglich ein Diener Christi sein wolle, verteidigte er dennoch seine Unschuld.

Sollte er bestraft werden, so werde er sich fügen, und bitte deshalb nicht den Papst, sondern jenen, ohne dessen Wink kein Blättchen vom Baume falle, daß Er sein Herz zur Güte leite. So finden wir in allen seinen Schriften die christliche Demut mit christlichem Freimut vereinigt. Wenn er z.B. Victor II. um Schutz für einen ungerecht Verfolgten anruft, schließt er sein Schreiben mit den Worten: »Habe Geduld mit meiner Sprache, ehrwürdiger Vater und weise als Mensch die Worte eines niedrigen Menschen nicht zurück, da sogar der allmächtige Gott den Menschen zurufet: Kommet und beurteilet mich!« An Papst Stephan IX. scheint er nie geschrieben zu haben. Diesem Papste stand er mündlich mit seinem Rate unablässig zur Seite. Dagegen kehrt auch in seinen Sendschreiben an Papst Nikolaus II. die Bitte um äußerste Strenge gegen unenthaltsame Kleriker wieder. Man solle hier nicht immer zudecken, andere Sünden strafen, die Unenthaltsamkeit aber nicht. Es nütze kein Verheimlichen, das Übel sei öffentlich. Nach einer bei ihm gewohnten drastischen Schilderung desselben fährt er fort, man mache sich, wie einst Heli, durch Nachsicht dieser Freveltaten mitschuldig, und versündige sich schwer gegen den göttlichen Stifter der Kirche, wenn man diese immer weiter fressende Krebskrankheit nicht entferne. Sein heftiges Drängen fand Gewähr, aber zugleich scheint der Papst oder dessen Kardinal-Diakon Hildebrand diese Sprachweise mißbilligt zu haben.

Die bischöflichen Gewänder und Einkünfte, schreibt er an beide, habe man ihm genommen, er wolle daher auch seine Würde niederlegen. Dieses Ansuchen wiederholt er öfter: als Grund gibt er an, die Kirche sei jetzt im Frieden; er aber wolle für die im Episcopate begangenen Sünden Buße üben und die Absetzung an sich selbst vollziehen, ehe sie Gott im Gerichte an ihm vollziehen werde. Die gewonnene Ruhe benützte er zu seiner eigenen Vervollkommnung. Schön ist die Schilderung, welche er hierüber in einem Briefe an Alexander II. und den Kardinal Hildebrand entwirft: seine Einöde mache ihn glücklich, er habe es sehr hart empfunden, die Last zweier Bistümer tragen zu müssen, über die Alpen zu gehen etc. etc., jetzt werde sein Haupt schneeweiß wie das einer Schwanen, die Stimme rülpse, die Körperkraft sei gebrochen, nur die Wurzel der Fehler in ihm wisse noch gar Nichts von Altersschwäche. Täglich halte er sich den Tod vor Augen, und stelle sich vor, er sei vor den Richterstuhl des furchtbaren Richters gestellt. Schon wollen die Teufel ihn packen, als die Engel hervortreten, ihn zu schützen.

Um jene Zeit wurde er öfter sehr krank; er konnte dann ohne Schmerzen weder stehen, noch liegen, noch sitzen. Das Übel scheint aber nie anhaltend gewesen zu seyn. So viel er konnte, blieb er mit aller Gewissenhaftigkeit den Angelegenheiten der Kirche zugetan. Es schien ihm, daß die Strafe der Exkommunikation zu oft angewendet werde, und daher einerseits an Wirksamkeit einbüße, andererseits aber den Gläubigen gefährliche Nachstellungen bereite, indem sie den Wahn begünstige, als seien alle Sünden gleich, weil alle, selbst die geringsten, mit gleicher Strenge bestraft würden. Auf diese Weise habe man in alter Zeit die Zucht nicht gehandhabt. Mit Bitterkeit und Schmerz glaubte er um diese Zeit auch zu beobachten, daß Papst und Bischöfe einen freien Tadel ihrer Fehler nicht mehr gestatten wollten, und behauptete, daß auch untergebene Geistliche hiezu berechtigt seien: es sei zu unterscheiden zwischen der Klage des Mitleids und der Anklage der Feindseligkeit und des Hasses; letztere sei verwerflich, gerechten Klagen aber müsse der Zutritt offen stehen. Bald darauf beschwert er sich über großes, ihm vom Papste zugefügtes Unrecht, und bittet um dessen Zurücknahme.

Er schrieb es dem damals schon allmächtigen Kardinal Hildebrand zu, gegen dessen Benehmen er sich öfter beschwert. Doch wußte er seiner größern Einsicht und Erfahrung sich allezeit überzeugungsvoll zu beugen. Wo er keinen Canon gefunden, schreibt er, sei der Wille des Kardinals ihm Canon gewesen, er sei die unbewegliche Säule des römischen Stuhles u.s.f. Dagegen ist von einer besondern Freundschaft mit Kardinal Hildebrand, von welcher wir hie und da lesen, aus seinen Briefen wenig zu entnehmen. Beide kannten keine persönlichen Rücksichten, weder gegen sich selbst, noch gegen Andere; das Band, welches sie einigte, war die gemeinsame Liebe zu Jesus und seiner heil. Kirche. So erscheint uns das Leben des hl. Petrus Damianus als ein überaus verehrungswürdiges und heiliges um so mehr, als er die menschlichen Gebrechen und Fehler, die er an sich fand, mit unerbittlicher Strenge büßte. Er opferte sich ganz für die heilige römische Kirche; nichts auf der Welt stand ihm höher, als sie. Er war einer der mächtigsten Hebel, welche dieselbe aus dem Sumpfe der Verweltlichung und Sittenlosigkeit zu jener Zeit wieder erhoben und flott machten.

Bei aller Freimütigkeit vergaß er nie die dem Papste schuldige Ehrfurcht. Häretiker und Schismatiker, die es mit Bewußtsein und Hartnäckigkeit waren, tadelte er mit äußerster Strenge und wollte durchaus keine Gemeinschaft mit ihnen haben. Die Welt mit aller ihrer Schönheit und Größe hatte ihm nur Wert, sofern er für das fremde und eigene Seelenheil aus ihr Nutzen zog. So schreibt er einmal an die Kardinäle der römischen Kirche:

»Unser Reichtum und unser Schatz seien die gewonnenen Seelen, und in der Kammer unserer Herzen seien die kostbaren Talente der Tugenden aufgehoben!«

Ein anderes Mal erklärt er: Nichts sei gefährlicher für die Kirche und die weltlichen Fürsten, als Bischöfe, die aus Geld- und Ehrgeiz deren Gunst suchen. Viele seiner Sendschreiben sind förmliche Abhandlungen, alle voll Geist und Leben, und umfassen alle nur möglichen Fragen der philosophischen und theologischen Wissenschaften. Seine Abhandlung über den Ausgang des hl. Geistes vom Vater und Sohne gehört zu dem Schönsten und Besten, was über diese Glaubenslehre geschrieben worden ist.

Naturschilderungen und Naturwunder sind seine schwächste Seite. Aber ein besonderer Meister ist der hl. Petrus in der allegorischen Schrifterklärung, z.B. wo er die Geheimnisse des Sabbats erläutert, oder wo er die Haltstellen des Volkes Israel bei seinem Zuge durch die Wüste behandelt u.s.f. Das ganze Buch Genesis hat er in dieser Weise (manchmal allerdings nicht glücklich) erklärt. Auch die jetzt üblichen Sterbegebete des römischen Rituals, angefangen von den Worten: commendo te, rühren von ihm her und sind ursprünglich einem sterbenden Abte als Trostbrief gewidmet. Auch seine Predigten, von welchen uns eine große Zahl erhalten ist, sind voll Feuer und Leben, und daher bei aller Kürze die Gemüter ergreifend und fortreißend. Auch sie enthalten viele allegorische Schrifterklärungen. Wie er über das Verhältnis des Priestertums und Königtums dachte, setzt er in einem Sendschreiben an Heinrich IV. auseinander. »Wie in Jesus Christus«, schreibt er, »zwei Gewalten vereiniget sind, so sind sie auch im christlichen Volke gegenseitig verbunden und geeiniget. Die eine bedarf des Schutzes (praesidio) der andern. Das Priestertum wird durch die Gewalt des Königs gestützt, die königliche Würde durch die Heiligkeit des Priestertums gekräftiget. Der König trägt das Schwert, damit er die Feinde der Kirche im Zaume halte, der Oberpriester (Pontifex) aber betet und wacht, damit er Gott dem Könige und dem Volke gnädig mache. Des Königs Sache ist, die irdischen Angelegenheiten in gerechter Weise endgültig festzustellen (terminare), des Papstes Sache ist es, die Völker, welche geistlichen Hunger leiden, mit der himmlischen Lehre zu weiden. Der König ist aufgestellt, daß er mit dem Ansehen der Gesetze die Bösen unterdrücke; dem Papste sind die Schlüssel übergeben, daß er entweder nach der Strenge der Canonen binde, oder im Gebrauche des kirchlichen Ablasses löse!« 

Es ist schon bemerkt worden, daß er seine süße Einsamkeit in Fonte Avellano von Zeit zu Zeit immer wieder aufsuchte. In den letzten Jahren seines Lebens zog er sich ganz in dieselbe zurück. Es war ihm Bedürfnis, die während seines öffentlichen und überaus tätigen Lebens begangenen Fehltritte bis auf das letzte Stäubchen zu entfernen. Mit strengem Fasten, hartem Lager und wiederholten Züchtigungen strafte er seinen Leib, während seine Seele stets mit himmlischen Dingen sich beschäftigte. Die Zeit, welche ihm hiebei erübrigte, widmete er der Abfassung frommer Schriften, welche er gewöhnlich diktirte, oder er benützte sie zu heilsamen Ermahnungen an die Brüder, die er bald gemeinschaftlich an Alle, bald an Einzelne richtete. Der Gebrauch der Disziplin wurde von ihm so eifrig empfohlen und beschrieben, daß er von Manchen als deren Urheber betrachtet wurde.

Er selbst unterzog sich derselben im Kapitel, indem er nach dem Bekenntnisse seiner Schuld von zwei Brüdern sich geißeln ließ. Einmal hielt er vierzig Tage ohne alle gekochte Nahrung aus. Nur wenn er große Abnahme der Kräfte spürte, ließ er von der gewohnten Strenge ab, ein Verfahren, das er auch Andern anriet. Den Anfang der zweimaligen Fastenzeit vor Weihnachten und Ostern machte er damit, daß er drei Tage ohne alle Nahrung aushielt. Wenn er schlief, legte er sich auf eine Binsenmatte; wenn er beim Chorgebete war, stützte er sich nie auf die Bank. Auch der im Kloster vorgeschriebenen Handarbeit entzog er sich nicht und machte mit den hölzernen Löffeln, die er gefertiget hatte, seinen Freunden Geschenke. Doch nahm er bis ans Ende seines Lebens auch an den öffentlichen Angelegenheiten der Kirche tätigen Anteil.

In einer solchen kam er im J. 1069 als päpstlicher Legat auf die Reichsversammlung nach Frankfurt, wo er den königlichen Wüstling Heinrich IV. durch die Drohung, er werde nicht gekrönt werden, nötigte, seine Gemahlin Bertha, von welcher er sich unter Zustimmung einiger deutschen Hofbischöfe bereits getrennt hatte, wieder zu sich zu nehmen. (W. W. K.-L. III. 16.) Im folgenden Jahre sendete ihn Papst Alexander II. nach Ravenna, seiner Vaterstadt, wo der Erzbischof Heinrich im J. 1070 gestorben war. Obwohl mit der Strafe der Exkommunication belegt, hatte er sein Amt beibehalten und ausgeübt, weil das Volk in seiner großen Mehrheit an ihm festhielt. So schwierig die Sendung war, mit so demütigem Gehorsam unterzog sich ihr der Heilige. Da er sich schon früher brieflich für die Stadt verwendet hatte, indem er betonte, es sei ungerecht, so viele unschuldige Seelen um eines Schuldigen willen zu Grunde gehen zu lassen, fand er günstige Aufnahme. Die verlangte Buße wurde willig geleistet, worauf er im Namen des Papstes den Bann aufhob.

Das Ende seines irdischen Lebens

Auf dem Wege nach Rom, wo er über seine Tätigkeit Bericht erstatten wollte, erkrankte er und fand in einem der Mutter Gottes geweihten Kloster zu Faenza gastliche Aufnahme und Verpflegung. Hier vollendete er am 22. Febr. 1072, nachdem er vorher noch mit aller Andacht den Tagzeiten beigewohnt hatte, sein tatenreiches, der Welt abgetödetes, der Ehre Gottes und der Reinigung und Erhöhung der Kirche geweihtes Leben. Der Volkszulauf zu der ausgestellten Leiche war so groß, daß die Menschen sich wie die Wasserwogen auf einander drängten und jeder selig gepriesen wurde, der das Glück hatte, den Sarg des heiligen Mannes zu berühren oder seine Füße zu küssen. Seine irdische Hülle wurde in der Klosterkirche beigesetzt. Im J. 1354 erfolgte eine feierliche Translation und im J. 1512 eine Aufnahme unter die Schutzheiligen der Stadt Faenza.

Sein Fest wird am 23. Febr. begangen. Im Mart. Rom. steht er an diesem Tage mit dem Titel eines Kirchenlehrers. Papst Leo XII. hat außerdem gestattet, daß die seither von den Camaldulensern zu seiner Ehre gesprochenen Tagzeiten von sämtlichen Priestern des Erdkreises gebetet würden.

Darstellung des hl. Petrus Damianus

Auf Bildern ist er an der Einsiedlerkleidung u. dem Kardinalshute kenntlich. Im Hintergrunde finden sich Bücher; er selbst betet oder schreibt in einer Zelle, od. trägt die Geißel, als Kennzeichen seines Bußeifers.


(Quelle: nach Vollständiges Heiligen-Lexikon von J.E. Stadler, F.J.Heim und J.N. Ginal, Augsburg 1858-1882, digitalisiert und mit freundlicher Genehmigung von Digitale Bibliothek, Verlag Directmedia Publisching GmbH, CD DB 106, http://www.zeno.org, von FJM überarbeitete Fassung)