Paulus: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. März 2011, 13:04 Uhr

Der heilige Apostel Paulus. Jahr 65

Fest

30. Juni

Vorowrt

Für die Juden der Stadt Damaskus brachte die Zeit um das Jahr 36 nach Christi Geburt eine gewaltige Aufregung hervor. – Ein Mann aus dem Geschlechte Benjamins, ein Pharisäer, ein großer Eiferer für das Gesetz Moses, daher auch ein großer Verfolger der Anhänger Jesu, des Gekreuzigten, tritt plötzlich in ihren Schulen und Bethäusern auf und predigt, dass Jesus der Sohn Gottes und der verheißene Messias sei. Sie wissen nicht, was sie sich davon denken sollten, so unerwartet kam ihnen das Ereignis. Anfänglich stritten sie mit ihm und suchten ihn zu widerlegen; da er sie aber durch die Kraft seiner Wort beschämte, fassten sie den Entschluss, ihn zu töten und bewachten daher Tag und Nacht die Tore der Stadt, damit er ihnen ja nicht entrinne. Er aber hatte davon gehört und seine Freunde, Jünger Christi, ließen ihn in einem Korb über die Stadtmauer herab. Dieser Mann, dem die Juden zu Damaskus nach dem Leben strebten, war kein anderer – als der heilige Apostel Paulus, der durch die Gnade Jesu Christi aus einem Verfolger Jesu sein treuester Anhänger, ein Gefäß der Auserwählung geworden ist, um den heiligen Namen Jesus vor Heiden und Könige und vor die Kinder Israels zu tragen (Apg 9,15).

Das Leben und Wirken des hl. Paulus

Aus der Gewalt seiner Feinde gerettet, begab er sich nach Jerusalem. Dort wollten ihm die meisten Gläubigen nicht recht trauen, weil er früher ein so heftiger Verfolger der Kirche gewesen; als sie aber die Umstände seiner wunderbaren Bekehrung genauer erfahren hatten und der heilige Barnabas ihn zu den heiligen Aposteln Petrus und Johannes führte, welche sich herzlich über seine Bekehrung freuten, so dankten sie Gott und nahmen den neuen Glaubensgenossen liebevoll auf. 15 Tage blieb er bei der heiligen Gemeinde in Jerusalem, während welcher Zeit er sich teils mit dem heiligen Petrus unterredete, teils in den Schul- und Bethäusern der Juden predigte und die Ankunft des Heilands auf Erden unwiderleglich bewies. Allein die Juden verschlossen Ohr und Herz, und da sie ihn nicht widerlegen konnten, suchten sie ihn auch hier aus dem Wege zu räumen. Er musste sich also auch da wieder flüchten und zog in seine Vaterstadt Tarsus. Hier blieb er nicht lange, denn der Apostel Barnabas berief ihn nach Antiochia, wo aus Jerusalem vertriebene Christen eine Gemeinde gegründet hatten.

Beide Apostel arbeiteten nun unermüdet in dieser Stadt am Heil der Seelen und hatten bald die Freude, die Gemeinde zum schönsten Wachstum und zur herrlichsten Blüte zu bringen. Im Jahr 44 trat er seine Bekehrungsreisen an. Sein Herz, ganz entflammt von Liebe zu Jesus und zu allen Menschen, für die er zu sterben bereit war, fühlte das innigste Mitleid mit den armen Heiden und den verblendeten Juden. Alle wollte er sie für Jesus gewinnen, alle in den Schafstall der Kirche einführen. Er wanderte zu Fuß, bald allein, bald von Jüngern begleitet, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land. Er übersetzte Ströme und Flüsse und das Meer, litt Hunger, Durst und Blöße, wurde gehasst, verhöhnt, verfolgt. Fünf Mal wurde er von den Juden gegeißelt, drei Mal litt er Schiffbruch und einen ganzen Tag und eine Nacht lang befand er sich in den Meereswogen, nahe daran, von ihnen verschlungen zu werden. Seine Todfeinde, die Juden, ließen ihm nirgends Ruhe; sie suchten ihn beständig aus dem Weg zu räumen. Selbst die Heiden mussten ihn gegen ihre Wut in Schutz nehmen. Öfters in Gefängnis geworfen und mit Ketten beladen, vor die Gerichte geschleppt, befreite ihn nur seine Weisheit und die Kraft seiner Worte aus den Händen seiner Feinde.

Er war daher das vollkommenste Abbild seines göttlichen Heilandes, der vorausgesagt hatte:

„Ich will ihm zeigen, was er Alles für meinen Namen leiden werde.“

– 23 Jahre arbeitete er ohne Rast und Ruhe am Heil der Seelen. Keine Gefahr, kein Hindernis schreckte ihn ab. Mit höchstem Freimut und himmlischer Begeisterung predigte er Hohen und Niedern, Juden und Heiden. Wie der Heiland Speise und Trank vergaß, um Seelen zu retten, so auch der heilige Paulus. Jede Gelegenheit benützte er, um in die Herzen einzudringen und sie für Jesus zu gewinnen. Als er einmal mit seinem Begleiter Silas nach Athen zog, wo die heidnische Weisheit ihren Hauptsitz hatte und der Götzendienst im höchsten Schwung war, durchwanderte er die Straßen der Stadt, forschend, ob er nicht eine Gelegenheit fände, seinem Eifer Raum zu geben. Da sah er einen Altar mit der Aufschrift: „Dem unbekannten Gott geweiht.“ Die Athener waren nicht mit ihren Göttern zufrieden, sie wollen alle ihnen noch nicht bekannten Götter der Welt verehren und anbeten. Dieser Aberglaube schnitt dem glaubenseifrigen Apostel in das Herz, und er fing an, zuerst in den Bethäusern der Juden und dann auch auf dem öffentlichen Markt den Heiden zu predigen. Viel Volk und darunter auch Gelehrte sammelten sich um ihn, und da sie ihn Jesus verkündigen hörten, wie er gekreuzigt und wieder auferstanden sei, führten sie ihn vor den höchsten Gerichtshof, wo auch öffentliche Verkündigungen an das Volk geschahen, damit er dort sich hören lasse. In Mitte nun der vornehmsten Männer der Stadt erhob Paulus furchtlos seine Stimme und sprach:

„Athener! Ich sehe, dass ihr in allen Dingen, ich möchte sagen, übergläubig seid. Denn als ich umherging und eure Götzenbilder sah, fand ich auch einen Altar, auf dem geschrieben stand: „Dem unbekannten Gott.“ Was ihr nun, ohne es zu kennen, verehrt, das vekündige ich euch.“

Nach dieser Einleitung verkündigte er mit feurigen Worten den Athenern den wahren Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde, und das Gericht, welches am Ende der Welt Jesus, der Auferstandene, halten werde über den ganzen Erdkreis. – Viele, die dies hörten, blieben in ihrem Unglauben, doch mehrere, unter diesen auch Dionysius, ein Mitglied des hohen Rates, glaubten an Christum. Es schmerzte wohl den heiligen Apostel dieser Unglaube, allein er ließ sich dadurch nicht irre machen. Unverdrossen streute er überall den Samen des Wortes Gottes aus und hatte auch die Freude, an vielen Orten christliche Gemeinden emporblühen zu sehen, so zu Korinth, zu Ephesus, in Galatien, zu Tessalonich, in Philippi, in Kolossä, in Palästina, welchen Gemeinden er dann würdige Männer als Bischöfe und Seelsorger vorsetzte, unter anderen den heiligen Titus und Timotheus. So lange er lebte, trug er wie ein zärtlicher Vater diese Gemeinden in seinem Herzen, und da er wegen seiner Reisen nicht immer bei ihnen verweilen konnte, so schrieb er die eindringlichsten Briefe an dieselben und an ihre Vorgesetzten, die voll des heiligen Geistes sind. Wir haben noch 14 solcher Briefe, in denen er wie ein Vater mahnt, warnt, belehrt, aufmuntert, tadelt und straft. – So feurig sein Gemüt war, wenn es galt, die Menschen aus dem Schlafe aufzuwecken und ihnen die Decke von den Augen zu ziehen, so voll des Mitleids und des Erbarmens war er auch gegen die armen und notleidenden Christengemeinden. Er selbst nährte sich, wenn es sein Amt zuließ, von seiner Handarbeit; für die Armen sammelte er Almosen und vergaß auch nicht, in seinen Briefen zur Barmherzigkeit gegen die Armen zu mahnen. Besonders lagen ihm die Sünder am Herzen; für sie betete und flehte er zu Gott, für sie tat er Buße und unaufhörlich mahnte er sie zur Bekehrung und Versöhnung mit Gott, ja seine Liebe zu seinen verstockten Glaubensgenossen, den Juden, die sich nicht bekehren wollten, ging so weit, dass er ausrief: „Ich wünschte selbst im Bann zu sein, los von Christo statt meiner Brüder (Röm 9,3).“ Man kann sagen, dass sein Herz immer im Feuer der Liebe brannte; wenn er in seinen Briefen von der wahren Liebe redet, so glaubt man, dieses Feuer brennen zu sehen. So sehr ihn Gott begnadigte, so blieb er doch immer demütig. Er wurde bis in den dritten Himmel verzückt, er trug die Wundmale Christi an seinem Leib; er hatte die Gabe der Sprachen; er sah in die Zukunft und weissagte; Christus selbst, Engel und Heilige erschienen ihm; er erweckte Tote zum Leben, heilte Kranke und Presshafte und trieb Teufel aus; durch Berührung seiner Schweißtücher wurden Kranke gesund – ja so groß war seine Wundergabe, dass man ihn sogar für einen Gott hilet und ihm opfern wollte – und dennoch verachtete er sich dabei so sehr, dass er sich den Geringsten der Apostel, eine Fehlgeburt, den ersten unter den Sündern nannte und seinen Leib fort und fort züchtigte, damit er, wie er sagte, nicht verworfen werde. – Durch beständiges Fasten ertötete er die Gelüste seines Fleisches; niemals trank er Wein und bei allen seinen geistigen und körperlichen Leiden war er doch immer voll des Trostes, so dass er ausrief: „Ich gehe über vor Freude bei all meiner Trübsal.“ Eine der schönsten Tugenden, die sein Herz schmückten, war die Reinigkeit. Er lebte bis zu seinem Tod unverheiratet und gibt über die jungfräuliche Reinigkeit die trefflichsten Lehren. Sein Leben, sein Alles war Jesus Christus. Der Name Jesus lag immer auf seinen Lippen; er war Honig in seinem Mund, süße Musik seinen Ohren, Preis und Jubel seinem Herzen. Nur im Kreuz Jesu rühmte er sich, nur leben wollte er in Christus und mit Christus. Seine einzige Sehnsucht war, aufgelöst zu werden und bei Christus zu sein und diese Sehnsucht wurde endlich nach langem Harren und vieler Trübsal erfüllt. Im Jahre 58 nach Christus kam er nach Jerusalem, um dort den Armen gesammeltes Almosen zu bringen und auszuteilen. Vergeblich hatte ihn ein Prophet vor dieser Reise gewarnt, vergeblich hatten ihn die Gläubigen davon abgemahnt, er antwortete ihnen: „Ich bin bereit, nicht nur in Jerusalem mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben um des Namens Jesu willen.“ Er reiste also nach Jerusalem, aber kaum hatte er sich dort einige Tage aufgehalten, als ein Aufruhr unter den Juden entsatnd, weil sie meinten, er hätte durch einen Heiden, mit dem sie ihn gehen sahen, den Tempel entweiht. Sie ergriffen ihn, schleppten ihn fort, um ihn zu morden. Es wäre dies auch geschehen, wenn nicht ein Hauptmann mit Soldaten herbeigeeilt wäre, und ihn ihren Händen entrissen hätte. Dieser schickte ihn nun gefangen zu dem Landpfleger Felix, wohin auch die Juden, seine Feinde, gingen, um ihn dort zu verklagen. Paulus verteidigte sich siegreich, musste aber doch zwei Jahre bei dem Landpfleger im Gefängnis bleiben. Felix war ein schlechter Mensch. Er wollte einerseits den Juden sich gefällig zeigen, andererseits vom heiligen Paulus sich Geld erpressen; dieser aber willfahrte ihm nicht, sondern suchte vielmehr sein Herz auf bessere Wege zu bringen. Allein Felix, auf den die Worte des heiligen Apostels oft großen Eindruck machten, wollte sich von seinen sündhaften Gewohnheiten nicht los machen und blieb verstockt. Nach zwei Jahren wurde er abgesetzt und da nun ein anderer Landpfleger an seine Stelle kam, verlangte der heilige Apostel vor den Kaiser nach Rom geführt zu werden. Er wurde nun auf ein Schiff geschleppt und nach Rom abgeführt. Groß waren die Mühsale und Gefahren, weilche er auf der langen Reise auszustehen hatte. Doch Gott rettete ihn und wegen seiner auch seine Gefährten und so kam er denn glücklich im Jahre 61 in Rom an, wo er sogleich in das Gefängnis geworfen wurde. Er wurde aber sehr milde behandelt und durfte sogar allen, welche ihn besuchten, frei das Evangelium verkündigen. Da sich keine Ankläger gegen ihn stellten, wurde er nach zwei Jahren freigelassen. Nun machte er seine letzte Reise in das Morgenland, predigte in verschiedenen Ländern und Gegenden, erduldete noch Kerker, Foltern und Misshandlungen aller Art, begründete überall den Glauben und kehrte dann wieder nach Rom um das Jahr 64 zurück, wo bereits der heilige Petrus sein Amt als Oberhaupt der Kirche ausübte und seinen großen Kampf gegen das Heidentum kämpfte. Paulus vereinigte sich mit ihm und beide heiligen Apostel arbeiteten nun mit vereinten Kräften an der Verbreitung des Reiches Gottes. Paulus hatte das Glück, eine Beischläferin des Kaisers Nero zu bekehren, an welcher das ganze Herz dieses grausamen Wüterichs hing. Das lasterhafte Weib ging auf die Worte des Apostels in sich, verließ den kaiserlichen Hof und ergab sich dem Dienst Gottes. Der Kaiser hierüber wütend, ließ den heiligen Apostel in das Gefängnis werfen, in welchem bereits der heilige Petrus gefangen lag. Neun Monate musste er hier von allem entblößt in Banden liegen, aber die Tröstungen, welche ihm Gott zuschickte, und der Umgang des heiligen Petrus erfüllten sein Herz mit Freude, und mit heißer Inbrunst erwartete er seine Todesstunde, um bei Christus zu sein. Als der Tag des Martertums endlich nahte, wurden die beiden heiligen Apostel aus ihrem Gefängnis gezogen und durch das Tor Ostia an den Ort, „Gesundwasser“ genannt, geführt. Der heilige Apostel Petrus wurde gekreuzigt. Der heilige Paulus aber als römischer Bürger enthauptet am 29. Juni 65 oder 67 n.Chr. An dem Platz, wo er enthauptet worden war, steht jetzt die prachtvolle Kirche St. Paul, die im Jahre 1823 abgebrannt, nun aber fast ganz wieder hergestellt ist. Die Hälfte der Gebeine des heiligen Apostels ruhen in der St. Peterskirche bei den Gebeinen des heiligen Petrus. O möchtest du doch, christliche Seele, auch mit dem heiligen Paulus am Ende deiner Laufbahn ausrufen können: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt!“ Damit du aber dieses sagen kannst, musst du dich auch entschließen, in die Fußstapfen dieses heiligen Apostels zu treten. Erkenne dich, wie er, als einen armen Sünder und demütige dich immer; liebe wie er mit allen Fasern deines Herzens Jesum den Gekreuzigten; verachte die Welt und all ihren Tand; kreuzige dein Fleisch wie er; liebe die Brüder und sei barmherzig; lebe enthaltsam und keusch und tue alles zur größeren Ehre Gottes, o dann wird auch dir die Krone zu Teil, welche dir geben wird der gerechte Richter an jenem Tage.

Gebet der Kirche

O Gott, der du durch die Predigten des heiligen Apostels Paulus die Menge der Heiden bekehrt hast, verleihe uns, wir bitten dich, dass wir, feiernd seinen Tag der Geburt, immer empfinden seinen mächtigen Schutz durch Christum, unseren Herrn. Amen.


(Quelle: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Regensburg 1884)