Bruno
Fest
Lebensbeschreibung
Bruno, der heilige Stifter des berühmten Kartäuserordens, ward um das Jahr 1040 zu Köln am Rhein geboren und von seinen adeligen und tugendhaften Eltern sehr gottesfürchtig erzogen. Als Jüngling ging er nach dem Willen der Eltern auf die Hochschule von Paris, wo er in den Wissenschaften solche Fortschritte machte, dass er die Würde eines Doktors der Gottesgelehrtheit erlangte und bald darauf mit einem Kanonikat zu Rheims beehrt wurde. Kurz vor seiner Abreise von Paris trug sich daselbst eine entsetzliche Begebenheit zu. Es verschied ein Doktor (berühmter Lehrer, Professor) in selbiger Stadt, den man für sehr gelehrt und fromm gehalten hatte. Sein Tod schien auch selig zu sein; denn er hatte kurz vorher die heiligen Sterbesakramente empfangen. Als man aber dessen Leichnam dem Gebrauche nach in die Kirche trug und vor der Beerdigung die Tagzeiten für die Verstorbenen betete, da richtete sich bei Abbetung der vierten Lektion der tote Körper in die Höhe und rief mit furchtbarer Stimme:
„Aus gerechtem Urteile Gottes bin ich angeklagt worden.“
Am zweiten Tage, als man wieder zu den ersten Worten dieser Lektion kam, bewegte sich der Körper wieder und schrie in einem gleich fürchterlichen Tone:
„Aus gerechtem Urteile Gottes bin ich gerichtet worden.“
Am dritten Tage geschah das nämliche: Der Tote saß auf und rief zum letzten Male noch schrecklicher:
„Aus gerechtem Urteile Gottes bin ich verdammt worden.“
Eine andere Nachricht meldet:
Dies sei an einem Tage dreimal nacheinander geschehen.
Bruno war auch mit sechs seiner Freunde bei diesem traurigen Ereignisse zugegen. Er empfand über dieses Urteil Gottes einen solchen Schrecken, dass er sich von dieser Stunde an entschloss, die Welt zu verlassen und mit allem Ernste für das Heil seiner Seele zu sorgen, damit dereinst vor dem Richterstuhle Gottes besser als jener Doktor dastehen könne. Dieses erzählte er seinen Freunden, und jene Worte erschütterten dergestalt ihre Herzen, dass sie den gleichen Entschluss fassten. Bruno und seine sechs Gefährten verkauften alles, was sie hatten, teilten es unter die Armen und gingen in geringer Kleidung mit einem Stabe in der Hand von Paris fort nach Grenoble zu dem heiligen Bischofe Hugo. Sie erzählten alles, was sich zugetragen, eröffneten ihm den von ihnen gefassten Entschluss und baten ihn um einen einsamen Ort in seinem Bistume, wo sie in der Stille Gott dienen und durch ein frommes Leben sich um die Gnade des göttlichen Richters, da es noch Zeit sei, sicher bewerben könnten.
Hugo hatte in der vorhergehenden Nacht einen Traum, in welchem er sah, dass sieben hellleuchtender Sterne zu ihm kamen. Da er nun diese sieben Männer in solcher Demut vor sich sah, zweifelte er nicht, dass Gott ihm dies durch den nächtlichen Traum voraus anzeigen und zugleich sein Wohlgefallen an deren Entschluss andeuten wollte. Er erfreute sich sehr darüber, bestärkte sie in ihrem Vorsatze und führte sie selbst in eine Einöde, welche man Karthaus nannte. Diese war zwischen sehr hohen Bergen gelegen und so rauh, wild und unfruchtbar, dass sie vielmehr den wilden Tieren als vernünftigen Menschen zum Aufenthalte passend zu sein schien.
Der heilige Bruno erbaute an diesem Orte ein Kirchlein zur Ehre des heiligen Johannes des Täufers und einige voneinander abgesonderte armselige Hütten zu Wohnungen. Einen solchen Anfang nahm der so sehr in der Kirche Gottes berühmte und bisher in seinem ersten Eifer beständig gebliebene Kartäuserorden.
Der heilige Bruno übte mit seinen Gefährten eine sehr strenge Lebensweise. Die vorzüglichsten Punkte, die er selbst beobachtete und anderen zu beobachten vorschrieb, waren folgende:
Abgesondert zu leben von aller Gemeinschaft der Menschen; ein beständiges Stillschweigen zu beobachten, außer der Versammlung in der Kirche, und das Lob Gottes zu singen; allzeit ein Cilicium an dem Leibe zu tragen; immerwährend sich von Fleischspeisen zu enthalten und täglich zu fasten. Die Zeit sollten sie nur mit dem Gebet und Chorgesang, mit Lesung geistlicher Bücher und einiger Handarbeit zubringen. Die hl. Mutter Maria erwählte der heilige Stifter zur Beschützerin seines Ordens, und den heiligen Johann Baptist zum besonderen Patron desselben; denn er glaubte, dass dessen Leben den Einsiedlern zu einem Vorbilde in allem dienen sollte. Der böse Geist erweckte zwar viele Verfolgungen wider den heiligen Mann und dessen Gefährten; dieser aber ließ sich nicht stören, sondern verharrte mit den Seinigen bei seiner Gott gelobten Lebensweise.
Als er sechs Jahre in der Einöde zugebracht hatte, rief ihn Papst Urban II., der zu Rheims sein Schüler gewesen war, wegen wichtiger Ursachen nach Rom. Sechs Jahre blieb der Heilige zu Rom; denn der Papst bedurfte gar sehr des Rates eines so frommen und weisen Mannes, wie Bruno war. Zur Belohnung seiner treuen Dienste wollte ihm der Papst den damals erledigten erzbischöflichen Sitz von Reggio in Calabrien übergeben. Allein der demütige Diener Gottes weigerte sich mit vielen Tränen und Bitten, denselben anzunehmen, indem er sagte:
„Er hätte ohnedies für seine Seele Rechenschaft genug zu geben; er könne unmöglich die Verantwortung wegen so vieler Seelen, die ihm damit anvertraut würden, auf sich nehmen.“
Der Papst ließ sich bereden, stand von seinem Vorhanden ab und erlaubte dem heiligen Bruno, den päpstlichen Hof, wie er inständigst begehrte, einen einsamen Ort zu wählen, wo er, wie in der Kartäuser-Wildnis, Gelegenheit hätte, Gott ungestört zu dienen.
Der Heilige nahm einige zu sich, welche gleiche Gesinnungen hatten, und durchwanderte mit ihnen ganz Calabrien so lange, bis sie endlich in dem Gebiete von Squillace eine ihre Absicht entsprechende Wildnis antrafen. Da wurde alles eingerichtet, wie er in der Kartause und die nämliche Lebensweise eingeführt, welche dort beobachtet wurde. An diesem Orte brachte der heilige Bruno seine noch übrige Lebenszeit in größter Heiligkeit zu. Der Graf Roger von Calabrien und Sizilien traf ihn einst an, als er in jener Gegend jagte. Er verwunderte sich über dessen strenge Lebensweise und schenkte ihm einen zunächst gelegenen Grund und Boden zum besseren Unterhalte. Zugleich ließ er für ihn und seine Gefährten eine Kirche erbauen, welche zur Ehre der göttlichen Mutter eingeweiht wurde. Diese Freigebigkeit des frommen Grafen belohnte Gott der Herr bald darauf reichlich; denn als dieser Graf die Stadt Capua belagerte, und einer aus seinen Untergebenen ihn seinen Feinden verräterischerweise in die Hände zu liefern trachtete, erschien ihm in der Nacht der damals noch lebende und weit davon entfernte heilige Bruno, zeigte ihm die Gefahr an und rettete ihm so das Leben.
Nicht lange darnach schickte Gott der Herr dem heiligen Bruno eine schwere Krankheit als einen Vorboten des herannahenden Todes zu. Der Heilige empfing die heiligen Sakramente mit größter Andacht, legte aber zuvor ein öffentliches Bekenntnis seines Glaubens wider die damals einreißenden Irrlehren ab und ermahnte alle Gegenwärtigen zur Beharrlichkeit in dem Dienste Gottes. Endlich ergriff er, mit einem Bußkleide angetan, das Bild des Gekreuzigten und gab, indem er dasselbe küsste, seinen Geist auf den 6. Oktober im Jahre 1101. Bei seinem Grabe entsprang wunderbar eine Quelle, durch deren Wasser Blinde, Lahme, Taube und andere Kranke die Gesundheit erhielten.
Verehrungstag des heiligen Bruno ist der 6. Oktober.
(Quelle: nach Vollständiges Heiligen-Lexikon von J.E. Stadler, F.J.Heim und J.N. Ginal, Augsburg 1858-1882, digitalisiert und mit freundlicher Genehmigung von Digitale Bibliothek, Verlag Directmedia Publisching GmbH, CD DB 106, http://www.zeno.org, von FJM überarbeitete Fassung)