Bernhardin von Siena

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Vincenzo Foppa: Bernhardin, vor 1500, National Gallery of Art in Washington - gemeinfrei

Fest

20. Mai

Lebensbeschreibung

Der hl. Bernardin von Siena, ein Franziskaner von der strengern Observanz, wurde zu Massa im Gebiet von Siena aus der Familie der Albizeschi, einer der berühmtesten der Republik Siena, im Jahr 1380 geboren. Sein Vater, welcher die erste obrigkeitliche Würde in der Stadt Massa bekleidete, hieß Tullus und starb, ehe noch Bernardinus das siebente Jahr erreicht hatte; seine Mutter aber hieß Nera, und war die Tochter eines vornehmen und edlen Mannes von Massa, Bindus mit Namen. Obwohl der hl. Bernardin in der Stadt Massa geboren worden war, und seine Eltern sich beständig daselbst aufhielten; so hat er doch den Beinamen »von Siena« (Senensis), weil sein Vater Bürger und Patrizier dieser Stadt, und Bernardin eigentlich in Siena heimatberechtigt war. Er verlor seine Mutter durch den Tod, als er noch ein Kind von nicht drei Jahren war und wurde deßhalb der Schwester seiner Mutter, Namens Diana, zur Erziehung übergeben. Diese hielt ihren Neffen von frühester Jugend zur Übung aller Tugenden und selbst schon zum Fasten an, soweit es sein Alter gestattete. In seinem elften Jahre ließen ihn seine väterlichen Oheime nach Siena kommen, und übergaben ihn der Leitung der geschicktesten Lehrer, welche seinen Scharfsinn und seine glücklichen Geistesanlagen nicht genug bewundern konnten. Dabei gab er schon außerordentliche Zeichen seiner Frömmigkeit und Tugend; besonders aber war es die Tugend der Keuschheit, die ihn auf das Lieblichste zierte. So wenig konnte er schon damals ein wider diese Tugend laufendes Wort ertragen, daß er bei aller seiner sonstigen Sanftmut in den größten Unwillen geriet, wenn eine unanständige Rede seine Ohren berührte.

Die Leute wußten dies recht gut; daher brachen sie, sobald er erschien, jede zu freie Unterhaltung mit den Worten ab: »Still, Bernardin kommt«, (Bernardinus adest). Nach vollendetem philosophischen Kurs und dem Studium des Staats- und Kirchenrechts verlegte er sich mit allem Eifer auf die Schriftforschung, die ihm bald einen Ekel an allen weltlichen Wissenschaften einflößte. Die Frucht seines eifrigen Studiums der hl. Schrift war, daß er in seinem 17. Jahre in die Genossenschaft zu unserer lieben Frau, die zu Siena in dem Spitale della Scala zum Dienste der Kranken errichtet war, eintrat, in welcher Genossenschaft er sich besonders zur Zeit der Pest auszeichnete, welche im Jahre 1400 in der Stadt Siena und ganz Italien wütete. Nach dem Tode einer Base, Namens Bartholomäa, die er in ihren schweren Krankheiten verpflegte, zog er sich in ein Haus der Vorstadt von Siena zurück, wo ihm die Mauern des Gartens zur Klause dienten. Um den Willen Gottes zu erfahren, welchen Stand er sich wählen solle, verdoppelte er hier seine Fasten und Gebete, und nahm dann, darüber endlich ins Klare gekommen, bei den Franziskanern der strengern Observanz zu Columbiere, das einige Meilen von Siena lag, das Ordenskleid. Nach vollendeter Prüfungszeit legte er am 8. Sept. 1403 (nach Butler 1404) an seinem Geburtstage, dem Feste Mariä Geburt, seine Gelübde ab. Da er sich längere Zeit in stiller Abgeschiedenheit zum heil. Predigtamte vorbereitete, befahlen ihm seine Obern, das von Gott empfangene Talent zu dessen Ehre zu benützen. Wegen der Schwäche und Heiserkeit seiner Stimme fand er anfänglich bei diesem Geschäfte große Schwierigkeiten; allein er wurde durch die Fürbitte der sel. Jungfrau Maria, zu der er eine große Liebe trug und die seine gewöhnliche Zuflucht war, von diesem Hindernisse befreit. Noch 14 Jahre lang blieben die Arbeiten seines Eifers in den Gränzen seines Geburtslandes verborgen; zuletzt aber verriet ihn der Glanz seiner Tugenden, und er erschien in der Kirche als ein glänzendes Gestirn. Wie ein Apostel zog er in Italien von Stadt zu Stadt und predigte mit einer Kraft und Salbung, daß die härtesten Sünder erweicht wurden und in ihrem Herzen den Unordnungen, denen sie ergeben waren, entsagten. Das Wort Gottes war in seinem Munde ein zweischneidiges Schwert und gleich einem Feuer, das auch das Härteste und Unbezwinglichste verzehrt. Einige Übelgesinnte nahmen wegen einiger Ausdrücke, deren er sich in den Predigten bedient hatte, Veranlassung, ihn bei Papst Martin V. (1417–1431) anzuschwärzen, und wirklich legte ihm der Papst immerwährendes Stillschweigen auf, dem sich der demütige Ordensmann ohne alle Rechtfertigung unterwarf; aber kaum hatte sich der Papst von seiner Unschuld überzeugt, so überhäufte er ihn mit Lobsprüchen und erlaubte ihm, allenthalben, wo er wollte, das Evangelium zu verkünden. Im Jahr 1427 drang er sogar in ihn, das Bistum Siena anzunehmen; allein der Heilige lehnte diese Würde von sich ab, was er auch später tat, als ihm von Papst Eugen IV. im Jahr 1431 das Bistum Ferrara und im Jahr 1435 das von Urbino angeboten wurde. Wie bei den Päpsten, so stand unser Heiliger auch bei dem Kaiser Sigismund in sehr hohen Ehren, weßhalb er ihn im Jahr 1433 mit sich zu seiner Krönung nach Rom nahm. So sehr er aber die Demut liebte, und nichts sehnlicher wünschte als im Gehorsam zu leben; so mußte er doch im Jahr 1438 die Würde eines Generalvikars seines Ordens annehmen, die er aber fünf Jahre nachher niederlegte, um wieder ganz ungeteilt dem Worte Gottes leben zu können.

Er war eben nach Aquila in den Abruzzen gekommen, als er sich – der Heftigkeit eines Fiebers, das er sich durch seine angestrengten Predigten zugezogen hatte, unterliegend – zu Bette legen mußte, von welchem er nicht mehr aufstand, indem er nach Empfang der heil. Sterbsakramente am 20. Mai 1444 in einem Alter von 64 Jahren verschied.

Papst Nicolaus V. (1447–1455) setzte ihn im Jahr 1450 unter die Heiligen, und wurde sein heil. Leib in einem doppelten Sarge bei den Franziskanern zu Aquila aufbewahrt. Der Namenszug Jesu – I. H. S. (Jesus Hominum Salvator) in einer Sonne, ist das Zeichen, welches dem hl. Bernardin beim Predigen erschien und welches er daher auch als Attribut in seiner Hand trägt. Das Andenken an die Menschwerdung und die Leiden des Erlösers versetzte ihn gleichsam außer sich, und er konnte den Namen Jesus nicht aussprechen, ohne außerordentliche Entzückungen in sich zu fühlen. Bei Gelegenheit, wo er wahrscheinlich über die Liebe Jesu gepredigt hat, mag wohl der Namenszug Jesu über ihm erschienen sein. Jedenfalls ist es gewiss, daß er oft am Ende seiner Predigten dem Volke diesen heil. Namen in goldenen Buchstaben auf eine kleine Tafel geschrieben vorhielt, und die Zuhörer aufforderte, sich auf die Kniee niederzuwerfen und mit ihm den Erlöser der Menschen anzubeten und zu preisen. Demselben klagte einmal ein Drechsler oder Tischler, welcher Schachbrette, Würfel etc. verfertigte, er habe gar keinen Absatz mehr, weil alle Leute in seine Predigten liefen und nicht mehr spielen wollten. Da malte der hl. Bernardin eine Sonne mit dem Namen Jesus und sagte zu ihm, er solle künftig nur solche Zeichen machen. Der Drechsler befolgte seinen Rat und erwarb sich ein großes Vermögen. Von unserm Heiligen sind manche Werke asketischen Inhalts auf uns gekommen, die im Jahr 1636 in 5 Foliobänden zu Paris gedruckt wurden. Sie enthalten Abhandlungen über Gegenstände der Frömmigkeit, z.B. über das Gebet, die Liebe Gottes, die Nachahmung des Lebens Jesu und die letzten Dinge des Menschen. Was endlich seine kirchliche Verehrung betrifft, so kommt sein Name sowohl im allg. Mart. Rom. als in dem für die Conventualen am 20. Mai vor, und wird am letzteren Orte noch bemerkt, daß sein hl. Leib unter Sixtus IV. (1471–1484) am 28. Mai in die Kirche der Observanten, die seinem Namen geweiht ward, übertragen worden sei.


(Quelle: nach Vollständiges Heiligen-Lexikon von J.E. Stadler, F.J.Heim und J.N. Ginal, Augsburg 1858-1882, digitalisiert und mit freundlicher Genehmigung von Digitale Bibliothek, Verlag Directmedia Publisching GmbH, CD DB 106, http://www.zeno.org, von FJM überarbeitete Fassung)