Meinrad von Einsiedeln

Aus FJM-Ritter
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Fest

21. Jänner

Das Leben und Wirken des hl. Meinrad

Dieser, der gebenedeiten Gottesmutter so liebwerte Heilige, war aus hohem Stande, und von seinen frommen Eltern schon von Kindheit an Gott geweiht. Von seinem Oheim Hatto, der zur selben Zeit ein Muster der Geistlichkeit war, wurde er im Kloster Reichen erzogen. Er wurde Priester und Mönch, und von seinem Abte in ein kleines Klösterchen am Zürchersee geschickt, um dort Schule zu halten.

Der fromme Meinrad hatte wohl große Liebe zu den Kindern und hielt fleißig Schule, aber schon lange fühlte er in sich eine geheime Sehnsucht, in stiller Einsamkeit Gott dem Herrn zu dienen und seine Seele zu retten. Voll von diesem Gedanken nahm er eines Tages seine Schüler mit sich und fuhr in einem kleinen Kahn mit ihnen in die einsamen Gegenden, welche am Ufer des Sees lagen. „Hier wollen wir Fische fangen," sprach Meinrad zu ihnen, und sie kamen zu einem Flüßchen, das durch stille, dunkle Wälder floß und in dem der Heilige die Knaben Fische fangen ließ. Er selbst aber ging weiter, um sich insgeheim ein Plätzchen zu suchen, wo er später wohnen wollte, denn die Gegend gefiel ihm sehr wohl. Als er zurückkehrte, hatten die Knaben eine große Menge von Fischen da liegen, und er sprach: „Liebe Kinder, dankt dem Herrn, der uns mit seinen Gaben so barmherzig bedacht hat. Wenn es euch recht ist, wollen wir mit denselben heimkehren." Da nahmen sie die Fische, gingen weiter und kamen zu einer kleinen, nicht weit vom Ufer entlegenen Stadt, die Rapperswyl heißt. Dort gingen sie in das Haus einer frommen Frau und erquickten sich an Speise und Trank.

Der Heilige merkte, daß diese Frau recht fromm und gottesfürchtig sei, faßte Zutrauen zu ihr und entdeckte ihr, daß er gesonnen sei, in dieser Einöde seine Wohnung aufzuschlagen; er wolle darin eine Zelle sich bauen, um dem Gebete ungestört obliegen zu können. Nur wisse er nicht, wer ihm die notdürftige Nahrung um der Liebe Gottes willen dahin brächte. Die fromme Frau hatte Mitleid mit dem Heiligen, und versprach, ihn mit dem Nötigen zu versehen. Darüber freute sich Meinrad gar sehr, und nachdem er der Frau geboten, niemandem sein Geheimnis zu verraten, nahm er Abschied von ihr, kehrte aber bald mit Erlaubnis seines Abtes zurück, und baute sich in dem tiefen, dunkeln Wald eine Zelle und ein kleines Kirchlein.

— Jetzt steht an diesem Orte, Etzel genannt, die Meinrads-Kapelle, wo in schönen Bildern das Leben des heiligen Klausners abgebildet ist. Alles, was er zum Unterhalte bedurfte, erhielt er von der Frau und andern frommen Leuten.

Der heilige Meinrad zählte erst drei und zwanzig Jahre, und schon hatte er es durch beständigen Kampf mit der verdorbenen Menschennatur so weit gebracht, daß das Licht seines heiligen Wandels nicht verborgen bleiben konnte. Das fromme Volk strömte in Menge herbei, ihn zu sehen und zu hören. Das war aber nicht nach seinem Sinn, und er sprach zu der frommen Frau: „Gott wolle dir alles Gute lohnen, was du mir getan: aber hier kann ich nicht länger mehr bleiben. Ich will mir im Walde eine andere Wohnung suchen, wo ich den Leuten unbekannt bleibe, dahin sende mir dein Almosen." So setzte er denn seinen Fuß weiter, und kam nach vier Stunden in ein von Bergen rings eingeschlossenes Tal.

Da baute er sich mit Hilfe frommer Männer und besonders der Äbtissin Heilwiga von Frauenmünster eine Zelle und daneben ein kleines Kapellchen, welches er Unserer L. Frau weihte, und in welches er ein Liebfrauenbild aufstellte, welches ihm eine andere fromme Äbtissin am Zürchersee geschenkt hatte.

In dieser Einöde des Finsterwaldes lebte nun St. Meinrad gar fromm und gottselig. Er hatte wohl die stärksten Versuchungen zu bestehen, aber mit Hilfe seines heiligen Schutzengels, der ihm oft sichtbar erschienen, überwand er sie vollkommen. Dafür belohnte ihn Gott mit den süssesten Tröstungen. Es erschien ihm die Liebe Frau mit dem süssesten Jesuskinde, und unterredete sich mit ihm. Einmal sah ein Bruder aus dem Kloster Reichem, der ihn besucht hatte und die Nacht in seiner Zelle bei ihm schlief, wie Meinrad um Mitternacht zum Gebete sich erhob. Der Bruder schlich ihm in die Kapelle nach, und da sah er einen holden, etwa siebenjährigen Knaben, von wunderbarer Schönheit bei dem Heiligen stehen, mit ihm beten und fromme Gespräche führen. Der Bruder hörte die Reden, verstand sie aber nicht. So lebte Meinrad wiederum viele Jahre in Gottseligkeit, als eines Tages zwei Landstreicher in seine Zelle traten, die gekommen waren, um ihn auszurauben.

Sie glaubten nämlich, Meinrad habe große Schätze verborgen. Sie waren in Nördlingen zu Hause, und der eine hieß Petrus, der andere Richard. Er nahm die beiden gottlosen Männer liebreich auf, und obschon er ihre ruchlose Absicht erkannte, bewirtete er sie doch aufs Freuudlichste. Nachdem er die heilige Messe gelesen, und sich durch inbrünstiges Gebet auf seinen Tod vorbereitet hatte, trat er zu den Mördern, die schon bereit waren, ihre Untat auszuführen. Der Heilige gab ihnen seinen Mantel und seine Kutte und sprach zu ihnen: „Ich weiß, daß ihr gekommen seid, mich zu töten, aber lasset mich nur um Eines bitten. Wenn ihr mein Leben geendet, dann nehmet die Kerzen dort, und stellet eine zu meinen Haupte, die andere zu meinen Füssen; aber dann eilet fort, damit ihr nicht der Strafe verfallet." Die beiden Strolche wurden durch die Liebe des Heiligen nicht gerührt. Ohne zu antworten, fielen sie über den Heiligen her, schlugen ihn zu Boden und erwürgten ihn. Kaum hatte er sein Leben geendigt, als ein süsser Wohlgeruch die Kapelle erfüllte.

St. Meinrad hatte zwei junge Raben aufgezogen, die gar heimlich waren, aus seiner Hand frassen und mit ihm viele Jahre in der Einsamkeit lebten. Schon als die Landstreicher in die Zelle traten, wurden die beiden Vögel unruhig, flogen auf und erfüllte den stillen Wald mit seltsamem Gekrächze. Nachdem die Mörder ihre ruchlose Tat vollbracht hatten, fuhr Schrecken und Angst in alle ihre Glieder, und Einer sprach: „O wehe, was haben wir doch Übles an diesem heiligen Manne getan!" Da sagte der andere: „Laß uns schnell die Kerzen anzünden, wie er gewollt hat." Und sie zogen die heilige Leiche aus und legten sie in das Bett, worin er zu schlafen gewohnt war, nachdem sie zuvor ein Leintuch ausgebreitet hatten. Da nahmen sie die Kerzen vom Altar, stellten sie zum Haupte und den Füssen des Heiligen, und holten ein Licht, um sie anzuzünden. Als sie aber zurückkehrten, fanden sie die Kerzen schon brennend. Da befiel sie ein solches Entsetzen, daß sie sogleich davoneilten. Da flogen ihnen unter furchtbarem Krächzen die beiden treuen Raben des Heiligen nach, kratzten und hackten nach ihnen und schrien, daß der ganze Wald widerhallte. So von ihnen verfolgt, wurden sie in der Stadt Zürich, wo sie in einem Wirtshaus einkehrten, ergriffen und gefangen gesetzt. Jetzt wurden ihre harten Herzen mürbe, sie sahen die rächende Hand Gottes, bekannten ihre Schuld und wurden aufs Rad geflochten. Und die Raben flogen an der Gerichtsstätte umher, bis die Mörder tot waren, dann kehrten sie in den Wald zurück.

Unterdessen waren die Kerzen bei der heiligen Leiche bis auf das Stroh herabgebrannt, in dem sie stunden. Die Flamme hatte auch das Stroh ergriffen, aber der heilige Leib blieb unversehrt. Als der Abt von Reichen von dem Morde hörte, sandte er eine Botschaft zu des Heiligen Zelle, um die heiligen Überbleibsel zu holen, damit sie in Reichen ruhen möchten. Als die kein Hindernis fand, kam der Abt Walther mit seinen Brüdern und führte Meinrads Körper heim.

In der Kapelle auf dem Etzel wurden seine Eingeweide beigesetzt, die heilige Leiche aber mit großen Ehren in der Kirche der Abtei Reichen begraben.

Siehe hierzu: Wallfahrtsort Einsiedeln


(Quelle: Digitalisiert von Google (Google Bücher) / Marianum: Legende von den lieben heiligen und gottseligen Dienern unserer lieben Frau und den berühmten Gnadenorten der hohen Himmelskönigin / Georg Ott, Pustet, 1859, von FJM überarbeitete Fassung)