Stephanus

Aus FJM-Ritter
Wechseln zu: Navigation, Suche
Stephanus.jpg

Fest

26. Dezember

Der heilige Stephanus, Diakon und Erzmartyrer

Der heilige Stephanus, den die heilige Schrift einen Mann voll des Glaubens, voll der Gnade und Stärke nennt, war der erste, der sein Blut und Leben für die Lehre Jesu Christi hingab; deswegen wird er Erzmartyrer (oder Erstlingsmartyrer) genannt. Man nennt ihn auch Erzdiakon, weil er der erste aus jenen sieben Männern war, welche von der christlichen Gemeinde erwählt und von den Aposteln durch Auflegung der Hände zu Diakonen geweiht wurden. Wo er eigentlich geboren worden, und wer seine Eltern gewesen sind, ist nicht bekannt. Doch ist gewiß, dass er von Geburt ein Jude und bei heranwachsenden Jahren ein Lehrjünger des berühmten Schriftgelehrten Gamaliel war, und dass er sich schon im ersten Jahre nach der Sendung des heiligen Geistes durch seinen Glaubenseifer und große Frömmigkeit berühmt gemacht hat. Nach seiner Weihe zum Diakon beschäftigte er sich mit der Armenpflege und mit der Verkündigung der Lehre Jesus als Gehilfe der Apostel. Gott gab ihm hierzu besondere Gnade und verlieh ihm die Gabe, große und viele Wunder zu wirken, wie die heilige Schrift ausdrücklich mit diesen Worten bezeugt:

“Stephanus aber, voll Gnade und Kraft, tat große Wunder und Zeichen unter dem Volke“ [Apg. 6,8]

Die Juden wußten wohl, dass Stephanus in dem Gesetze Moses vortrefflich unterwiesen war; voll Zorn, dass er dennoch mit so großer Freimütigkeit die Lehre Jesu Christi verkündigte, wagten sie sich wiederholt an ihn und suchten durch ihre spitzfindigen Fragen ihn eines Irrtums zu überführen. Es waren damals verschiedene Schulen zu Jerusalem, wo die Juden in dem Gesetze unterrichtet wurden. Von jeder kamen einige und stritten mit ihm. So listig und hitzig sie es aber immer angingen, so waren sie dennoch nicht imstande, sich jener Weisheit und jenem Geiste zu widersetzen, der aus ihm redete. Ihre Erbitterung gegen ihn ward um so größer, als sie zugleich sahen, dass er täglich mehrere zur Annahme der Lehre Jesu Christi bewog. Deshalb bestellten sie einige, welche unter dem Volke ausstreuten, Stephanus hätte Moses und Gott selbst gelästert. Sie selbst hätten solches aus dessen Munde gehört. Dadurch wurde nicht nur das Volk, sondern es wurden auch die Ältesten und Schriftgelehrten höchst aufgebracht. Man fiel ihn mit voller Wut an und zog ihn mit Gewalt vor den hohen Rat, der deswegen versammelt war, wo der Hohepriester Kaiphas samt allen anderen Priestern und Pharisäern sich eingefunden hatte. Die Ankläger brachten ihre falsche Anklage vor; die bestellten falschen Zeugen bestätigten, was diese dem heiligen Stephanus aufgebürdet hatten.

„Dieser Mensch,“ sprachen sie, „hört nicht auf, zu reden wider den heiligen Ort und das Gesetz. Denn wir haben ihn sagen hören, dass Jesus von Nazareth diesen Ort zerstören und jene Überlieferungen, welche uns Moses übergeben hat, verändern werde.“

Alle Anwesenden sahen dem Angeklagten unverrückt in das Gesicht, ob er selbes nicht veränderte, oder eine Furcht und Zaghaftigkeit in demselben verspüren ließe. Aber wider alles Vermuten ward das Angesicht des heiligen Erzdiakons von Gott zum Zeichen seiner Unschuld verklärt und kam ihnen nach dem Zeugnisse der heiligen Schrift nicht anders vor, als wie das Angesicht eines Engels. Man konnte mit Wahrheit denselben einen Engel nennen wegen seiner englischen Keuschheit.

„Weil er eine reine und unbefleckte Jungfrau war,“ schreibt der heilige Augustin, „deswegen hat er das Gesicht eines Engels vorgestellt.“

Ungeachtet dessen standen die Versammelten von ihrer Bosheit nicht ab. Der Hohepriester fragte ihn, ob dem also sei, wie die Ankläger ausgesagt, und die Zeugen bestätigt hätten. Der Heilige fing hierauf an, eine lange und geistvolle Anrede zu halten, welche ganz im siebenten Kapitel der Apostelgeschichte zu lesen ist. In dieser sprach er unter anderem vieles zum Lobe des Propheten Moses und bewies, was Moses von Christus geweissagt habe. Am Ende verwies er ihnen ihre Hartnäckigkeit und die an dem wahren Messias begangene Mordtat:

„Ihr Hartnäckigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren,“ sprach er, „ihr widerstrebt allzeit dem hl. Geiste; wie eure Väter, also auch ihr. Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Sie haben diejenigen getötet, welche die Zukunft des Gerechten verkündigten, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid.“

Einen so harten Verweis konnten die Versammelten nicht ertragen. Der wildeste Zorn ergriff sie, sie knirschten mit den Zähnen wider den heiligen Stephanus. Dieser merkte es gar wohl und sah ganz klar, dass sie ihn zu einem Schlachtopfer ihres Zornes haben wollten. Daher wendete er sich gegen den Himmel, um von Gott Stärke zu dem bevorstehenden Kampfe zu erhalten.

In demselben Augenblicke zeigte sich Jesus Christus, der Sohn Gottes, dem hl. Stephanus sichtbar, stehend zur Rechten des himmlischen Vaters, und gab ihm so zu erkennen, dass er bereit sei, seinen treuen Diener für den Kampf mit unüberwindlicher Stärke auszurüsten. Deswegen rief der Heilige voll Freude mit lauter Stimme:

„Sieh! Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn stehend zur Rechten Gottes.“

Da entstand ein ungeheures Geschrei bei allen Anwesenden. Sie stopften ihre Ohren zu, als könnten und wollten sie eine so greuliche Gotteslästerung, wie sie es auslegten, nicht anhören und fielen einmütig auf den heiligen Stephanus, wie rasende Wölfe auf ein unschuldiges Lamm, stießen ihn zum Rate hinaus und schleppten ihn voll Wut aus der Stadt, um ihn dort als einen Gotteslästerer zu steinigen.

Die falschen Zeugen, welche nach dem Gesetze die ersten Steine auf den Beklagten werfen mussten, gaben, um desto ungehinderter ihr grausames Werk ausüben zu können ihre Kleider, die sie abgelegt, einem Jünglinge mit Namen Saulus zur Verwahrung. Das ist derselbe Saulus, aus dem durch das Gebet des Stephanus, der so berühmte heilige Völkerapostel Paulus geworden ist. Kaum war der heilige Stephanus aus der Stadt, da fing die Steinigung an. Große und Kleine, Junge und Alte wollten daran teilnehmen. Der christliche Bekenner stand anfangs mit unbeweglich zum Himmel gerichteten Augen und rief Jesus, für dessen Ehre er gemartert wurde, mit diesen Worten an:

„Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“

Dann kniete er nieder und rief mit heller Stimme:

„Herr, rechne ihnen dies nicht als Sünde an!“

Kaum hatte er dieses gesprochen, so entschlief er unten den Steinwürfen um 34.

Einige gottesfürchtigen Männer bestatteten den Leib des heiligen Erzmartyrers zur Erde, wie die heilige Schrift versichert. Man glaubt, dass der berühmte heilige Lehrer Gamaliel, der vornehmste unter denselben gewesen, und dass dieses Begräbnis auf einem Landgut geschehen sei, welches sieben Meilen von Jerusalem entlegen war und ihm gehörte. Die Reliquien des heiligen Stephanus sind in der Kirche des heiligen Laurentius zu Rom.


(Quelle: Goldene Legende: Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, Wilhelm Auer, Matthäus Vogel,1904 nach von FJM überarbeiteter Fassung)