Konklave

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Das Konklave, die Wahl des neuen Papstes

Das Konklave, beschrieben anhand der Papstwahl von Papst Pius X.

Der Papst stirbt, aber das Papstum stirbt nicht!

Schon während der Tage der Leichenfeierlichkeiten beginnen die in Rom anwesenden Kardinäle alles vorzubereiten, dass die Wahl eines neuen Führers auf dem Schiffe der Kirche vor sich gehen kann. Das Kardinalskollegium vertritt in den Tagen der Sedisvakanz die höchste Autorität in der katholischen Gemeinschaft. Am dritten Tage nach dem Tode des Papstes zerbricht der Zeremonienmeister den päpstlichen Siegelring zum offiziellen Zeichen für das Ende der Regierung des verstorbenen Papstes.

In täglichen Beratungen der Kardinäle bestimmen sie alle wichtigen Punkte, die bei der Wahl eines so erhabenen Amtes in Frage kommen können. In dem päpstlichen Schlosse, dem Vatikan, beginnt eine laute, fieberhafte Tätigkeit. Wände werden durchbrochen, Türen zugemauert, neue Zimmerwände aufgeführt; denn es gilt für die 60 und mehr Kardinäle samt ihrer Begleitung Wohnräume herzurichten, die sie während der Wahlhandlung bewohnen sollen und die sie nicht verlassen dürfen, ehe der neue Papst aus der Wahl hervorgegangen ist.

Oft dauert das Konklave mehrere Wochen, ja sogar Monate, ehe ein Kandidat die nötige Stimmenzahl, die zwei Drittel aller anwesenden Kardinäle betragen muss, erhalten hat. Die erbauten Zellen dienen auch den Konklavisten zur Wohnung, den Begleitern der Kardinäle. Über der Tür der Wohnung wird das Wappen des Kardinals, dem sie durch das Los zugefallen ist, angebracht.

Die Speisen werden aus der gemeinschaftlichen Küche des Konklaves besorgt; jeder Kardinal speist in seiner Zelle allein. Die Konklavisten müssen unter Eid versprechen, dass sie über alles, was sie im Konklave sehen und hören, strengstes Stillschweigen beobachten wollen.

Den staatlichen Gesandten steht es frei, das Konklave zu betreten und die Kardinälte zu besuchen, bis die Schließung des Konklaves stattfindet.

Am 31. Juli 1903, nachmittags, 5 Uhr, zogen 62 Kardinäle in das Konklave ein, nur zwei fehlten. Dann ertönte auf Anordnung des Camerlengos dreimal eine Glocke zum Zeichen, dass alle Fremden sich zu entfernen hatten; nach dem letzten Glockenschlage machten die Zeremoniare die Runde unter dem Rufe:

Extra omnes! Alle hinaus!

Und die einzige unvermauerte Türe wurde verschlossen. Die beiden äußeren Schlösser schloß der Konklavemarschall, die beiden inneren der Camerlengo. Nur wenn ein später ankommender Kardinal eintreten oder ein krank gewordener aus dem Konklave austreten will, wird die Türe geöffnet.

Ein vergittertes Fenster gestattet den notwendigsten Verkehr mit der Außenwelt, ebenso wie Drehladen, die ein Gespräch möglich machen, aber keinen Einblick in das Innere erlauben. Türe und Drehladen wurden von Prälaten und päpstlichen Soldaten bewacht.

Eine besondere Ausstattung erhielt auch das Wahllokal, die berühmte Sixtinische Kapelle. An der linken Seite des Altars war schon der Thron aufgestellt, den der neue Papst unmittelbar nach der Wahl besteigen würde. An den übrigen Wänden entlang zogen sich die Sitze der Karrdinäle, über jedem war ein Baldachin angebracht, der mit einer Schnur herabgelassen werden konnte; vor jedem stand ein Tisch, behangen mit einer grünen oder violetten Decke, die das Wappen des betreffenden Kardinals trug.

In der Mitte des Saales stand ein Tisch mit Schreibmaterialien und vor dem Altare ein größerer, an welchem die Wahlzettel geöffnet wund gezählt wurden. Außerdem war ein Ofen aufgestellt, dessen Rohr durch ein Fenster ging; in ihm wurden die Zettel verbrannt.

Die Wahl vermittelst geschlossener Stimmzettel fand jeden Tag zweimal, morgens und abends, statt. Der Wahlgang, der Skrutinium genannt wird, fand in der Weise statt, dass jeder Kardinal, vom ältesten angefangen, in hocherhobener Hand seinen beschriebenen Zettel zum Altare trug und nach Ablegung eines Eides in den dort aufgestellten Kelch legte.

Ergibt die Zählung der Stimmen, dass ein Kardinal die Zweidrittel-Majorität hat, so ist die Wahl beendet. Diesmal fanden sieben Wahlgänge statt. Während es in den ersten schien, als ob der mächtige Staatssekretär Leos XIII., Kardinal Rampolla, mit der Papstwürde geschmückt werden sollte, war es nach dem Wahlgang am Vormittag des dritten August klar, dass der Patriarch von Venedig, Kardinal Giuseppe Sarto, Papst werden würde.

Das 7. Skrutinium am Morgen des 4. August 1903 brachte die Entscheidung; in demselben erhielt Kardinal Sarto 50 Stimmen, also 8 über die erforderliche Mehrheit.

Sobald die Prüfung der Stimmzettel ergab, dass Sarto gewählt sei, ordnete der Dekan des Kollegiums alle Zeremonien an, um den Papst in seine Würde einzusetzen.

Die Häupter der drei Kardinalsordnungen traten vor den Sitz des Papstes und der Dekan fragte ihn:

Nimmst du die Wahl zum Oberhaupte der katholischen Kirche an?"

Der Neugewählte erwiderte, dass er einer so hohen Würde unwert sei; aber da es Gott gefallen habe, die Stimmen des Kollegiums auf ihn zu lenken, beuge er sich seinem Willen im Vertrauen auf seine Hilfe. Er hatte schon, da immer mehr Stimmen sich auf ihn vereinigten, das hl. Kollegium beschworen, von seiner Wahl Abstand zu nehmen und wurde unmittelbar nach Bekanntwerden seiner endgültigen Wahl so schwach, dass man ihn mit Essenzen stärken musste. Sodann sagte der Dekan: Welchen Namen willst du führen?" Der Papst anwortete:

Pius X.

Sodann wurden die Baldachine von den Sitzen der Kardinäle, ausgenommen von dem des Papstes, entfernt, und alle Kardinäle knieten vor dem Papst nieder. Er segnete sie zum ersten Male.

Der Papst vertauschte hierauf in der kleinen Sakristei der Sixtinischen Kapelle das Kardinalskleid mit den päpstlichen Gewändern, ließ sich, nachdem er in die Kappelle zurückgekehrt war, in den vor den Stufen des Altars stehenden goldenen Sessel nieder und empfing hier die erste feierliche Huldigung des heiligen Kollegiums.

Jeder Kardinal kniete nieder, küßte dem Papst Fuß und Hand, erhob sich dann und küßte ihn auf beide Wangen, worauf er vom Papste Umarmung und Friedenskuß empfing. Danach ließ der Papst sämtliche Konklavisten zum Fußkuss zu und beganb sich auf die innere Loggia der Peterskirche, um das Volk zu segnen.

Dieses hatte sich in unzählbarer Menge, trotz der glühenden Sonnenhitze, auf dem Petersplatz eingefunden, um die Verkündigung des Wahlergebnisses zu hören. Um 11 3/4 Uhr öffnete sich die Türe, die nach dem äußeren Balkon der Peterskirche führt. Die Diener breiteten einen großen roten Teppich mit dem Wappen Piux IX. über die Brüstung der Loggia aus. Daraus ersah man, dass die Kirche wieder ein Oberhaupt hatte.

Fünf Minuten vor 12 Uhr erschien der älteste der Kardinaldiakone, die Ungeduld der harrenden Menge zu befriedigen. Voran kam das Kreuz, dann einige Zeremoniare, zuletzt Kardinal Macchi. Wie mit einem Schlag herrschte lautlose Stille unter den Tausenden. Mit kräftiger Stimme begann Kardinal Macchi, dem die Verkündigung der Wahl zustand:

"Ich verkündige euch eine große Freude; wir haben einen Papst, den erlauchtesten und hochwürdigsten Herrn Joseph Sarto, der sich den Namen Pius X. beilegte."

Während dieser Verkündigung präsentierten die italienischen Truppen. Schon beim Namen Sarto jubelte die Menge, so dass Kardinal Macchi einhalten mußte, bis er wieder verstanden werden konnte. Und als die Worte Pius X. vernommen wurden, war des Jubels kein Ende mehr. Von Evviva Pio decimo (es lebe Pius X.) hallte der weite Platz wieder; die Damen winkten mit den Taschentüchern, die Herren mit den Hüten.

Nun eilte alles in die Peterskirche, um den ersten Segen des neuen Papstes zu empfangen und bald waren die mächtigen Hallen gedrängt voll. Kurz nach 12 Uhr sah die in der Peterskirche harrende Menge, wie der Papst, in weißer Soutane, rotem Überhang und roter Stola in der inneren Loggia der Kirche erschien. Der Kreuzträger schritt voran; ihn begleiteten die Kardinäle und andere Würdenträger. Nach den vorgeschriebenen Gebeten segnete der Papst die Menge. Gewaltiger Jubel und begeisterte Hochrufe auf den Papst erfüllten die gewaltigen Gewölbe der Kirche. Der Papst zog sich alsbald zurück; die lebhaft erregte Menge verließ langsam die Basilika und erfüllten den Platz davor und die ganze Umgebung mit gewaltigem Leben. Menschen und Wagen drängten sich unaufhörlich. Die Glocken von St. Peter und allen anderen Kirchen Roms erklangen in festlichem Geläute.


(Quelle: Goldene Legende: Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, Wilhelm Auer, Matthäus Vogel,1904 nach von FJM überarbeiteter Fassung)